Vermählt mit einem Fremden
etwas über den Aufenthalt der jungen Frau herausfand. Er würde sie nicht diesem Schurken Noir überlassen … Aber was, wenn er sie nicht fand? Seine Gedanken drehten sich unablässig im Kreis.
Alexander lehnte am Fenster und schaute hinaus auf den Grosvenor Square.
Er wandte sich zu ihr um, sagte aber anstatt einer Begrüßung: „Du wirkst erhitzt, Harriette.“
Gespielt arglos entgegnete sie: „Ja, ich bin die Treppe so schnell hinuntergelaufen.“
Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, hielt sie inne, um Haltung bemüht. Ihre Wangen waren heiß, bestimmt hatte Luke ihre modische Frisur zerzaust, und ihre Lippen brannten von seinen glühenden Küssen. Und ihr Herz hämmerte immer noch so heftig, dass sie kaum atmen konnte.
Sie zwang sich zur Ruhe, konnte jedoch ihre Gedanken nicht von Luke lösen. Fünf Minuten in seinen Armen, und ihre Beherrschung war dahin. Die Sache mit Captain Henri, das Gold in der Schatulle, den Brief von Noir – das alles konnte er sie vergessen machen! Sie hasste sich für diese Schwäche.
Noch dazu hatte er sie dann einfach gehen lassen. Offensichtlich hatte es ihn so sehr nun auch wieder nicht gedrängt, mit ihr zu reden. Er hatte sie ja nachgerade aus dem Zimmer getrieben. Sie war mit lächerlicher Hast fortgestürzt, denn wie demütigend wäre es, wenn er merken würde, dass ihr Herz ihm gehörte. Sicher, Küsse schenkte er ihr, aber Liebe?
„Raubt das Stadtleben dir alle Kraft, Harriette? Früher warst du den ganzen Tag auf See, ohne auch nur einmal außer Atem zu sein.“
Ohne auf die unterschwellige Kritik einzugehen, schüttelte sie den Kopf.
„Vermutlich zu viele Vergnügungen, zu viel Champagner. Zu sehr Countess of Venmore, was?“, fuhr er fort. „Habe ich dir nicht prophezeit, dass du es bereuen würdest? Aber du wolltest ja nicht hören. Du bist einfach zu halsstarrig.“
Abermals Worte, die ihm nicht zustanden. Sie versteifte sich. „Ich bereue es nicht. Und mir gefällt deine Wortwahl nicht, Alexander.“
Rasch kam er zu ihr, küsste ihr leichthin die Wange und sagte sanfter: „Vielleicht fehlst du mir ja mehr, als ich dachte, Harry. Du bist übrigens entzückend verändert.“
Erleichtert, dass die Missstimmung beseitigt schien, lächelte sie ihn an. „Alex, schön dich zu sehen. Was machst du in der Stadt?“
„Ein lukratives Geschäftchen.“ Er nahm freundschaftlich ihre Hand. „Bald wirst du den ton mit unserer Seide behängt sehen. Aber wie könnte ich heimfahren, ohne meine hübsche Cousine zu besuchen?“
In Harriette stieg tröstliche Wärme auf. Wie einfach war es doch mit Alex im Vergleich zu ihrem angespannten Umgang mit Luke. In Alex war kein Falsch, sie wusste alles von ihm. Er war ein Freund, kannte sie von Kindesbeinen an, wie sie ihn. Irgendwie hatte sie ihn, ihre unverkrampften Gespräche, doch vermisst. Zu ihrem Entsetzen spürte sie, wie ihr plötzlich Tränen über die Wangen rannen.
„Harriette! Was ist? Warum weinst du?“
Ehe ihr noch eine Antwort einfiel, hatte er seine Arme um sie gelegt, und durch sein Mitgefühl verleitet, barg sie schluchzend den Kopf an seiner Schulter. Peinlich berührt, versuchte sie endlich, sich von ihm zu lösen, und er führte sie zu einem kleinen Sofa, drückte sie darauf nieder und tupfte ihr mit seinem Taschentuch die Tränen fort.
„Was ist so schlimm, dass es meine tapfere Cousine zum Weinen bringt? Komm, Harry, erzähl es mir.“
„Nichts, gar nichts. Es war dumm von mir. Ich weiß auch nicht, was über mich kam.“
„Ist es nicht selbstverständlich, dass du dich von mir trösten lässt? An wen solltest du dich sonst wenden? Haben wir nicht immer füreinander eingestanden?“
„Ich weiß“, sagte sie trübe lächelnd und fühlte, wie er ihre Hände fester fasste.
„Was hat er dir angetan?“
„Wer? Luke? Nichts! Weißt du, er schlägt mich nicht!“ Sie versuchte, die Sache ins Lächerliche zu ziehen. „Er ist sehr zuvorkommend und gibt mir, was immer ich brauche. Man ist mir hier nur freundlich begegnet. Ich kann mich nicht beklagen.“
„Ich verstehe schon, wahrscheinlich besser als jeder andere. Du hättest ihn nicht heiraten dürfen! Aber wie gesagt – du warst immer schon starrsinnig bis zur Dummheit.“
Aber ich liebe Luke, nur bin ich mir nicht mehr sicher, ob Liebe alles überwindet! Natürlich konnte sie das Alexander nicht sagen, deshalb schüttelte sie nur wortlos den Kopf.
„Komm, erzähl mir, was los ist.“
Da sie hier in Lukes Haus mit
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