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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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hatte.
    „Mylady, dies ist Mr. Harvey, vom Bankhaus Hoare. Da Seine Lordschaft nicht im Hause ist …“
    „Danke, Graves, es ist gut. Ich werde mich der Sache annehmen“, erklärte Harriette, und an den Besucher gewandt: „Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Harvey?“ Es gehörte sich, den Mann wenigstens anzuhören, wenn sie ihn wahrscheinlich auch würde vertrösten müssen.
    „Ich habe für Seine Lordschaft etwas Wichtiges abzugeben; er wartet darauf“, verkündete Mr. Harvey gewichtig und deutete mit einer diskreten Geste auf eine hölzerne Schatulle, die unter seinem Arm klemmte.
    „Wollen Sie mir freundlicherweise folgen, Sir?“ Da Graves sich inzwischen zurückgezogen hatte, führte sie Mr. Harvey in den an die Bibliothek anschließenden Raum, der Luke als Arbeitszimmer diente, und wies auf den Schreibtisch. „Wenn Sie Ihre Last dort bitte abstellen wollen …“
    „Danke, Mylady, dass Sie sich dieser wertvollen Fracht annehmen.“ Mr. Harvey strahlte sie an und stellte die Schatulle mitten auf den Schreibtisch. „Hier ist der Schlüssel und da die Empfangsbestätigung. Wenn Sie so gütig sein wollen, zu unterzeichnen, Mylady.“
    Aufgeregt sah sie auf die Kassette und den Schlüssel nieder, lächelte jedoch nur zustimmend und unterschrieb das Blatt, woraufhin Mr. Harvey unter Verbeugungen den Rückzug antrat.
    Ob sie die Schatulle öffnen sollte? Immerhin hatte man sie ihr an ihres Gatten statt zur Aufbewahrung ausgehändigt. Es geht dich nichts an. Vertrau Luke . Sie vertraute ihm ja … tatsächlich? Doch diese Sache mit dem Kriegsgefangenen ging ihr nicht aus dem Kopf. Vielleicht …
    Entschlossen steckte sie den Schlüssel ins Schloss; er drehte sich ganz leicht, und sie schlug den Deckel zurück. In der Kassette lagen dicht an dicht mehrere samtene Börsen. Sie nahm eine heraus, öffnete sie und ließ den Inhalt auf die Tischplatte gleiten. Glänzende Goldguineen!
    Harriette stand wie angewurzelt, mit wild klopfendem Herzen. Hier handelte es sich kaum um Geld für die Haushaltsführung. Ein so riesiger Betrag konnte unmöglich dafür benötigt werden und wurde bestimmt nicht verschlossen von einem Boten der Bank hergebracht.
    Langsam, wie im Traum sammelte sie die Münzen in den Beutel und legte ihn wieder an seinen Platz. Neben der Schatulle lag ein Stapel ungeöffneter Briefe, von Graves für den Earl bereitgelegt. Ohne es zu wollen streckte sie die Hand danach aus, hielt dann inne, von Gewissensbissen geplagt. Sie würde doch nicht in der Korrespondenz ihres Gatten wühlen! Doch, würde sie. Und dann sog sich ihr Blick an dem obersten Brief fest. Er kam aus Frankreich, an den Earl of Venmore gerichtet! Und diesen werde ich sogar lesen! Mit zitternden Fingern öffnete sie ihn und las:„Unser Geschäft ist noch in der Schwebe. Es abzuschließen, werde ich Ihnen Zeitpunkt und Ort mitteilen, Letzterer natürlich auf französischem Boden. Die Bedingungen sind Ihnen bekannt.
    Was Ihnen durch mich an Schmerzen widerfuhr, hatten Sie sich selbst zuzuschreiben, weil Sie mich überlisten wollten. Beim nächsten Mal werde ich noch weniger freundlich vorgehen.
    Den Preis kennen Sie; das Ergebnis sollte uns beide zufriedenstellen. Und natürlich die dritte Partei, deren Namen Sie ja kennen.
    Dass Sie zu niemandem darüber sprechen, versteht sich wohl von selbst.
    Jean-Jacques Noir“
    Auf was der Schreiber sich bezog, verstand Harriette nicht, doch die Unterschrift bestätigte alles, was sie befürchtet hatte.
    „Worin ist er verwickelt?“, fragte sie in den leeren Raum. „Wie kann ich einen Mann lieben, der knöcheltief im Sumpf zu waten scheint?“
    Du liebst ihn nun einmal, so unvernünftig und bedauerlich es ist. Kaum dass er blutig und zerschunden vor dir lag, hattest du dein Herz an ihn verloren. Und du liebst ihn immer noch, weil du hoffst, dass du ihm Unrecht tust, dass er gute Gründe hat, mit diesem Schuft Noir zu verhandeln, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf.
    Unwirsch faltete sie den Brief und ließ ihn auf den Stapel zurückfallen.
    Irgendetwas ist am Morgen nach unserer Eheschließung passiert! Ich habe mir nicht eingebildet, dass er mich in jener Nacht so liebevoll und behutsam und doch mit solcher Leidenschaft geliebt hat!
    Zornig und enttäuscht wischte sie eine verirrte Träne von ihrer Wange.

8. KAPITEL
    Als Lucius aus Bishop’s Waltham zurückkehrte, verschwand er sofort in seinem Arbeitszimmer, unbemerkt von Harriette. Zum Glück, denn gerade jetzt fühlte er sich nicht

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