Verneig dich vor dem Tod
beendet wird, desto besser. Nach dem, was Sigeric schon gesagt hat, bringt sie für mich sowieso nichts Gutes. Ich gelte als schuldig, ganz gleich, wie das hier ausgeht.«
Sigeric reagierte nicht auf diese Spitze. Schweigend gingen sie zurück zum Haupthof der Abtei. Als sie ihn erreicht hatten, ritten gerade Garb und seine Männer mit Werferth zum Tor herein. Sie machten finstere Gesichter. Von Abt Cild war nichts zu sehen, nur ein lediges Pferd führten sie mit.
Garb wandte sich direkt an Fidelma.
»Der Abt ist tot«, sagte er tonlos.
Als Fidelma das übersetzte, gab Aldhere einen seltsamen Laut von sich, wie ein kurzes Bellen. Doch weiter sprach er nichts.
»Was ist geschehen?« fragte Sigeric drohend. »Hat einer deiner Leute Hand an ihn gelegt? Ich dachte, du hättest gesagt, so etwas dürfte nach eurem Gesetz nicht sein?«
»Meine Männer haben nicht Hand an ihn gelegt«, entgegnete Garb heftig.
Werferth war abgestiegen und bestätigte das.
»Lord Sigeric«, berichtete er, »wir ritten dem Abt nach, der dem Moorland hier in der Nähe zustrebte. Wir hatten keine Möglichkeit, ihn einzuholen. Er kam an das Moor, sprang vom Pferd und stürzte sich in einen Sumpf.« Er zuckte die Achseln. »Bis wir die Stelle erreichten, war er schon versunken. Wir konnten nichts mehr tun.«
Sigeric entrang sich ein langer, schwerer Seufzer.
»Dann starb Abt Cild durch eigene Hand?«
»Er ist im Sumpf untergegangen, Lord. Kein anderer Mensch hat mit seinem Tod etwas zu tun.«
»Genau so, wie Gélgeis ihr Ende fand«, sagte Garb. »Er ist ihr in den tückischen Morast des Moorlandes gefolgt.«
»Hob’s Mire. Ein gerechtes Ende. Ein gerechtes Ende.« Das war die traurige Stimme des
dominus
Bruder Willibrod, der unbemerkt zu ihnen getreten war.
»Ein viel zu leichtes Ende für einen Mörder«, erwiderte Garb. »Ich werde es meinem Vater berichten.«
Er drehte sich um und schritt in die Kapelle, von seinen Gefährten gefolgt.
Fidelma wandte sich an Werferth.
»Bist du sicher, daß Cild im Moor sein Ende gefunden hat? Besteht keine Möglichkeit, daß er aus diesem Sumpf entkommen ist?«
Der Krieger sah Sigeric unsicher an, als warte er auf Erlaubnis, ihr zu antworten. Dann sagte er: »Das kann ich beschwören. Ich habe es gesehen. Man konnte nichts mehr tun. Ich sah, wie er in den Sumpf sprang, und als der Ausländer und ich die Stelle erreichten, kamen nur noch Blasen an die Oberfläche.«
»Nun gut«, sagte Sigeric. »Du bist ein guter Spurenleser, Werferth. Die Männer bleiben hier, doch sieh du zu, ob du die Spuren von einem halben Dutzend Reitern verfolgen kannst, die vor kurzem von hier aufgebrochen sind. Du müßtest die Spur an der Rückseite der Abtei aufnehmen können. Es sind Krieger aus Mercia. Higbald führt sie an. Ich möchte wissen, wo sie sind oder in welche Richtung sie sich bewegen. Sei aber äußerst vorsichtig. Sie könnten im Hinterhalt liegen oder einen Angriff auf die Abtei planen.«
Wenn Werferth von diesem Befehl überrascht war, dann zeigte er es nicht. Er ging sofort zu seinem Pferd und ritt durch das Tor der Abtei hinaus.
Aldhere stand mit einem gezwungenen Lächeln daneben. Er schien sich von der Nachricht vom Selbstmord seines Bruders schnell erholt zu haben.
»Also hat Cild ein gerechtes Ende gefunden, wie? In diesem Fall besteht keine Notwendigkeit für mich und meine Männer, noch länger zu bleiben.«
Fidelma sah ihn kühl an. »Im Gegenteil, wie ich schon sagte, es ist sehr notwendig. Wir müssen noch das Geheimnis lüften. Bitte komm mit zurück in die Kapelle.«
Er zuckte die Achseln, widersprach aber nicht.
Fidelma, Eadulf und Sigeric folgten ihm langsam.
»Endet mit Cilds Tod auch Gadras Drohung mit dem
troscud
?« fragte Eadulf.
»Nein. Aber die Wahrheit muß ans Licht, auch wenn sie ihm nicht gefällt«, antwortete Fidelma rätselhaft.
Sie betraten die Kapelle und nahmen wieder ihre Plätze ein. Unter den Versammelten herrschte eine Unruhe, die es vorher nicht gegeben hatte. Gadra und seine Gefolgsleute redeten untereinander.
»Gadra!« rief Fidelma, und das Murmeln hörte auf. »Du hast gehört, daß Abt Cild sich selbst das Leben genommen hat, indem er sich in seinem Wahn in den Sumpf stürzte. Sagst du nun das
troscud
ab?«
Gadra stand auf. »Ich begrüße das zwar als das gerechte und wohlverdiente Ende eines unedlen und bösen Lebens, aber das gibt mir nicht meine Tochter zurück. Ich sagte bereits, wenn Cild mir nicht den Sühnepreis für sie zahlen kann,
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