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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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komisch, Sandy«, warnte er mich. »Sag denen bloß nichts.«
    Ich versuchte mein Lächeln zu verbergen, aber das Herzklopfen blieb.
    »Sandy Shortt«, verkündete die Repräsentantin jetzt. »Wären Sie bitte so nett aufzustehen?«

Vierundvierzig
    Nach dem Besuch bei Sandys Mutter fuhr Jack zur Dorfkneipe, dem Leitrim Arms. Trotz der frühen Stunde war es dunkel im Pub, da das meiste Tageslicht von den dunkelroten Glasfenstern abgeblockt wurde. Ein paar staubige Wandlampen brannten, der Boden bestand aus unregelmäßigen Steinplatten, die Holzbänke waren liebevoll mit Kissen im Paisleymuster bestückt, an deren Rändern der Schaumgummi hervorquoll. Drei Männer bevölkerten das Lokal. Zwei standen am Tresen, hielten ihre Pintgläser fest in den Händen und reckten die Hälse, um jede Kleinigkeit des Pferderennens auf dem kleinen Fernseher mitzukriegen, der an einem Gestell von der Decke hing. Der Barmann stand untätig hinter der Theke, die Arme auf die Zapfhähne gestützt, den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen auf den Bildschirm gerichtet. Auf allen drei Gesichtern sah man die bange Erwartung, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf ein finanzielles Interesse am Ausgang des Rennens zurückzuführen war. Der offensichtlich aus Cork stammende Kommentator stolperte mit heftigem Akzent und in rasendem Tempo durch seine Livereportage, sodass man unwillkürlich auch beim Zuhören den Atem anhielt, was die Anspannung noch erhöhte.
    Nachdem es Jack gelungen war, die Aufmerksamkeit des Barmanns auf sich zu ziehen, bestellte er ein Pint Guinness und beschloss, sich in ein stilles Eckchen zurückzuziehen, weit weg von den anderen. Er hatte etwas Wichtiges zu erledigen.
    Der Barmann wandte seine Aufmerksamkeit vom Bier zum Zapfhahn und widmete sich mit voller Konzentration der Aufgabe, das perfekte Pint zu kreieren. Er hielt das Glas in einem Winkel von fünfundvierzig Grad an die Spitze des Zapfhahns, sodass sich im Schaum keine großen Blasen bilden konnten. Dann drückte er den Hebel vollständig herunter, füllte das Glas zu drei Vierteln und stellte es dann auf die Theke, damit das Bier sich setzen konnte.
    Unterdessen holte Jack Donals Polizeiakte aus seiner Tasche und ging sie ein letztes Mal durch. Zum Abschied sozusagen. Ein letzter Blick auf das, was er im letzten Jahr Tag für Tag durchgeackert hatte. Dann war Schluss mit der Suche, und der Rest seines Lebens würde beginnen. Noch ein letztes Mal wollte er aufs Wohl seines Bruders trinken, ein gemeinsames Glas Bier. Jede Seite des Polizeiberichts erinnerte ihn an die endlosen Stunden, die die Beamten mit Suchen verbracht hatten, an das ständige Auf und Ab, all die Hoffnungen und Enttäuschungen des vergangenen Jahres. Es war lang und hart gewesen. Dann legte er die Zeugenaussagen in eine Reihe, die Berichte von Donals Freunden, die in der bewussten Nacht bei ihm gewesen waren. Die Angst, die Tränen, der Schlafmangel und die Verzweiflung, das angestrengte Bemühen, sich auch wirklich an jedes noch so kleine und verschwommene Detail jener Nacht zu erinnern.
    Er legte Donals Foto auf den Hocker ihm gegenüber. Ein letztes Pint auf seinen Bruder. Er lächelte ihn an.
Ich hab mein Bestes gegeben, Donal, ich schwöre dir, mehr hätte ich nicht tun können
. Zum ersten Mal glaubte er es. Er konnte nichts mehr tun, und der Gedanke erfüllte ihn mit großer Erleichterung. Er sah auf den Bericht, der vor ihm lag. Von dem Passbild, das an eine Ecke geheftet war, starrte ihm Alan O’Connors Gesicht entgegen. Auch ein gebrochener Mann, ein beinahe zerstörtes Leben. Alan war noch lange nicht an dem Punkt, den Jack heute erreicht hatte. Jack hatte einen Bruder verloren, den er nicht sonderlich gut kannte, aber für Alan war es der beste Freund. Wieder wanderten seine Augen über den Bericht, den er bestimmt schon tausendmal gelesen hatte. Alans Aussage deckte sich genau mit dem, was Andrew, Paul und Gavin zu Protokoll gegeben hatten, und auch die drei Mädchen, die sie im Fish-and-Chips-Shop kennengelernt hatten, bestätigten sie.
    Der Bericht war in einer unbeholfenen, gestelzten und fremd anmutenden Sprache abgefasst, ohne jedes Gefühl, nur Fakten – wer zu welcher Zeit an welchem Ort gewesen war, wer was wann gesagt hatte. Kein Sterbenswörtchen darüber, was es für sie alle bedeutete, dass ihre Freundesclique von den Ereignissen der Nacht so erbarmungslos auseinandergerissen worden war und dass diese Nacht alle anderen Nächte für immer verändert hatte.
    Andrew,

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