Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
irgendwelche Sachen von Ihnen aufgetaucht sind.« Er sah auf die Gegenstände, die im anderen Zimmer auf dem Boden lagen. »Wenn man allein ist, hält man Ausschau nach Hinweisen. Manchmal denkt man sie sich aus, manchmal sind sie wirklich da, aber meistens kann man den Unterschied nicht erkennen. Aber bei Ihnen war ich mir so gut wie sicher.«
    »Wissen Sie was? Sie sind genau so, wie Ihre Mutter Sie beschrieben hat.«
    Seine Unterlippe fing an zu zittern, und er bemühte sich krampfhaft, dagegen anzugehen. »Geht es ihr gut?«
    »Abgesehen davon, dass sie ihren Sohn vermisst, geht es ihr gut, ja.«
    »Nachdem mein Dad weggegangen war, hatte sie nur noch mich. Jetzt ist sie ganz allein, das finde ich schrecklich.« Seine Stimme schwankte, er konnte seine Gefühle nicht völlig in Schach halten.
    »Sie ist fast nie allein, Bobby, sie nimmt oft und gern Leute mit nach Hause, die bereit sind, ihr zuzuhören, mit ihr Fotoalben und Videos anzuschauen. Ich glaube, in ganz Baldoyle gibt es keinen Menschen, der nicht gesehen hat, wie Sie im Endspiel den Punkt gegen St. Kevin’s geholt haben.«
    Er grinste. »Das Spiel hätten wir gewonnen, wenn nicht …« Er ließ den Satz unvollendet.
    Ich setzte ihn für ihn fort: »Wenn Gerald Fitzwilliam sich in der zweiten Hälfte nicht verletzt hätte.«
    Sofort hob er den Kopf und sah mich mit strahlenden Augen an. »Es war Adam McCabes Schuld«, meinte er und schüttelte den Kopf.
    »Man hätte ihn nicht im Mittelfeld spielen lassen dürfen«, fügte ich hinzu, und er lachte wieder, dieses schallende, ansteckende Lachen, das ich auf den Videos so oft gehört hatte, das Lachen, über das in seiner Familie so viel gesprochen wurde, und das mich auch jetzt sofort zum Kichern brachte.
    »Wow«, stieß er unter seinem Lachen hervor. »Sie kennen meine Mum aber gut.«
    »Bobby, glauben Sie mir, um das zu wissen, muss man Ihre Mutter nicht sehr gut kennen. Das ist ihre absolute Lieblingsgeschichte.«
     
    * * *
     
    Jack saß bei Mary Stanley zu Hause, trank Kaffee und sah sich Videos von ihrem Sohn Bobby an.
    »Jetzt – passen Sie gut auf!«, rief Mary und rutschte auf die Stuhlkante, sodass ihr Kaffee aus der Tasse schwappte und auf ihre Jeans tropfte. »Ah!« Sie verzog das Gesicht, und Jack wollte schon zu ihr stürzen, weil er dachte, sie hätte sich verbrannt. »Ab hier ist alles schiefgegangen«, verkündete sie wütend.
    Endlich begriff Jack, dass sie das Video meinte, und lehnte sich wieder zurück.
    »Haben Sie das gesehen?«, fragte Mary und verschüttete noch ein bisschen Kaffee.
    »Vorsicht!«, mahnte Jack.
    »Schon gut!«, winkte sie ab und rieb sich, ohne hinzusehen, das Bein. »Von da an ging alles den Bach runter. Wir hätten gewinnen können, wenn Gerald Fitzwilliam« – sie deutete wieder auf den Bildschirm – »sich in der zweiten Halbzeit nicht verletzt hätte.«
    »Hmmm«, antwortete Jack und nahm einen Schluck Kaffee, während das Amateurvideo weiter unruhig über die Mattscheibe flackerte. Die meiste Zeit konnte er nur ein verschwommenes Grün und gelegentlich eine Nahaufnahme von Bobby erkennen.
    »Adam McCabe war schuld«, erklärte seine Mutter kopfschüttelnd. »Die hätten ihn niemals im Mittelfeld spielen lassen dürfen.«
     
    * * *
     
    Bobby führte mich eine schmale Wendeltreppe hinauf, die zu seiner Wohnung über dem Laden führte. Ich setzte mich auf die große Ledercouch im Wohnzimmer, auf die wahrscheinlich irgendjemand länger als die üblichen vier bis sechs Wochen gewartet hatte, und Bobby brachte mir ein Glas Orangensaft und ein Croissant. Mein heißhungriger Magen gurgelte ihm ein lautes Danke entgegen.
    »Ich dachte, alle essen immer im Speisehaus«, bemerkte ich, während ich das frische Croissant attackierte und mir gnadenlos die Hand vollkrümelte.
    »Sagen wir es mal so: Die Köchin hat eine Schwäche für mich. Sie hat zu Hause in Tokio einen Sohn in meinem Alter, deshalb steckt sie mir immer mal wieder ein bisschen was zu, und ich ärgere sie dafür gelegentlich, veranstalte irgendeinen Blödsinn oder mache ihr mit anderen sohnmäßigen Aktionen eine Freude.«
    »Das ist ja bezaubernd«, murmelte ich, das Gesicht voller Krümel.
    Bobby starrte mich an. Sein eigenes Essen hatte er bisher nicht angerührt.
    »Wapft?«, fragte ich mit vollem Mund. Er starrte weiter, und ich schluckte angestrengt. »Hab ich irgendwas im Gesicht?«
    »Ich möchte gern noch mehr erfahren«, antwortete er ernst.
    Traurig sah ich auf meinen Teller. Ich

Weitere Kostenlose Bücher