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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Hände in die Luft.
    Jack holte tief Luft, um etwas einzuwerfen, kam aber nicht zu Wort.
    »Das macht sie nämlich die ganze Zeit«, schrie Dr. Burton. »Sie schwebt herein und hinaus, lässt Dinge zurück, sammelt sie manchmal wieder ein, manchmal aber auch nicht.« Er stemmte die Hände in die Hüften, und seine Brust hob und senkte sich krampfhaft. »Aber der Punkt ist, dass sie zurückkommen wird. Sie kommt immer zurück.«
    Jack nickte und blickte zu Boden. Dann drehte er sich um und ging zur Tür.
    »Sie können das Zeug ruhig hier lassen«, rief Dr. Burton ihm nach. »Ich sorge dafür, dass sie es kriegt und sich bei Ihnen bedankt, wenn sie wieder da ist.«
    Langsam ließ Jack den Rucksack mit Sandys Habseligkeiten auf den Boden neben der Tür sinken und ging leise hinaus. Er fühlte sich wie ein Schuljunge, der sich gerade eine Strafpredigt von seinem Direktor angehört hat, dabei aber Mitleid mit diesem empfindet. Jack wusste, dass die ganze Wut nicht ihm galt. Nein, es war Sandy, gegen die Dr. Burton wütete, Sandy, die kam und ging wie eine unstete Brise, mal warm, mal kalt, mal sanft, mal stürmisch, ganz wie es ihr beliebte. Die Luftküsse verteilte, süß duftend und verführerisch, und alles mit einem Fingerschnippen wieder zurücknahm, gerade dann, wenn man am wenigsten damit rechnete. Sie war es, auf die er so zornig war. Und auf sich selbst, auf sich und seine ewige geduldige Warterei.
    Leise schloss Jack die Tür und ließ Dr. Burton allein, der zähneknirschend am Fenster stand und hinausstarrte. Jack wollte nicht, dass die Atmosphäre, die jetzt im Sprechzimmer herrschte, in den Empfangsbereich drang, denn es kam ihm vor, als wäre gerade etwas ganz Besonderes geschehen. Wenn Dr. Burton sich dieser Erfahrung stellte, wenn er seine Wut abkühlen ließ, sie in Ruhe betrachtete, verarbeitete und ihr schließlich erlaubte, sich aufzulösen, entwickelte sich vielleicht etwas Neues, Außer- gewöhnliches.
    Carol, die Assistentin, sah Jack besorgt an, unsicher, ob nach dem ganzen Geschrei, das aus dem Zimmer ihres Chefs gedrungen war, Angst oder Mitleid die angemessene Reaktion war. Aber Jack legte ruhig das Geld für die Therapiestunde auf die Theke und schob Carol einen Zettel über den Schreibtisch.
    »Könnten Sie Dr. Burton bitte sagen, dass er mich gern anrufen kann, falls er seine Meinung ändert? Hier ist meine Nummer und die Adresse, wo später das Treffen stattfindet.«
    Sie überflog die Notiz und nickte, immer noch etwas argwöhnisch.
    »Ach ja, und geben Sie ihm bitte auch das hier«, fügte er hinzu und legte neben das Geld eine silberne Uhr. Erstaunt kniff Carol die Augen zusammen, doch Jack hatte sich bereits abgewandt.
    »Mr. Le Bon?«, hörte er sie rufen, als er bereits an der Tür war. Ein Mann, der im Wartebereich eine Autozeitschrift studierte, blickte auf, als er den ungewöhnlichen Namen hörte.
    Jack blieb stehen. »Ja?«
    »Bestimmt wird Dr. Burton sich bald bei Ihnen melden.«
    »Oh, da bin ich mir nicht so sicher«, entgegnete Jack mit einem leisen Lachen und wollte weitergehen, aber Carol räusperte sich so laut und demonstrativ, dass er noch einmal zu ihr zurückkehrte.
    Sie beugte sich vertraulich über ihren Schreibtisch. Zum Glück verstand der wartende Mann den Wink mit dem Zaunpfahl und vertiefte sich wieder in seine Zeitschrift.
    »Es dauert gewöhnlich nur ein paar Tage«, erklärte sie leise. »Das Längste waren ganz am Anfang mal zwei Wochen. So lange wie jetzt war es seit einer Weile nicht mehr. Wenn Sie sie finden, sagen Sie ihr bitte, sie soll zurückkommen, damit …« Sie zögerte und warf einen traurigen, besorgten Blick zur Tür des Sprechzimmers. »Ach, sagen Sie ihr einfach, sie soll zurückkommen.«
    Dann nahm sie mit einer raschen Bewegung die Uhr vom Tresen, verstaute sie in einer Schublade und tippte weiter, als wäre nichts geschehen. »Kenneth!«, rief sie, ohne weiter auf Jack zu achten. »Sie können jetzt zu Dr. Burton reingehen.«
     
    * * *
     
    Es ist schwierig, eine Beziehung mit jemandem zu beginnen, über den man nie etwas wissen durfte.
    Bisher hatte sich diese Beziehung ausschließlich um mich gedreht, und ich fand es schwierig, mich daran zu gewöhnen, dass es auf einmal um uns beide ging, nicht mehr nur darum, wie
ich
mich fühlte, was
ich
die Woche über getan hatte, was
ich
dachte, was für Erfahrungen
ich
gemacht hatte. Ihm einmal wöchentlich Zugang zu meinen Gedanken zu verschaffen, war der einzige Grund für unsere

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