Vermählung um Mitternacht
Augen stiegen. Warum wühlten die Auseinandersetzungen mit ihm sie immer so auf? Er war stolz, arrogant und unglaublich selbstsüchtig. Sie betete Alec nun nicht mehr aus der Ferne an, sie kannte seine Fehler und Schwächen, und trotz allem liebte sie ihn mehr, als sie es je für möglich gehalten hätte. Sie durfte nicht zulassen, dass er noch mehr von ihrem Herzen Besitz ergriff.
Entschlossener denn je rauschte Julia aus dem Raum. Was auch passieren mochte, sie würde dafür sorgen, dass an diesem Abend alles absolut glatt ging. Das ganze Haus glänzte - das Holz war poliert, die Porzellannippes gut abgestaubt und die Teppiche geklopft. Der verlockende Duft des Abendessens, ein Beweis für Mrs. Winstons Meisterschaft, zog durch das Haus. Ermutigt riss Julia sich zusammen und ging ihre Gäste begrüßen.
Alles ruhte nun auf Desirees schmalen Schultern. Der Gedanke war irgendwie gar nicht tröstlich.
21. KAPITEL
Auf Lady Birlingtons Vorschlag hin hatte Julia so viele Gäste eingeladen, wie sie in dem kleinen Speisesalon in Hunterston House unterbringen konnte. Das Dinner begann recht gut, die Gäste waren voneinander sehr beeindruckt und hocherfreut, in eine so exklusive Runde geladen worden zu sein. Mrs. Winston hatte ein vortreffliches Mahl gezaubert, und Burroughs servierte mit einer Würde, die dem Dinner einen wahrhaft königlichen Anstrich verlieh.
Während Burroughs die Suppe herumreichte, kam Desiree hereingetrippelt, um auf der Anrichte den nächsten Gang zu arrangieren. Julia sah ihr nach, als sie wieder Richtung Küche entschwand. Alec würde seine Worte noch an diesem Abend zurücknehmen müssen; davon war Julia überzeugt.
Der erste Gang verlief reibungslos, die Unterhaltung plätscherte dahin, und Desiree erledigte ihre Pflichten mit makelloser Anmut.
Lord Hewlett legte seinen Löffel hin und seufzte. »Die beste Schildkrötensuppe, die ich je gegessen habe.«
»Ich muss unbedingt das Rezept haben«, sagte Lady Chambers.
»Natürlich.« Julia hatte die ruhige Frau schon immer gut leiden können, auch wenn sie ihren Mann für einen ziemlichen Trottel hielt.
Burroughs sammelte die Suppenschalen ein, während der ältliche Duke of Devonshire nickte: »Hervorragende Speise, meine Liebe. Erinnert mich an ein Gericht, das ich mal im Royal Pavillon bekommen habe, und ... « Er verstummte, als Desiree mit einer dampfenden Schüssel hereinkam.
Julia runzelte die Stirn. »Wie meinen, Sir?«
Er gab keine Antwort, sondern starrte Desiree an. Das war zwar ziemlich ungezogen, aber Julia zeigte sich nachsichtig. Desiree war wirklich außergewöhnlich schön.
Die Herzogin beugte sich vor. »Sie müssen Devonshire verzeihen, er war gestern Abend bis nach zehn Uhr auf. Für einen Mann seines Alters ist das viel zu spät.« Sie guckte ihr Ehegespons kalt an.
Der Herzog fing den Blick auf, zuckte zusammen und begann an seinem Kragen zu zerren. »Äh, nein. Ja, ich meine, ja. Bin heute sehr müde. Kann kaum die Augen offen halten.« Zu seiner Frau sagte er drängend: »Vielleicht sollten wir gehen.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Aber wir sind eben erst gekommen. Du kannst auf dem Heimweg in der Kutsche schlafen.« Als wäre damit das letzte Wort gesprochen, wandte sich die Herzogin wieder ihrem Teller zu. Der Herzog saß mit feuerrotem Gesicht da und schaute wild zur Tür, durch die Desiree verschwunden war.
Julia beobachtete ihn einen Moment, bevor sie kurz zu Alec blickte. Der starrte den Herzog mit gerunzelter Stirn an, als versuchte er, ein kompliziertes Rätsel zu lösen.
Desiree kehrte mit einem Gänsebraten zurück. Bei dem Duft lief Julia das Wasser im Mund zusammen.
Mit einem Klirren ließ Lady Birlington die Gabel fallen. »Lieber Himmel! Sieht aus, als habe ihn der Schlag getroffen.«
Edmund drehte sich zum Herzog um, der sich mit Höchstgeschwindigkeit Essen in den Mund schaufelte und seinen Teller fixierte, als befürchtete er, jemand könne ihn stehlen.
»Nein«, verkündete Edmund. »Er hat nur Hunger.«
»Ihn meine ich doch nicht, du Dummkopf.« Seine Tante schwenkte den Löffel. »Ich rede von Chambers.«
Alle Augen wandten sich Lord Chambers zu. Er saß mit offenem Mund da, die Gabel in der Luft, und glotzte Desiree an. Sein Gesicht war kreidebleich.
»Alles in Ordnung, Mylord?« fragte Julia, die allmählich unruhig wurde.
Lady Chambers legte ihrem Mann die Hand auf den Arm. »Chambers, was ist denn bloß los?«
Er blinzelte, und Farbe kehrte in sein blasses Gesicht zurück.
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