Vermaehlung um Mitternacht
dass ich ihn heute Morgen nicht erwischt habe. Die Haarbürste hätte ich zwar nicht verwendet, aber ich hätte ihm bestimmt eine Ohrfeige gegeben.“
Zu Julias Erleichterung betrat Burroughs nun die Eingangshalle. „Das Frühstück ist serviert“, verkündete er.
Der Butler hatte seine makellose Erscheinung wiedererlangt, sich die Haare gekämmt und ein neues Halstuch umgebunden. Er wandte sich an Alec. „Ich glaube, heute Morgen werden Sie bei den Testamentsvollstreckern erwartet, Mylord.“
Alec betrachtete seine durchweichten Kleider. „Ich muss mich umziehen. Es würde sich wohl nicht schicken, wenn ich mich bei den alten Wichtigtuern so blicken ließe.“
„Ja, Mylord.“ Burroughs verbeugte sich und zog sich zurück. „Was wollen sie denn von dir?“ erkundigte sich Julia.
„Das frage ich mich auch, Liebes.“
Liebes. Sie wusste, dass dieses Wort nichts zu bedeuten hatte. Es war gedankenlos geäußert worden, und doch klopfte ihr Herz aufgeregt.
„Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, sie wollen die im Testament festgelegten Bedingungen durchgehen.“ Er lächelte bitter. „Als müsste ich daran erinnert werden. “
Julia wäre beinahe zusammengezuckt. Durch Muck wurde Alec schon oft - und unangenehm - genug darauf gestoßen, dass er jetzt verheiratet war. „Vielleicht sollte ich mitkommen. Ich finde es nicht gerecht, dass du ihnen allein entgegentrittst.“
„Das halte ich nicht für nötig.“
„Schade. Ich hab noch nie einen Testamentsvollstrecker gesehen. Es hätte interessant werden können.“
Er lächelte schief. „Liebes, es sind keine Elefanten, sondern bloß ein paar Männer, die den angenehmen Seiten des Lebens nichts abgewinnen können. “
Obwohl er nicht auf sie anspielte, verletzten sie die Worte doch. Ärgerlich fragte sie: „Was meinst du mit den angenehmen Seiten?“
Alec betrachtet sie leicht amüsiert. „Dinge, die einem Vergnügen bereiten.“
„Ach, du sprichst vom Glück.“
„Nein, Vergnügen. Körperliches Vergnügen.“
Ihre Wangen liefen zartrosa an. „Oh“, sagte sie. „Diese Art Vergnügen.“
Wie sie sich da an ihrem Retikül festklammerte, den Hut schief auf dem Kopf, hätte Julia nicht unschuldiger aussehen können. Oder reizender. Er verspürte das absurde Bedürfnis, ihre Sittsamkeit zu durchbrechen, sie durch mehr als Küsse in ihrer Gelassenheit zu erschüttern. Überhaupt, die Küsse - sie quälten ihn mehr, als sie je erfahren würde.
Alec fürchtete, jeden Moment seine Selbstbeherrschung zu verlieren, aber er konnte nicht aufhören, davon zu träumen, Julia zu besitzen. Nachts träumte er von ihr, bei Tage verzehrte er sich nach ihr. Er trat noch einen Schritt näher. „Sag mir, Julia, was bereitet dir Vergnügen?“
Sie wich zurück, bis sie den Treppenpfosten im Rücken spürte. Nervös mit den Bändern ihres Retiküls spielend und mit misstrauischem Blick antwortete sie: „Nun ... auf dem Ball der Comptons habe ich mal Maraschinogelee gegessen, das war wirklich toll.“
Alec musste grinsen. „Das meine ich nicht, und das weißt du auch ganz genau.“
Sie richtete ihre klaren Augen auf ihn, bis ihm ganz warm wurde. „Meine Tante Lydia behauptet, dass du eitlen Vergnügungen frönst, von denen keine ehrbare Frau etwas wissen sollte.“
Er wunderte sich, dass sie ihn zum Lachen bringen konnte, auch wenn er vor Sehnsucht brannte. „Ich verrate es dir nicht gern, aber das war nicht als Kompliment gemeint.“
„Dafür habe ich es auch nicht gehalten. Tante Lydia sagt nie etwas Nettes, es sei denn, sie spricht von Therese. Eine fürchterliche Frau.“
Ihre Gelassenheit erstaunte ihn immer wieder. Und sie forderte ihn nicht wenig heraus. Da stand sie, ruhig und selbstbeherrscht, eine erklärte Jungfrau mit reinstem Gewissen. Und er, ein übler Sünder, fühlte sich völlig verkrampft, ein Gefangener seiner ungezügelten Lust. Wie oft war er schon vor ihrer Tür stehen geblieben und hatte sich gefragt, wie es wohl wäre, wenn sie sich unter ihm wand, die langen Beine um seine Taille geschlungen, während er sie zum Höhepunkt der Lust führte?
In ihm stieg der Wunsch auf, sie für das Unbehagen zu bestrafen, das sie ihm bereitete - und er übertönte die Stimme seines Gewissens. Alec ignorierte alles bis auf sein wachsendes Begehren und trat so nahe an sie heran, dass sie den Kopf heben musste, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Hast du schon einmal wahres Vergnügen empfunden?“
Sie nickte ruckartig und drehte sich zur
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