Vermählt mit einem Fremden
geraten, ihr ganzer Körper glühte, und sie ließ sich von ihrem Begehren treiben. „Zum Teufel mit dir, Luke“, stieß sie hervor, schlang ihm die Arme um den Nacken und ließ sich von ihm auf das Bett niederdrücken.
Verlangen hatte über Willenskraft gesiegt. Zeit und Raum waren plötzlich bedeutungslos, all die bitteren Worte vergessen, und es gab nur noch ihrer beider flammende und ungezügelte Lust.
„Harriette …“, flüsterte er heiser, „schau mich an …“
Und sie gehorchte, sah ihre Empfindungen in seinen Augen gespiegelt.
„Du gehörst mir, nur mir allein. Ellerdine wird dich niemals bekommen. Niemals.“ Trotz seiner rasenden Begierde hielt er inne, zögerte, wollte sie nicht zu seiner Befriedigung missbrauchen, doch noch hatte er den Gedanken nicht vollendet, als sie sich aufbäumte, ihm entgegen, und sie sich lustvoll ineinander verloren.
Schließlich sanken sie atemlos in die Kissen zurück.
Sie bereute es schon. Wirklich? Sie wusste nur, dass sie sich dem wilden Rausch ihres Blutes ebenso wenig hatte entziehen können wie er. Beschämt wandte sie sich ab, damit er nicht ihr Bedauern darüber sah, dass er sie eher aus seiner Wut heraus genommen hatte, aus Lust, nicht aus Liebe.
Stumm schob sie ihn fort.
Lucius’ Herz raste; er war immer noch nicht befriedigt, doch er gab ihr nach und löste sich von ihr. Nie zuvor hatte er eine Frau so sehr begehrt wie dieses wilde, zornige Geschöpf. Warum hatte sie sich ihm nicht verweigert? Es war, als hätte sie den Akt ebenso heiß verlangt wie er selbst. Einen Moment zögerte er, wühlte eine Hand in ihr Haar und zwang sie so, ihn anzusehen.
„Du bist mein“, sagte er. „Was auch zwischen uns stehen, uns trennen mag – du gehörst mir!“ Dann stand er auf und entfernte sich. An der Tür zu seinem Ankleidezimmer blieb er stehen und schaute sich nach ihr um, wie sie dalag, in herrlicher Nacktheit, ihr Haar über das Kissen gebreitet, mit rosig überhauchter Haut. Auf ihren Wangen glänzten Tränen, Tränen, die er zu verantworten hatte. Hätte er ihre Zweifel nicht beseitigen können? Von Verachtung für sich selbst erfasst, sagte er mit ausdrucksloser Stimme und knapper als gewollt: „Mylady, ich speise heute Abend außer Haus. Morgen werde ich unterwegs sein, unserem ausländischen Gast forthelfen. Dann wird seine Anwesenheit Ihr Gewissen nicht mehr belasten. Wenigstens können Sie so vorgeben, Sie hätten keine Beweise für Ihren Verdacht, dass ich unser Land verrate.“
„Und können Sie, Mylord, ebenso vorgeben, Sie glaubten nicht, dass ich Seeleute in den Tod locke?“
„Das muss ich nicht vorgeben. Ich glaube es nicht mehr. Ich traue es dir nicht zu, dafür besitzt du zu viel Lauterkeit. Du hast mein Leben verschont, wo manch anderer einen Mann, der als Spion gelten musste, über Bord geworfen hätte. Leider war ich dir gegenüber schändlich gedankenlos. Ich kann nur abermals um Verzeihung bitten.“
Sie konnte nicht antworten. In ihrem Kummer bedeuteten seine Worte ihr nichts. Deren Kälte unmittelbar nach seinen heißen Küssen, seiner glutvollen Leidenschaft versetzte sie in eine Art Starre. Misstrauen stand zwischen ihnen wie ein schwarz gähnender, bodenloser Graben.
9. KAPITEL
Harriette hatte die Nacht schlaflos, von trüben Gedanken geplagt, verbracht, und als endlich der Morgen dämmerte, stand sie auf und begann sie eine kleine Reisetasche zu packen. Während sie unkonzentriert ein paar Sachen zusammensuchte, hallte in ihrem Kopf all das, was Luke zu ihr gesagt hatte. Wenn er ihr auch versichert hatte, dass er sie nicht mehr verdächtigte, musste sie sich doch fragen, wie er überhaupt zu diesem Vorwurf, von dem sie sich nachgerade beschmutzt fühlte, gekommen war. Berücksichtigte sie umgekehrt alle ihr bekannten Umstände, hielt sie es für bewiesen, dass Luke in irgendwelche finsteren Machenschaften verwickelt war.
Anfangs hatte sie geglaubt, dass ihre Liebe trotz der Konflikte zwischen ihnen bestehen könne; Hauptsache, sie wäre mit ihm zusammen. Nun erkannte sie den Irrtum – Luke verletzte sie zu sehr. Wenn er ihr nicht die Wahrheit sagen konnte, wie sollte dann ihre gemeinsame Zukunft aussehen? Falls es einen Weg aus diesem Wirrwarr gab, fand sie ihn zumindest im Augenblick nicht.
Deshalb musste sie fort. Blieb sie, würde sie ihm entweder erneut die bittersten Anschuldigungen entgegenschleudern oder sich weinend an seine Brust werfen und ihm versichern, dass sie ihm alles unbesehen glaubte. Und wie
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