Vermaehlung um Mitternacht
erwähnte sie. Hübsches Ding, oder?“ Vorwurfsvoll schaute sein Diener ihn an. „Ich würde meinen, dass viele dieser Ansicht wären. Doch wirft ihr Betragen die Frage auf ..." Seine lange Nase bebte vor Empörung.
Alec sträubten sich die Nackenhaare. Julia hatte zwar erwähnt, die neue Dienstbotin gehöre nicht zu ihren gefallenen Frauen aus der Vereinigung, aber ... Stirnrunzelnd entließ er den Kammerdiener und machte sich auf die Suche nach Julia.
Oben fand er sie nicht, also begab er sich in den vorderen Salon. Dort blieb er wie angewurzelt stehen. Eine Frau in strenger schwarzer Dienstbotenuniform stand auf einem Schemel und guckte aus dem Fenster „Verzeihung“, sagte er.
Sie zuckte zusammen und drehte sich um, wobei sie ihn aus großen blauen Augen anstarrte. Alec wich zurück, als hätte ihm jemand einen Schlag versetzt. Statt der unscheinbaren Kreatur, die er erwartet hatte, sah er sich nun vollkommener weiblicher Schönheit gegenüber. Glänzende schwarze Locken umrahmten ein herzförmiges Gesicht, während die strenge Linie ihres Kleides ihre bezaubernde Gestalt betonte.
Unschuldig wie ein Lämmchen klimperte die Schönheit mit den langen, dichten Wimpern und stieg zuvorkommend vom Schemel. „Sie müssen der Viscount sein.“
„Und Sie das neue Dienstmädchen“, erwiderte er, verzweifelt hoffend, dass er sich irrte.
Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, bei dem sich bezaubernde Grübchen zeigten. „Ich bin so dankbar, dass Lady Hunterston mich gefunden hat.“ Sie faltete die Hände, was die vielen Armreife um ihre schmalen Handgelenke zum Klirren brachte.
Als er den blitzenden Staat erblickte, zog er die Brauen hoch. Der Schmuck - Silber, Gold, teilweise mit Juwelen besetzt - blendete ihn förmlich. „Woher kommen Sie?“
„Vom Lowdry Theatre an der Fleet Street.“ Unschuldig riss sie die Augen auf. „Ich war dort Schauspielerin.“
„So heißt das also neuerdings“, meinte er trocken. „Schauspielerin. “
Das Dienstmädchen schlug die Hand vor den Mund. „Oh! Lady Hunterston hat mir geraten, nie mehr darüber zu reden.“ Sie runzelte die Stirn. „Aber ich finde das wirklich schade. Mr. Bibbs, der Manager, behauptete, ich wäre auf dem besten Weg, seine größte Attraktion zu werden.“
Die Sache wurde ihm nun mit jeder Minute klarer. „Verzeihung, Miss ...?“
„L’Amour. Desiree L’Amour.“
Reizend. Ein gefallenes Mädchen mit dem passenden Namen. „Miss ... äh, L’Amour, wo hat Lady Hunterston Sie kennen gelernt?“
„Sie ist nach der Vorstellung in mein Zimmer gekommen. Ich hab über dem Theater gewohnt, wissen Sie. Nun ja, nicht direkt drüber, eher dahinter.“
Alec sah es förmlich vor sich - das Elendsquartier einer Hure in einer dreckigen Hintergasse, der Geruch der Sünde in der Luft, und Julia, die als Retterin wie ein Engel einschwebt. Gott, hörten die Eskapaden seiner Frau denn nie auf?
, Das Dienstmädchen hielt sein verstörtes Schweigen wohl für Interesse, denn sie lächelte und klimperte mit ihren Armreifen. „Sind die nicht hübsch? Ich liebe London, die Herren schenken mir so schöne Sachen.“
„Tatsächlich?“ fragte Alec grimmig.
Ihr Lächeln erlosch. „Alle bis auf einen. Der hat mir ein Armband geschenkt, das schon nach einer Woche grün geworden ist.“ Desiree warf den Kopf zurück. „Danach hab ich nicht mehr mit ihm geredet.“
„Wie klug von Ihnen.“
„Ich kann es mir nicht leisten, betrogen zu werden. Ich bin nämlich sehr arm. Das ist wirklich schlimm.“
Verblüfft murmelte er etwas Zustimmendes.
„Ich hätte zu gern ein richtiges Diamantarmband. Lady Hunterston hat angekündigt, ich krieg eins, wenn ich hart arbeite.“
„Wirklich?“ Er hatte seine Frau zum allerletzten Mal unterschätzt. Ihr Wagemut kannte wirklich keine Grenzen.
„O ja. Und sobald ich genug Geld habe, kaufe ich mir ein Cottage. Eigentlich wollte ich mir das Geld ja auf der Bühne verdienen, aber das war schrecklich unbequem.“
„Unbequem“ war kaum das Wort, das er gewählt hätte.
Desiree seufzte kummervoll auf. „Aber ich hab dort wirklich die herrlichsten Kostüme bekommen. Wenn Sie doch das Silberne gesehen hätten, das ich im letzten Stück getragen habe.“
Alec bedauerte viel in seinem Leben, nicht jedoch, dass er es versäumt hatte, dieses Dienstmädchen in einem silbernen Gewand auf der Bühne zu betrachten. Widerstrebend hatte er den verwerflichen Muck in sein Haus gelassen, doch das hier - eine Frau mit verderbtem
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