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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vorzuzeigen.
    Eadulf hielt das Papier hoch, das er in der Zelle seines Freundes gefunden hatte. Es war in einer Buchtasche verborgen gewesen.
    »Ich bin sicher, Bruder Willibrod erinnert sich daran, daß ich die Buchtasche durchsuchte«, sagte er. »Und er wird auch die Handschrift Bruder Botulfs erkennen.«
    »Mit seinen verschlüsselten Aufzeichnungen verrät uns Botulf mehreres«, erklärte Fidelma. »In dem letzten Text, einem Zitat aus den Sprüchen Salomos, berichtet er, daß Bretta’s Sohn wahnsinnig wird. Es war Cild, den er meinte. Überdies deutet er an, daß er auf Eadulfs Ankunft wartet.«
    Eadulf übergab Sigeric die Papiere.
    Sigeric las das Latein so flüssig, daß Fidelma überrascht war. Sie hatte nicht gedacht, daß ein Heide diese Sprache so gut beherrschte.
    »So Gott will, wird mein Freund bald hier sein.« Sigeric runzelte die Stirn. »Das bezieht sich auf Eadulf?«
    Eadulf nickte. Sigeric fuhr fort: »Steht nicht geschrieben, daß Gnade die Stütze der Gerechtigkeit ist? So ist es nicht bei dem Mann aus Mercia. Wir werden vernichtet vom Volk …« Sigeric stockte. »Wie hängt das mit unserem Fall zusammen?«
    »Eadulf und ich standen auch vor einem Rätsel, weil die Aufzeichnung verschlüsselt ist«, antwortete Fidelma. »Wir dachten, es hieße ›Volk aus dem Moorland‹. Das konnten doch nur Aldheres Geächtete sein? Aber das meinte Botulf nicht. Wir hatten ihn falsch verstanden. Er schrieb: ›Wir werden vernichtet von dem Volk aus der Mark.‹ Aus dem Grenzland – und wer ist das?«
    Sigeric hob die Augenbrauen.
    »Nicht Moor, sondern Mark, und das bedeutet Mercia«, sagte er langsam.
    »Allerdings«, erwiderte Fidelma lächelnd. »Was schreibt er, Eadulf?«
    »Es steht geschrieben, daß Gnade die Stütze der Gerechtigkeit ist, aber nicht bei Higbald, einem Mann aus Mercia.«
    »Davor hatte Botulf angedeutet, daß der äußere Anschein nicht den Tatsachen entsprach, daß Higbald ebensowenig ein Mönch war wie Aldhere ein Heiliger.«
    »Wenn Higbald gefangen wird, dann wird er danach genau befragt werden«, sagte Sigeric. »Aber du erwähntest noch weitere Beweise?«
    Fidelma nickte.
    »Ich sagte, daß Botulf in der unterirdischen Kammer erschlagen wurde, in der Higbald und seine Männer ihre Waffen aufbewahrten. Es gibt eine Spur von Blutflecken, die von dort zur Krypta führt. Dort entdeckten Eadulf und ich auch Botulfs Tasche. Sie war von seinem Gürtel abgerissen worden, als er getötet wurde oder als man seine Leiche dorthin brachte, wo sie später gefunden wurde.«
    »Also ist Higbalds Verschwörung aufgedeckt, aber sie hat nichts mit dem Streit zwischen Abt Cild und seinem Bruder Aldhere zu tun?« fragte Sigeric.
    »Nur insofern, als er sie gegeneinander ausspielen konnte«, bestätigte Fidelma.
    Gadra hatte sich erhoben und verriet seine Ungeduld.
    »All das berührt mich nicht. Noch einmal fordere ich die Leute dieser Abtei auf, mich für den Mord an meiner Tochter zu entschädigen – getötet durch die Hand ihres Abts. Ohne diese Genugtuung beginnt das
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zur vorgesehenen Zeit, und für alles, was daraus entsteht, ist jeder der hier Anwesenden verantwortlich.«
    Er wandte sich zur Tür. Garb und seine Gefolgsleute schickten sich an, mit ihm fortzugehen.
    »Warte, Gadra von Maigh Eo!« rief Fidelma.
    Ihr scharfer Befehlston veranlaßte den alten Fürsten, sich mit finsterer Miene umzudrehen.
    »Ich wollte dies vermeiden, Gadra, aber deine Hartnäckigkeit zwingt mich, so zu handeln.«
    Fidelmas Worte fesselten die Aufmerksamkeit der Iren. Erwartungsvoll drehten sie sich zu ihr um.
    »Du hattest recht, Gadra, als du sagtest, deine Tochter Gélgeis habe einen Fehler begangen, als sie Maigh Eo mit Cild verließ. Sie sah diesen Fehler bald selbst ein, und wie du sagtest, schrieb sie es dir auch. Sie war jung, lebte in einem fremden Land, und ihr Ehemann behandelte sie schlecht. Das alles wußtest du.«
    »Ich bin froh, daß du darin meinem Wort glaubst, Fidelma«, erwiderte Gadra ernst, doch sichtlich ohne eine Ahnung, worauf Fidelma hinauswollte.
    »Es hieß, Gélgeis sei in Hob’s Mire umgekommen, wo Cild sich jetzt selbst das Leben genommen hat. Cild war wahrscheinlich von Kindheit an geistig gestört. Das, so sagte ich, können wir auf das Wort seines Bruders Aldhere hin annehmen.«
    Der Geächtete lächelte mit schmalem Mund und deutete eine spöttische Verbeugung in ihre Richtung an.
    »Wie ich ebenfalls schon sagte, wurde eine Frau in der Abtei beobachtet. Sie ähnelte

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