Vermaehlung um Mitternacht
Verpflichtungen hinter ihnen. Sie waren dem Sieg schon zu nahe, um jetzt noch irgendwelche Risiken einzugehen.
Er schob den Stuhl zurück und guckte sie an. „Wenn die Vereinigung diesen Pfad weiter beschreiten wird, Julia, dann ohne dich. Der Preis ist zu hoch. Wenn wir das Geld verlieren, kannst du keinem mehr helfen.“
Das ließ sie erstarren. Er zog das Buch wieder zu sich heran. „Zieh dich an. Lady Birlington erwartet uns bei Almack’s, und dort schließt man um elf die Pforten.“
Eisiges Schweigen trat ein, doch er zwang sich, nicht von dem Buch aufzublicken. Vor Anspannung brach er die Feder entzwei.
Er rechnete schon nicht mehr damit, dass sie nachgab, doch schließlich sagte sie kühl: „Ich bin in einer halben Stunde fertig.“ Dann verließ sie den Raum.
Sobald die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, warf er die Einzelteile der Feder auf den Boden und fuhr sich durch die Haare. Zwar zweifelte er nicht daran, dass er sie durch pure Logik hätte zur Vernunft bringen können, doch er war erleichtert, nicht mit Julia streiten zu müssen. Sie hätte bis zum letzten Atemzug gekämpft und ihn mit Appellen an sein Gefühl so durcheinander gebracht, dass er nicht mehr gewusst hätte, was er eigentlich wollte - und das konnte er sich nicht leisten.
Schwer seufzend schob er das Buch zur Seite. Das Leben mit Julia steckte voller unerwarteter Überraschungen - nicht alle angenehm, aber zumindest langweilte er sich nie. Ob sie nun Gassenjungen in seinen Haushalt einführte, seinen Küchenchef entließ oder von einem Skandal zum nächsten stolperte, bei ihr war man nie sicher, was der nächste Tag bringen mochte.
Aber er fand, an diesem Abend hatte er die Situation gut im Griff gehabt. Er war stolz, dass er hart geblieben war. Sie war ihm mit einer ihrer verrückten Ideen gekommen, und er hatte einfach Nein gesagt, wie es einem Ehemann anstand. Er empfand ein Gefühl des Triumphes, und doch ... er schaute zur Tür.
Er traute Julias plötzlicher Fügsamkeit nicht. Irgendwie ahnte er, dass die Sache noch nicht erledigt war.
20. KAPITEL
Mit missbilligend verkniffenem Gesicht räumte Chilton einen Stapel Halstücher in den Schrank. „Die Wäsche wurde zu sehr gestärkt.“ Er warf Alec einen viel sagenden Blick zu. „Natürlich, wenn man in Betracht zieht, was Mrs. Winston in letzter Zeit alles mitmachen musste, verwundert das kaum.“
Alec fuhr fort, seine Krawatte zu binden. Er hatte genug um die Ohren, ohne sich nun auch noch um Chiltons Neigung zur Dramatik zu kümmern.
Nach dem Streit hatte sich Julia ihm gegenüber merklich kühl gezeigt. Auf dem ganzen Weg zu Almack’s hatte sie kein Wort mit ihm gewechselt und war ihm auch in den folgenden Tagen ausgewichen. Das war nun beinahe eine Woche her, und seine störrische Frau schien immer noch nicht nachgeben zu wollen.
Das überraschte ihn nicht; Julia war eine unabhängige, starke Frau, die sich nicht gern geschlagen gab. Er steckte einen Saphir an seine Krawatte und lächelte sein Spiegelbild an. Julia mochte ja eine Woche lang eisiges Schweigen bewahren, aber ihre Reaktion auf seine Berührung hatte sie nicht unter Kontrolle.
Natürlich hatte er aus ihrem täglichen Kuss ein Spiel der Verführung gemacht, was seine Selbstbeherrschung auf eine harte Probe gestellt und Julias Leidenschaft erst geweckt und dann enttäuscht hatte. Vielleicht konnte er heute endlich über einen bloßen Kuss hinausgehen. Leise vor sich hin summend, knöpfte er seine Weste zu.
Mit leisem Knall schloss Chilton den Schrank. „Mylord, ich muss Sie sprechen. Der ganze Haushalt versinkt im Chaos, es ist unerträglich. So kann es einfach nicht weitergehen, sonst..." Seine Gefühle überwältigten ihn.
„Wollen Sie etwa kündigen, Chilton?“
„Nein, Mylord! Niemals würde ich Ihre Dienste verlassen.“ Der Kammerdiener machte eine bedeutsame Pause und fügte hinzu: „Egal, wie viele vulgäre Personen noch in Ihr Haus einziehen.“ Alec enthielt sich jeden Kommentars. Er ließ sich von Chilton in den Rock helfen und strich die Ärmel glatt.
Nach kurzem inneren Kampf platzte sein Kammerdiener heraus: „Es ist das neue Dienstmädchen, Sir. Lady Hunterston brachte sie gestern Nachmittag zu uns, und sie ist völlig ungeeignet. Irgendetwas muss geschehen!“
Aha, Julias reizloses Mädchen war also da und beleidigte Chiltons Zartgefühl. Das amüsierte ihn aus irgendeinem Grund. Nur um den zimperlichen Kammerdiener ein wenig zu ärgern, sagte er: „Lady Hunterston
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