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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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nicht; es kam ihr so vor, als steckte hinter der Sache ein Plan. Und warum sprach sie das nicht an? Müde von der Reise, verspürte sie keine Lust, jetzt mit Alexander zu debattieren. Zwar schimpfte sie sich feige, entschloss sich aber erst einmal zum Rückzug.
    Eines stimmte allerdings: Der Schmuggel hatte seinen Reiz für sie verloren. Trotzdem würde es ihr guttun, mit der Lydyard’s Ghost auszufahren und sich die trüben Gedanken vom Seewind fortblasen zu lassen.
    Mithilfe eines Glases Brandy mühte Lucius sich vergeblich, Harriettes Bild aus seinem Kopf zu verbannen und sich auf die notwendige Frankreichreise zu konzentrieren. Drei Tage noch.
    Lydyard’s Ghost!
    Der schnittige Einmaster! Damit wären alle seine Probleme gelöst. Allerdings konnte er sich nur zu gut Harriettes Reaktion vorstellen, wenn er sie um die Benutzung des Bootes bat.
    Adam störte seinen Gedankengang. Sein Bruder kam herein und musterte ihn unsicher und ein wenig unbehaglich. Lucius widerstand seinem Impuls, ihn wieder hinauszuschicken. Zu lange hatte er sich nicht mehr richtig um ihn gekümmert. Allerdings wollte er sich nicht gerade jetzt mit irgendeinem Dumme-Jungen-Streich befassen. „Adam? Gibt es etwas Wichtiges? Ich bin sehr beschäftigt.“
    „Also, ich denke, es ist wichtig. Ich weiß nur nicht, ob du es mir sagen willst“, entgegnete Adam düster.
    Irritiert sah er seinen Bruder an. „Was sollte ich dir zu sagen haben?“
    „Das, was du mir bisher verheimlichst.“
    „Was meinst du?“
    „Das weißt du recht gut. Es geht doch etwas vor. Ich habe die ganze Zeit gehofft, du würdest mich irgendwann ins Vertrauen ziehen, aber du schweigst. Und dann, wo ist Harriette? Sie ist seit Tagen fort, und du äußerst dich mit keinem Wort dazu. Was ist los, Luke?“
    Ein wenig verblüfft über Adams heftige Reaktion schwieg Lucius, doch schon fuhr der Jüngere fort: „Und nun werde ich auch noch auf unserer eigenen Schwelle von irgendeinem ausländischen Lumpen belästigt. In was bist du da verwickelt? Spionage? Das kann ich nicht glauben, Luke.“
    Lucius atmete tief durch. Wo sollte er anfangen? Und was konnte er überhaupt preisgeben?
    „Komm, Luke, ich bin kein Kind mehr! Rede mit mir! Als ob ich nicht merkte, dass du in Schwierigkeiten steckst, wenn ich auch bisher das Thema nicht angesprochen habe. Und sag mir nicht, ich wäre zu jung!“
    Aufseufzend stand Lucius auf, schenkte ihnen beiden Brandy ein und reichte das eine Glas seinem kleinen Bruder, der plötzlich erwachsen geworden war.
    Adam nahm es, trank aber nicht, sondern drängte weiter: „Rede endlich! Und sag, wo Harriette ist!“
    „Du hast ja recht“, gab Luke endlich zu, „und ich will dich nicht auch noch vergraulen, nachdem ich schon Harriette verloren habe.“
    „Sie verloren?“ Adam starrte ihn entsetzt an. „Sie hat dich verlassen?“
    „Sie ist nach Lydyard’s Pride zurückgekehrt“, sagte er bemüht ruhig.
    „Vermutlich kam sie mit deiner Geheimniskrämerei auch nicht zurecht, was?“
    „Nein.“ Dann dämmerte ihm jäh, was Adam noch gesagt hatte. „Wie war das? Jemand hat dich am Portal angesprochen? Wer?“
    „Keine Ahnung. Draußen auf dem Platz lungerte ein Mann herum; vor unserem Haus sprach er mich an – er hatte einen französischen Akzent – und drückte mir das hier in die Hand.“ Adam zeigte ein gefaltetes Papier. „Für dich! Er sagte, ich dürfe es nur dir geben. Luke! Paktierst du mit dem Feind? Was geht da vor?“
    Stumm las er, dann zerknüllte er wütend das Blatt und knurrte: „Das ändert alles!“ Eine Weile betrachtete er Adam forschend. Ohne dass er es gemerkt hatte, war sein kleiner Bruder anscheinend erwachsen geworden. „So, du willst es also wissen!“, seufzte er schließlich. „Dann hör zu: Die Nachricht ist von einem Captain Henri, einem französischen Kriegsgefangenen …“ Und dann erzählte er Adam die ganze Geschichte.
    Als Lucius sich später zurückzog, grübelte er immer noch über Captain Henris Mitteilung nach, derzufolge Jean-Jacques Noir in einem Gasthaus in Port St Martin logierte und nicht etwa in Port Les Villet, wo doch das Treffen stattfinden sollte. Er schloss daraus, dass Noir ihm abermals eine Falle stellen wollte.
    Port St Martin konnte sich aber als der Schlüssel zum Erfolg erweisen, da Harriette dort durch den Schmuggel Verbindungsmänner hatte. Was allerdings hieß, dass er ihr alles sagen musste. Er musste seinen Stolz vergessen, mitsamt seinen angeblich so guten Gründen, die

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