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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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das?«
    »Du hast es richtig erfaßt,
gerefa

    »Wie hast du es fertiggebracht, ihn davon zu überzeugen, daß er dich in seine Schar aufnimmt? Ich hätte gedacht, er überließe dich deinem Schicksal, da er doch ein anständiger Mensch ist und darum kämpft, seinen Ruf und den seiner Leute wiederherzustellen.«
    Wiglaf kicherte. Sein Sinn für schwarzen Humor war immer wach.
    »Du hast einen guten Verstand,
gerefa.
Genau das hatte er vor.«
    »Wieso hat er dann …?«
    »Ich hatte das Glück auf meiner Seite. Er ließ sich überreden.«
    »Und wie kam das?«
    »Mein Vetter überredete ihn dazu, denn er wußte, er würde jemanden brauchen, der diese Moore gut kennt und sich in ihnen schnell bewegen kann, also jemand mit meinen besonderen Talenten.«
    »Ich verstehe. Dein Vetter war also Aldhere bekannt?«
    »Und dir ebenfalls,
gerefa.
Hast du vergessen, daß ich auch aus Seaxmund’s Ham stamme?«
    Diese Logik leuchtete Eadulf nicht ein, und er sagte das.
    »Na, mein Vetter ist … vielmehr war«, verbesserte sich Wiglaf mit trauriger Miene, »Botulf.«
    Eadulf fuhr überrascht auf und riß dabei an den Zügeln, worauf sein Maultier unwillig schnaubte.
    »Botulf war dein Vetter?« fragte er ungläubig.
    »Habe ich das nicht gesagt?« antwortete der Dieb belustigt.
    Eadulf versuchte verzweifelt, sich in seine Jugendzeit in Seaxmund’s Ham zurückzuversetzen. Schwache Erinnerungen stellten sich ein. Botulf hatte von einem Vetter gesprochen, den seine Familie ausgestoßen hatte. Wiglaf war auf einem Bauernhof außerhalb des kleinen Dorfes aufgewachsen und selten ins Dorf gekommen.
    »Du weißt, daß ich Botulfs enger Freund war, nicht wahr?« sagte Eadulf schließlich.
    »Er sprach oft von dir,
gerefa,
und bedauerte es, daß du das Land des Südvolks verlassen hattest und auf Reisen gegangen warst.«
    »Weißt du auch, daß ich seinetwegen zurückgekommen bin?«
    »Ja. Ich habe seine Botschaft auf dem ersten Teil ihres Weges nach Canterbury befördert. Botulf freute sich, als er hörte, daß du dort warst. Ich brachte die Botschaft zum Hafen von Domnoc’s Wic und vertraute sie einem Schiffskapitän an, den ich kannte.«
    »Du wußtest also, daß es dringend war? Botulf hat dir gesagt, daß er mich unbedingt sprechen wollte?«
    »Ich wußte, daß er dich dringend sprechen wollte und Aldhere ebenfalls. Ich habe auch Aldhere seine Botschaft gebracht. Aber alles hat mir Botulf nicht anvertraut. Von dem, was er mir gesagt hat, weiß ich nicht mehr viel.«
    »Doch warum wollte er Aldhere sprechen? Und warum wollte er mich sprechen?« rief Eadulf verzweifelt.
    »Wenn ich das wüßte, gäbe es kein Geheimnis. Eins hat er gesagt, und du mußt sehen, was du daraus machen kannst:Er sagte, in der Abtei lauere eine große Gefahr für das Königreich. Er sagte, es sei ein Übel, dem man entgegentreten müsse, sonst gingen wir alle unter.«
    Eadulf runzelte die Stirn. »Ein Übel?« Es war das Wort »Übel«, das ihn erschauern ließ. »Und Gefahr für das Königreich – für Ealdwulfs Königreich? Von wem?« Er seufzte resigniert. »Das wird ja immer verwirrender.«
    Sie ritten eine Weile schweigend weiter, während sich die Dunkelheit über das Moorland senkte.
    »Es ist nicht mehr weit,
gerefa.
Bald siehst du den Fluß und zur Rechten den schwarzen Schatten von Aldreds Abtei.«
    An einer Wegbiegung kam ihnen eine Gestalt entgegengeeilt. Sie tauchte so plötzlich aus der Finsternis auf, daß ihre Reittiere scheuten. Als Eadulf sein Maultier wieder unter Kontrolle hatte, war sie vom Weg weggeglitten und zwischen den Bäumen zu ihrer Linken verschwunden, fort vom Moorland. Eadulf hörte noch ihr Keuchen und das Knacken der Zweige, als sie sich den Weg durchs Unterholz bahnte.
    »Im Namen von …!« rief er aus.
    Er hatte eine schlanke Gestalt erkannt, eine Frau mit langem Haar, aber sonst nichts weiter.
    Wiglaf kicherte vor sich hin.
    »Was findest du daran so komisch?« fragte Eadulf. »Wer war das?«
    »Das war Lioba. Sie ist eine … eine Freundin von Aldhere und anderen, wenn du verstehst, was ich meine.« Er grinste obszön. »Ein Mädchen aus dieser Gegend.« Nach kurzer Pause fuhr er fort. »Wie gesagt, wir sind nicht mehr weit von der Abtei entfernt.«
    Eadulf nickte zerstreut. Seine Gedanken kehrten zu ihrem vorigen Gespräch zurück. Er wollte es weiterführen, bevor er sich von Wiglaf verabschiedete.
    »Wann hast du Botulf zuletzt gesehen?« fragte er, während sie weiterritten.
    »Vor ein paar Tagen. Ich war Aldheres

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