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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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armselig wäre das!
    Er hatte sie auf Gerüchte hin beschuldigt, sie ohne Beweise verurteilt.
    Verurteile ich ihn möglicherweise auch ungerechtfertigt? Aber ich habe so viele Beweise!
    Sie nahm ihr Gepäck auf. Doch halt … ein Mal wollte sie Luke noch sehen. Leise huschte sie durch das Ankleidezimmer zur Tür seines Schlafgemachs, lauschte kurz und trat lautlos ein. Er lag auf dem Bett, neben ihm ein aufgeschlagenes Buch, über dem er wohl eingeschlafen war. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig.
    Auf Zehenspitzen schlich sie zum Bett und betrachtete aus der Nähe sein schönes Gesicht, dessen Züge im Kerzenschein so weich erschienen. Sanft strich sie ihm über das Haar. Wie sehr sie ihn trotz allem liebte! Und es tat so weh …
    Wenn er ihr die Wahrheit sagte, würde sie zu ihm zurückkehren. Und wenn nicht? Dann würde sie das Band zerschneiden, wie hoch auch der Preis wäre.
    Nachdem Captain Henris Heimreise endgültig abgewickelt war, blieb Lucius nur noch zu hoffen, dass er durch ihn auch tatsächlich die nötigen Informationen bekommen würde, ohne Harriettes Boot nutzen zu müssen.
    Immer noch in tiefes Grübeln versunken, trat er an seinen Schreibtisch – und vergaß alles, als er das gefaltete Blatt auf der Platte entdeckte. Mit erzwungener Ruhe entfaltete er es und las, in einer seltsamen Gefühlsstarre befangen.
    Ich schreibe dir für den Fall, dass du dir Sorgen um mich machst. Ich möchte dich nicht beunruhigen.
    Warum taten diese beiden schlichten Zeilen ihm so unaussprechlich weh? Glaubte sie, sie sei ihm derart gleichgültig?
    Ich bin nach Lydyard’s Pride zurückgekehrt. Ich weiß, dass du deine grausamen Worte bereust, doch sie schmerzen mich immer noch unsäglich. Vergib mir, falls du meinst, dass ich deiner Großmut mit Undank begegne. Mir ist bewusst, dass du mich aus einer schwierigen Lage retten wolltest, aber mit den vielen ungeklärten Problemen zwischen uns sehe ich keine andere Lösung, als dich zu verlassen. Wie sehr hatte ich gehofft, du würdest dich mir öffnen, doch offensichtlich siehst du dich nicht imstande, mir zu vertrauen. Dass deine Angelegenheiten zu einem erfolgreichen Abschluss kommen, mag ich nicht hoffen; sie machen mir Angst.
    Ich werde dir immer dankbar sein – und dir auf immer ehrlich zugetan. Doch darüber kann ich nicht schreiben.
    Ich habe nie den Untergang eines Schiffes bewirkt.
    Er faltete das Blatt sorgfältig und schob es in die Innentasche seines Jacketts. Nahe dem Herzen, dachte er vage. Falls ich eines habe; jetzt gerade kommt es mir vor, als hätte ich einen Stein in der Brust .
    Ihr letzter Satz dröhnte in seinem Kopf. Sie hatte ihm also nicht verziehen. Vielleicht hatte er nicht offensichtlich genug bereut, oder vielleicht konnte sie ihm seine Zweifel einfach nicht vergeben. Eines war klar: Er hatte sie über alle Maßen verletzt, und so war sie in ihr altes Leben zurückgekehrt.
    Zutiefst beschämt rief er sich ins Gedächtnis, was er ihr angetan, ihr vorgeworfen hatte. Er hatte sie sogar verdächtigt, Ellerdine zum Geliebten nehmen zu wollen. Da war nichts, worauf er stolz sein konnte. Sie hingegen hatte ihm in nichts nachgestanden. Doch während sie ihn angriff, hatte er nur an eines denken können: wie schön sie in ihrem Zorn war, wie begehrenswert, so sehr, dass er nicht anders konnte, als sie zu lieben – mit seinem Körper. Und dann, oh Gott, was hatte er getan? Ganz mit sich selbst beschäftigt, war er hinausgegangen. Aber Harriette musste gedacht haben, er lasse sie im Stich.
    Verzweifelt starrte er vor sich hin. Wie weh es tat, sie zu verlieren! So sehr, wie von Marcus’ Tod zu erfahren. Eines allerdings war ihm nun endlich klar: Er liebte sie und hatte Prügel verdient, weil er ihr Kummer bereitete. Seltsam, so kurze Zeit erst kannte er sie und liebte sie doch, als wäre sie Teil seiner Seele. Einfach ausgedrückt war Harriette ihm für sein Lebensglück unverzichtbar. Wie war ihr das gelungen, da er vor ein paar Wochen nicht einmal ahnte, dass es sie gab?
    Vielleicht liebte er sie seit dem ersten Tag, seit sich Captain Harry in Harriette Lydyard verwandelt hatte. War, was er für Bewunderung gehalten hatte, von Anfang an Liebe gewesen?
    Nun hatte er die einzige Frau, die er sich an seiner Seite vorstellen konnte, durch sein abscheuliches Verhalten vertrieben. Er hatte es gründlich vermasselt!
    Zumindest wusste er, wo sie war – ein magerer Trost. Denn hier vor ihm lag noch ein zweites Schreiben, nur eine knappe Anweisung,

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