Vermaehlung um Mitternacht
Charakter - war inakzeptabel. Alec konnte es gar nicht erwarten, seiner übereifrigen Frau endlich den Hals umzudrehen.
Gerade da betrat sie mit raschelndem Seidengewand den Raum. Ihr Blick richtete sich sofort auf das Dienstmädchen.
„Da sind Sie ja, Desiree! Ich habe Sie überall gesucht. Die Gäste treffen jede Minute ein, und Mrs. Winston braucht Sie in der Küche. Wir haben nämlich keinen Koch. Sie müssen helfen, wo Sie können.“
Desiree nickte und versank errötend in einem tiefen Knicks. „Jawohl, Euer Gnaden.“
Julia winkte ab. „Nein, nein, nein. Das sagt man zur Dowager Duchess of Roth. Mich reden Sie bitte nur mit Mylady an, und wenn sich niemand in der Nähe aufhält, ist nicht einmal das nötig.“
Dem Dienstmädchen schossen die Tränen in die Augen. „Ich hoffe bloß, dass ich Ihnen keine Schande mache. Eben hab ich zu Seiner Gnaden ..." Sie schlug sich die Hand vor den Mund. „Hoppla, ich soll ihn ja Mylord nennen.“
Erstaunt schaute Julia in seine Richtung. „Alec! Was machst du da hinter dem Sofa?“
Erbost merkte er, dass ihm die Röte ins Gesicht stieg. Eilig trat er hinter dem Sofa hervor. „Nichts. Ich habe mich mit Miss L’Amour unterhalten. Sie hat mir von ihren Abenteuern auf der Bühne berichtet.“
Auf Julias Wangen zeigten sich verräterische Flecken. „Darüber wollte ich mit dir noch sprechen, aber wegen der Dinnergesellschaft und unseres Besuches bei Almack’s habe ich es ... vergessen.“
„Natürlich,“ Alec wartete auf eine Antwort, doch Julia war zu beschäftigt, das Mädchen aus dem Zimmer zu scheuchen.
„Na los, Desiree. Richten Sie Mrs. Winston aus, sie soll mich wissen lassen, wenn sie noch etwas braucht.“ Julia schloss die Tür hinter dem Dienstmädchen, bevor sie sich an Alec wandte. „Wir servieren nur zehn Gänge zum Essen, aber Lord Fallington hatte auch bloß acht, und keiner hat etwas gesagt. Außerdem ist die Schildkrötensuppe ausgezeichnet, und Mrs. Winston hat..."
„Setz dich.“
„Es gibt keinerlei Grund, so brummig zu sein, Alec. Ich bin durchaus bereit, mit dir darüber zu reden.“ Julia guckte auf die Uhr und setzte sich in einen Sessel in Türnähe. „Aber du wirst dich beeilen müssen, die Gäste treffen jeden Moment ein.“
„Die können warten.“ Er verschränkte die Arme und sah sie streng an. „Ich dachte, wir seien übereingekommen, dass du die absurde Idee aufgibst, aus deinen leichten Mädchen ehrbare Dienstboten zu machen.“
„Wir sind nicht ,übereingekommen‘. Wir haben einfach aufgehört, darüber zu sprechen. Außerdem gehört Desiree nicht zur Vereinigung.“ Ihr Lächeln war eindeutig herablassend. „Du hast also keinen Grund zu schmollen.“
„Versuch nicht, mich an der Nase herumzuführen, Julia. Diese Frau ist eine Prostituierte.“
Julias Augen funkelten gefährlich. „Desiree ist keine Prostituierte. Sie ist ein junges Mädchen, kaum älter als siebzehn, und in einer schlimmen Lage. Da musste ich doch etwas unternehmen.“ Es ärgerte ihn maßlos, dass sie alles riskierte, einschließlich seines Zorns, nur um eine Frau aus der Gosse zu retten. Die Ungerechtigkeit wurmte ihn. „Jetzt reicht es: Du gehst mir nicht mehr nach Whitechapel. Du bist ja völlig außer Rand und Band.“ „Blödsinn“, erwiderte sie und zupfte ihr blaues Seidenkleid zurecht. „Mrs. Winston und ich sind absolut zuversichtlich, dass alles gut geht. Du wirst schon sehen.“
„Ich habe bereits genug gesehen.“ Erbost starrte er sie an. „Hast du nicht erwähnt, sie sei hässlich?“
Julia zog die Brauen hoch. „Ich sagte, sie habe wegen ihres Aussehens furchtbar zu leiden gehabt. Wenn du das so interpretierst, dass sie Zahnlücken und Sommersprossen hat, ist das wahrlich nicht meine Schuld.“
Dass er sie sich genauso vorgestellt hatte, machte ihn nur noch zorniger. „Wenn sie in einer so schlimmen Lage war, warum hast du sie dann nicht einfach aufs Land geschickt?“
„Weil sie sich nichts schenken lassen wollte. Sie möchte genug Geld verdienen, um sich selbst ein Cottage kaufen zu können - was ich für ein sehr lobenswertes Ziel halte. Außerdem war keine Zeit zu verlieren, jemand hatte schon verlockende Köder nach dem Kind ausgelegt.“
„Wer wollte ihm das zum Vorwurf machen? Dein Schützling konnte es doch gar nicht erwarten, mir ihre Armreifen unter die Nase zu halten.“
„Genau das meine ich ja“, erwiderte sie mit kühler Würde. „Es bedarf nur eines einzigen halbwegs gewandten Herrn mit
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