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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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deiner Ächtung oder danach?«
    »Vorher.«
    »Ging er nach Bretta’s Ham, als er aus Maigh Eo ankam?«
    »Nein. Er nahm den geraden Weg zur Abtei Aldreds. Er hatte es erreicht, daß er zum dortigen Abt ernannt wurde.«
    »Er brachte seine Frau mit?«
    »Ja. Sie war keine Nonne, aber sie wohnte dort mit ihm.«
    »Wann hast du sie kennengelernt?« fragte Fidelma.
    »Das habe ich dem
gerefa
hier schon erzählt.«
    »Erzähl’s auch mir.«
    »Das war, als ich zum erstenmal zur Abtei ging. Danach war es klar, daß mein Bruder und ich uns nie einigen würden. Dann sah ich sie wieder, nachdem ich bereits geächtet war.«
    »Welche Meinung hattest du von seiner Frau?«
    Aldhere rieb sich nachdenklich das Kinn. »Wie ich dem
gerefa
bereits erklärte, war sie ein liebes, unschuldiges Mädchen. Wie man sie überredet hatte, Cild zu heiraten, das weiß ich nicht. Sie war das Gegenteil von allem, was ich an meinem Bruder kannte. Er ist unmoralisch und ehrgeizig und denkt immer zuerst mit dem Schwertarm und danach mit dem Verstand.«
    »Das klingt so, als ob du das Mädchen mochtest«, bemerkte Fidelma.
    Aldhere errötete leicht. »Sie war mir nicht unsympathisch. Sie war Cilds Ehefrau. Sie suchte mich hier in diesem Lagernur deshalb auf, weil ich der Bruder ihres Gatten war. Sie wollte helfen.«
    »Sag mir noch mal, was geschah, nachdem du geächtet wurdest?«
    »Cild erhob Anspruch auf meinen Titel und meinen Landbesitz. Ealdwulf entschädigte ihn nur mit einem kleinen Anteil und erklärte ihm, er solle Geistlicher bleiben. Er bestätigte Cild als Abt der Gemeinschaft in Aldred. Ich glaube, Ealdwulf ahnte schon, welche Entscheidung in Whitby fallen würde, denn sofort nach dem Beschluß erließ er ein Dekret, durch das alle Mönche und Nonnen, die der Regel Columbans folgten, aus seinem Königreich verwiesen wurden.«
    »Und doch lebten zu dieser Zeit Cild und Gélgeis glücklich zusammen in Aldreds Abtei?«
    »Glücklich?« fragte Aldhere verächtlich.
    »Du bezweifelst das?«
    »So ein unschuldiges junges Mädchen konnte nicht mit Cild glücklich werden«, erwiderte er scharf.
    »Da könntest du wohl recht haben. Andererseits ist es erstaunlich, wie viele Ehepaare, die nach unserer Meinung schlecht zusammenpassen, sehr gut miteinander auskommen«, überlegte Fidelma laut. »Mich interessiert mehr, ob du einen Grund für einen Zwist zwischen ihnen weißt? Ich meine, nach deiner persönlichen Kenntnis.«
    Aldhere lehnte sich zurück und starrte düster in seinen Met, als läge die Antwort auf dem Grund des Tonbechers.
    »Ich hatte den Eindruck, sie sei unglücklich«, erklärte er.
    »Hat sie dir das auch gesagt?« forschte Fidelma.
    »Ja, das hat sie.«
    »Wann war das?«
    »Als ich ihr begegnete.«
    Fidelma runzelte die Stirn. »Das hat sie dir bei der ersten Begegnung in der Abtei gesagt, bevor du geächtet wurdest?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das war später, als …«
    »Wie oft hast du sie getroffen, nachdem du hierher kamst?«
    »Ich traf sie ein paarmal, denn sie ging nahe der Abtei spazieren. Der Fluß ist nicht weit entfernt, und dort gibt es Wälder.«
    »Was hat sie dir erzählt?«
    »Daß Cild seit der Zeit, als er seinen Anspruch auf den Titel des Thans von Bretta’s Ham nicht durchsetzen konnte, mürrisch und unzufrieden geworden sei. Er zeigte eine Grausamkeit, die sie bei einem Menschen, der ein religiöses Leben zu führen behauptete, nicht für möglich gehalten hätte.«
    »Hat sie gesagt, daß Cild auch zu ihr grausam war?«
    Aldheres Mund wurde schmal. »Ja.«
    »Was meinst du, weshalb sie dir das alles gestanden hat?« fragte Eadulf nachdenklich. »Schließlich warst du ein Fremder für sie, wenn auch Cilds Bruder. Und gerade die Tatsache, daß du Cilds Bruder bist, war doch sicher dem Austausch von vertraulichen Mitteilungen nicht förderlich.«
    »Weshalb sollte sie sich mir nicht anvertrauen? Sie wußte, daß Cild mich ebenso grausam behandelt hatte, wie er sie behandelte. Sie war allein. Sie wollte sich bei jemandem aussprechen, mit jemandem ihre Trostlosigkeit teilen. Ich finde, das ist natürlich.«
    »Was weißt du über die Umstände von Gélgeis’ Tod?«
    Aldhere sah sie mißtrauisch an. »Was sollte ich darüber wissen?«
    »Ich frage dich, was du weißt, nicht, was du wissen solltest.« Ihre Erwiderung war so schroff, daß er überrascht blinzelte.
    »Nur die Geschichte, daß sie in Hob’s Mire nahe der Abtei geriet und von dem tückischen Moor hinabgesogen wurde«, sagte er und

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