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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ich hörte, war Gélgeis nicht sehr beliebt.«
    »War die Hinwendung des Abts zum Zölibat einfach eine Reaktion auf den Tod seiner Frau?«
    »Wer weiß schon, was die Menschen zu ihren Taten treibt?« meinte Bruder Higbald achselzuckend. »Leid kann manches auslösen.«
    »Ist es sicher, daß die Frau des Abts tot ist?« fragte Eadulf aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
    »Natürlich. Was veranlaßt dich zu solch einer Frage?« Der Apotheker schien belustigt.
    »Ich überlegte, wer wohl die Dame sein könnte, die gegenwärtig als Gast in der Abtei weilt?«
    Bruder Higbalds Miene verriet leichte Verwirrung. »Ich nehme an, du meinst nicht deine Gefährtin …?«
    »Nein, ich meine eine schlanke, blonde, reich gekleidete Dame, die ich gestern abend im Kreuzgang nahe der Kapelle gesehen habe.«
    Der Apotheker wurde ernst. »Wahrhaftig, Bruder, soviel ich weiß, gibt es keine Frau in der Abtei außer deiner Gefährtin.«
    »Ich habe sie aber gesehen«, wiederholte Eadulf fest.
    »Und du würdest sie wiedererkennen?« fragte Bruder Higbald rasch.
    Eadulf zögerte und zuckte die Achseln. »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Würde es uns nicht bekannt sein, wenn es hier eine Frau gäbe?«
    Eadulf entschied sich, die Sache nicht weiter zu verfolgen.
    »Weiß jemand, wie Abt Cilds Frau ums Leben kam?« fragte er. »Könnte Garbs Anschuldigung auf Wahrheit beruhen? Abt Cild verhält sich so, als habe er etwas zu verheimlichen.«
    Bruder Higbald schüttelte rasch den Kopf. »Um ihren Tod gibt es kein Geheimnis. Sie geriet ins Moor und versank darin. Mein Freund, auch wenn du mal
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warst, würde ich dir raten, daß du, sobald deine Gefährtin sich erholt hat, weiterreist und keine Fragen mehr stellst. Es wäre unklug, sich auf die Seite Garbs zu stellen und nach einem Geheimnis zu forschen, wo es keins gibt. Wenn Abt Cild sich gegenüber Garb nicht verantworten will, ist das schließlich seine Sache, oder nicht?«
    Eadulf erwiderte den festen, immer noch leicht belustigten Blick des Apothekers. Doch in dessen Lächeln lag ein seltsamer Ernst.
    »Ein Geheimnis gibt es hier doch, Bruder Higbald.« Eadulf ließ sich nicht beirren. »Botulf war mein Jugendfreund. Ich werde nicht ruhen, bis ich herausgefunden habe, wer ihn getötet hat. Ich lasse nicht gern ungelöste Fragen hinter mir zurück. Und Drohungen beeindrucken mich auch dann nicht, wenn sie sehr diplomatisch formuliert sind.«
    Der Apotheker seufzte ergeben. »Es sollte sich nicht wie eine Drohung anhören. Mich geht es nichts an. Ich wollte dir nur zu verstehen geben, daß Abt Cild ein launenhafter Mensch ist. Er sagt, Botulfs Mörder sei …«
    »Ich weiß, was Abt Cild sagt. Ein Geächteter? Ein Diebaus dem Moorland? Nur, weil Bruder Wigstan behauptet, er habe einen Geächteten namens Aldhere in der Nähe der Abtei gesehen, kurz nachdem die Leiche Botulfs entdeckt wurde? Übrigens, als Apotheker hast du doch wohl den Leichnam Botulfs untersucht, nachdem man ihn aufgefunden hatte?«
    »Ja. Ich war in der Kapelle und wurde geholt. Der Leichnam lag im Hof gleich daneben. Es war offensichtlich, daß Botulf mehrmals mit einer Streitaxt am Kopf getroffen wurde.«
    »Mit einer Streitaxt? Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe genug Verwundungen auf dem Schlachtfeld gesehen, um den Typ von Verletzung zu erkennen, den eine solche Waffe verursacht.«
    »Und zu welchem Schluß kamst du?«
    »Daß er erschlagen wurde.«
    »Doch welchen Grund hat Garb, den Abt zu beschuldigen, die Tat käme ihm sehr gelegen? Wenn Botulf den Tod Gélgeis’ zu bezeugen vermochte, kann man daraus folgern, daß er getötet wurde, weil er etwas wußte?«
    Bruder Higbald zuckte die Achseln. »Es steht mir nicht zu, dazu etwas zu sagen, Bruder. Ich möchte dir nur nahelegen, dich hier nicht unnötig lange aufzuhalten. Ich werde dem Abt berichten, daß die Schwester noch einige Zeit braucht, um sich von dem Fieber zu erholen, doch danach …«
    Er zog eine Schulter hoch und ließ sie wie verabschiedend wieder sinken.
    Eadulf schaute ihm gedankenvoll nach, als er wegging. Dann wandte er sich dem Gästehaus zu und suchte Fidelma auf.
    »Wie ich höre, dürfen wir hierbleiben, bis ich wieder reisefähigbin«, begrüßte sie ihn zwischen Hustenanfällen. »Du hast deine Bitte beim Abt anscheinend sehr diplomatisch vorgebracht.«
    Eadulf grinste breit. »Diplomatisch? Na, nicht unbedingt. Abt Cild besitzt ein sehr eigenartiges Temperament.«
    »Hast du mehr über das
troscud
in Erfahrung bringen können?«

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