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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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dass ich erst wieder an meine Kopfhörer dachte, als Bobby mir einen Rippenstoß versetzte. Hastig kam ich seiner unsanften Aufforderung nach und hörte prompt eine mit starkem Akzent gesprochene englische Übersetzung. Leider hatte ich den Anfang der Ansprache bereits verpasst.
    »… diesen Sonntagabend. Es kommt selten vor, dass wir alle zusammen sind – danke für euer Engagement. Heute Abend haben wir uns aus mehreren Gründen versammelt …«
    Wieder spürte ich Bobbys Ellbogen in den Rippen, und ich nahm meine Kopfhörer wieder ab. »Das ist Ichiro Takase«, flüsterte er. »Er ist der Präsident der Volksvertreter. Alle paar Monate rotiert das Amt.«
    Ich nickte und setzte die Kopfhörer wieder auf.
    »… Hans Liveen möchte euch die Pläne für das neue Mühlensystem vorstellen, aber bevor wir uns seinen Ausführungen widmen, wenden wir uns dem Thema zu, das die meisten der zahlreichen Gäste heute hergelockt hat. Die irische Repräsentantin Grace Burns wird euch ein paar Worte dazu erläutern.«
    Eine Frau um die fünfzig stand auf und ging zum Mikrophon. Sie hatte lange, wellige rote Haare, ihre Gesichtszüge waren spitz wie aus Stein gehauen, und sie trug einen eleganten schwarzen Business-Anzug.
    Ich nahm die Kopfhörer ab.
    »Guten Abend allerseits«, sagte sie mit einem deutlichen nordirischen Akzent. Donegal. Viele von den nicht-irischen englischsprachigen Teilnehmern setzten die Kopfhörer wieder auf, weil sie Schwierigkeiten hatten, sie zu verstehen. »Ich will mich kurz fassen«, begann Grace Burns. »Im Lauf der Woche sind zahlreiche Angehörige der irischen Gemeinschaft zu mir gekommen und haben mir von einer Person berichtet, die gerade angekommen ist und anscheinend Informationen über verschiedene Familien unserer Dorfbewohner mitgebracht hat. Trotz der Gerüchte ist dies für irische Verhältnisse nichts Ungewöhnliches, da Irland ein sehr kleines Land ist. Außerdem hat man mir erzählt, dass ein Gegenstand, der dieser Person gehört – so weit ich verstanden habe, war es eine Armbanduhr – verschwunden ist«, erklärte sie in nüchternem Ton.
    Von den Leuten, die das irische Englisch verstanden, erhob sich ein kollektiver Laut der Überraschung, obgleich die meisten garantiert schon längst von den Gerüchten gehört hatten. Mit ein paar Sekunden Verzögerung brachten auch die Leute, die auf die Übersetzung angewiesen waren, ihr Erstaunen zum Ausdruck. Ein Murmeln breitete sich im Saal aus, und die irische Repräsentantin hob die Hand, bis wieder Ruhe einkehrte. »Anscheinend haben die Gerüchte im ganzen Dorf Unruhe ausgelöst. Damit wir möglichst bald wieder unser normales Leben aufnehmen können, wollen wir die Gerüchte so rasch wie möglich ausräumen.«
    Mein Herzschlag beruhigte sich etwas.
    »Wir haben die Versammlung heute Abend einberufen, um euch zu versichern, dass wir die Angelegenheit voll im Griff haben. Sobald uns schlüssige Ergebnisse vorliegen, werden wir die Gemeinschaft wie immer umgehend über diese informieren. Ich glaube, die Person, um die es geht, befindet sich im Publikum«, verkündete sie, »und ich wende mich hiermit an sie.« Mein Herz klopfte wieder schneller. Um mich herum sahen sich die Leute um, murmelten und flüsterten aufgeregt in allen möglichen fremden Sprachen, beäugten einander teils argwöhnisch, teils vorwurfsvoll. Auch Bobby und ich wechselten schockierte Blicke.
    »Was soll ich tun?«, wisperte ich. »Woher wissen die von meiner Uhr?«
    Mein neunzehnjähriger Nachbar machte nur große Augen und zuckte ratlos die Achseln.
    »Wir alle glauben, dass es das Beste ist, wenn wir die Sache vertraulich behandeln, damit die fragliche Person anonym bleiben kann …«
    Aus dem Publikum erhoben sich vereinzelte Buhrufe, ein paar andere lachten, und ich bekam eine Gänsehaut.
    »Ich sehe absolut keinen Grund zur Aufregung«, fuhr Grace in ihrem sachlich-nüchternen Ton fort. »Wenn die bewusste Person uns den angeblich verlorenen Gegenstand einfach zeigen könnte, wäre die ganze Geschichte hinfällig und ein für alle Male vom Tisch, und wir könnten unsere kostbare Zeit wieder auf die übliche produktive Weise nutzen.« Sie grinste, und aus dem Saal hörte man vereinzeltes Kichern.
    »Wenn die fragliche Person sich morgen früh in meinem Büro meldet und die Uhr mitbringt, ist die Sache erledigt.«
    Wieder buhten ein paar Zuhörer.
    »Ich nehme jetzt ein paar Fragen zu diesem Thema entgegen, dann machen wir mit dem nächsten Punkt weiter, dem

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