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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Worte zu bekräftigen. »Ich sag es Ihnen gleich, Sandy, es gibt keinen Weg hier raus, und ich hab Leute gesehen, die der Versuch, einen zu finden, komplett in den Wahnsinn getrieben hat.« Er schüttelte den Kopf. »Aber bald ist mir klar geworden, dass ich hier ein Leben beginnen musste. Zum ersten Mal, seit ich denken kann, war ich gezwungen, etwas richtig ernst zu nehmen.« Unbehaglich trat er von einem Fuß auf den anderen. »Es ist passiert, als ich nach Klamotten gesucht habe. Ich hab in dem ganzen Zeug da draußen rumgewühlt und mich dabei wie ein Obdachloser auf der Müllkippe gefühlt, und da bin ich auf eine grellorange Socke gestoßen, die unter einer Akte lag und mich angrinste. Wahrscheinlich wurde am gleichen Morgen irgendwo ein armer Mensch entlassen, weil er die Akte verloren hat, sie sah sehr wichtig aus. Aber die Socke leuchtete so, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, wie man so etwas Auffälliges verlieren kann, etwas, was einem so ins Auge sticht. Aber je länger ich sie anstarrte, desto besser fühlte ich mich. Vorher hatte ich nämlich gedacht, es wäre meine Schuld, dass ich hier gelandet bin, ich dachte, es läge daran, dass ich so selbstzufrieden und antriebslos war, und wenn ich in der Schule besser aufgepasst und nicht so viel rumgehangen hätte, wäre mir das nicht passiert.«
    Ich nickte. Solche Empfindungen kannte ich nur zu gut.
    »Die Socke hat mir sofort ein besseres Gefühl gemacht, weil sie das grellste, auffälligste Ding war, das ich je gesehen hatte«, lachte er. »Sie trug sogar ein Namensschildchen! Da wusste ich, es war weiter nichts als Pech. Weder die Socke noch ich konnten was dafür, dass wir hier gelandet waren. Ich hätte meinem Schicksal nicht entgehen können, und die Socke auch nicht. Die Person, die sie gekennzeichnet hatte, tat mir leid, denn sie hatte sich solche Mühe gegeben. Deswegen habe ich die Socke aufgehoben – um mich immer an dieses Gefühl zu erinnern, an den Tag, als ich aufhörte, mir und allen anderen einen Vorwurf zu machen. Eine
Socke
hat mir zu dieser Erkenntnis verholfen!« Er grinste wieder. »Kommen Sie mit«, sagte er dann und ging voraus ins Nebenzimmer. Ich folgte ihm und fragte mich, wo er hinwollte.
    Das nächste Zimmer sah sehr ähnlich aus wie das andere. Zwar war es viel kleiner, aber es gab auch Regale und vor allem jede Menge Pappkartons, die sich an der Wand stapelten und in denen offenbar alles Mögliche verstaut wurde.
    »Hier ist die Socke«, rief er und überreichte sie mir. Eine Kindersocke aus Frotté. Falls Bobby dachte, sie würde den gleichen Effekt auf mich ausüben wie auf ihn, hatte er sich geirrt. Ich wollte immer noch weg, und ich gab mir und allen anderen die Schuld für das, was mit mir geschehen war.
    »Als ich eine Woche hier war, hab ich mich dabei erwischt, wie ich Neuankömmlingen dabei half, Kleider zu finden oder was sie bei ihrer Ankunft sonst so brauchten. Deshalb hab ich dann irgendwann den Laden eröffnet und ihn ›Fundbüro‹ genannt. Zur Erinnerung an zu Hause. Es ist das einzige Geschäft in diesem Dorf, in dem man alles unter einem Dach kriegen kann, was das Herz begehrt«, verkündete er mit stolzgeschwellter Brust. Doch mein Mangel an Begeisterung vertrieb sein Lächeln rasch, und er erzählte weiter: »Zu meiner Arbeit hier gehört es, dass ich jeden Tag losziehe und möglichst viele nützliche Dinge aufsammle. In keinem anderen Laden bekommt man vollständige Paare von Schuhen, Socken und so weiter, und außerdem stelle ich noch kombinierbare Outfits zusammen. Andere Leute lesen einfach irgendwas auf, was ihnen grade vor der Nase rumliegt, und bieten es feil. Aber ich suche immer die andere Hälfte, die dazugehört, wie ein Heiratsvermittler.« Das Lächeln erschien wieder.
    »Weiter«, drängte ich. Inzwischen hatte ich mich auf einem alten verschlissenen Sessel niedergelassen, der mich stark an meine ersten Sitzungen bei Mr. Burton erinnerte.
    »Erst mal war die orange Socke an sich nichts Weltbewegendes – bis ich eines Tages das hier gefunden habe.« Er beugte sich vor und zog ein T-Shirt aus einer Schachtel. In Kindergröße, wie es schien. »Und das war auch noch nicht so toll, bis das hier aufgetaucht ist.« Damit legte er eine weitere Socke vor mich auf den Boden und beobachtete mein Gesicht.
    »Ich verstehe nicht ganz.« Achselzuckend ließ ich die orange Socke auf den Boden fallen.
    Aber Bobby fischte schweigend weitere Gegenstände aus der Kiste und legte sie vor mich,

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