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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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sie darauf, wieder Kontakt zu finden.
    Unwillkürlich stellte ich mir die Leute vor, die das suchten, was sich hier stapelte, die sich die Haare rauften, weil einer ihrer Lieblingsohrringe oder sonst etwas, was ihnen am Herzen lag, verschwunden war. Wer murrte und knurrte und durchwühlte seine Tasche zum hundertsten Mal, weil er schon wieder einen Stift verloren hatte? Wer merkte bei der Zigarettenpause plötzlich, dass das Feuerzeug fehlte? Wer war heute Morgen sowieso schon zu spät dran für die Arbeit und konnte seinen Autoschlüssel nicht finden? Wer versuchte vor seinem Ehepartner zu verheimlichen, dass der Ehering verschwunden war? Sie alle konnten ihre Augen anstrengen, so viel sie wollten, sie würden trotzdem nichts finden. Was für eine Offenbarung für mich! Hier in Aladins Wunderhöhle der verlorenen Dinge, weit weg von zu Hause.
There’s no place like home
 … schon wieder dieser Satz. Es ist nirgends so schön wie zu Hause.
    »Bobby!«, rief ich, verdrängte die Stimme in meinem Kopf und näherte mich der Tür.
    »Sekunde!«, hörte ich seine halberstickte Antwort, gefolgt von einem Fluch.
    Trotz meiner Nervosität konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich strich mit der Hand über eine Vitrine aus Walnussholz, die aussah, als würde man in ihr das gute Besteck und Porzellan aufbewahren. Aber hier enthielt sie Hunderte von Fotos lächelnder Gesichter von überall auf der Welt, aus unterschiedlicher Zeit in den letzten Jahrzehnten. Ich nahm eines von einem Paar an den Niagarafällen zur Hand und betrachtete es. Es musste ungefähr aus den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts stammen, und die Zeit hatte ihre gelbliche Verfärbung hinterlassen. Zwei um die vierzigjährige Leute in Schlaghosen, eine Sekunde aus ihrem Leben. Wenn sie noch lebten, waren sie jetzt um die siebzig. Vielleicht sahen ihnen ihre Enkelkinder geduldig über die Schulter, wenn sie in ihren Fotoalben blätterten und das Bild von ihrer Reise an die Niagarafälle suchten. Vielleicht fragten sie sich insgeheim, ob sie sich nur einbildeten, dieses Foto gemacht zu haben, ob es diese Sekunde überhaupt gegeben hatte, und brummten vor sich hin: »Ich weiß doch, dass es hier irgendwo war …«
    »Hübsche Idee, nicht wahr?«
    Als ich aufsah, stand Bobby unter der Tür und beobachtete mich. Aber trotz seines Gewühls im Nebenzimmer hatte er nichts in der Hand.
    »Letzte Woche hat Mrs. Harper ein Hochzeitsfoto von ihrer Cousine Nadine gefunden, die sie seit fünf Jahren nicht gesehen hat. Sie glauben gar nicht, was das bei ihr ausgelöst hat. Den ganzen Tag saß sie hier und hat es angestarrt. Es war ein Gruppenbild, wissen Sie, die ganze Familie war drauf zu sehen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Ihre Familie fünf Jahre nicht gesehen, und auf einmal stoßen Sie auf so ein Bild. Es war ziemlich neu. Dabei war sie eigentlich nur vorbeigekommen, weil sie Socken brauchte«, fügte er achselzuckend hinzu. »Wenn so was passiert, dann kommt mir das, was ich hier tue, echt sinnvoll vor.«
    Ich legte das Bild von dem Schlaghosen-Pärchen beiseite. »Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten mich schon erwartet«, sagte ich barscher, als ich wollte. Aber ich hatte Angst.
    Er steckte die Hände in die Taschen, und ich dachte schon, er würde jetzt endlich etwas herausholen und mir geben, aber ich irrte mich erneut. »Ich bin jetzt seit drei Jahren hier.« Mit dem gleichen gehetzten Blick, den hier alle bekamen, wenn sie von ihrer Ankunft erzählten, fuhr er fort. »Ich war sechzehn. Noch zwei Jahre, dann wäre ich mit der Schule fertig gewesen, noch zehn Jahre, bis ich erwachsen zu werden plante. Ich hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Irgendwie stellte ich mir vor, ich würde meiner Mutter noch eine Weile auf die Nerven gehen, bis sie mich irgendwann aus dem Nest werfen und mich zwingen würde, mir einen anständigen Job zu suchen. In der Zwischenzeit hatte ich meinen Spaß als Klassenclown und genoss es, dass meine Boxershorts regelmäßig gewaschen und gebügelt wurden. Ich hab das meiste nicht so ernst genommen. Ich war erst sechzehn«, endete er achselzuckend.
    Ich nickte. Worauf wollte er hinaus? Und warum in aller Welt hatte er mich erwartet?
    »Als ich hier ankam, wusste ich erst überhaupt nicht, wohin mit mir. Die meiste Zeit hab ich auf der anderen Seite des Walds verbracht und einen Weg hinaus gesucht. Aber es gibt keinen.« Er zog die Hände aus den Taschen und hob hilflos die Hände, um seine

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