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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Wolken vonSchnee aus den dicken Pelzen stiebten, die ihren Körper von Kopf bis Fuß einhüllten. Darauf wühlte sich ein Arm aus den Pelzen heraus und wickelte einen Teil der Kopfbedeckung ab. Darunter kam ein bärtiges Gesicht zum Vorschein.
    »Met, Cynric! Met, um der Liebe der Mutter Balders willen!«
    Der Mann stapfte weiter in den Gastraum hinein und verstreute noch mehr Schnee aus seinen Pelzen. Seine äußerste Hülle ließ er einfach auf den Boden fallen. Ein Lederwams bedeckte seinen stämmigen Körper, und um seine riesigen Waden hatte er Sackleinen gewickelt und mit Lederriemen festgebunden.
    »Mul!« rief der Wirt erstaunt aus, als er den Neuankömmling erkannte. »Was machst du denn jetzt draußen bei diesem scheußlichen Wetter?«
    Der Mann, den er Mul nannte, war von mittlerem Alter, breitschultrig, mit flachsblondem Haar und wettergegerbter Haut. Sein Körperbau war der eines Bauern oder Schmieds. Seine muskulösen Schultern und Arme schienen das Wams fast zu sprengen. Er hatte ein grobes, rötliches Gesicht mit einem buschigen Bart. Es sah aus, als wäre es zerschlagen worden und nicht richtig geheilt. Seine Lippen waren ständig geöffnet und ließen Lücken in den gelben Zähnen erkennen. Die durchdringenden hellen Augen standen dicht an seiner Hakennase, was ihm einen Ausdruck ewiger Mißbilligung verlieh.
    »Ich bin auf dem Heimweg«, knurrte er. »Wo sollte denn ein Mensch in dieser Nacht sonst sein?« Plötzlich erblickte er Fidelma und Eadulf an der anderen Seite des Raumes und neigte den Kopf zum Gruß.
    »Möge Wotans Speer eure Feinde durchbohren!« dröhnte er nach der alten Formel.
    »Deus vobiscum«
, antwortete Eadulf feierlich mit leichtem Vorwurf in der Stimme.
    Der Mann, den der Wirt mit Mul angeredet hatte, riß Cynric einen Becher Met aus der Hand, ließ sich auf einen Stuhl nahe am Feuer fallen und trank ihn mit einem mächtigen Schluck halb leer. Dann rülpste er laut und zufrieden.
    Fidelma sah etwas entsetzt aus, sagte aber nichts.
    »Gott schaue auf uns herab«, murmelte Eadulf, dessen Miene seine Meinung über diesen Mangel an Manieren verriet.
    »Christen, was?« brummte der Neuankömmling und betrachtete sie neugierig. »Na, ich bin ein alter Hund und lerne keine neuen Kunststücke mehr. Die Götter, die meinen Vater schützten, sind auch gut genug für mich. Mögen alle und jede Götter die Reisenden in dieser Nacht schützen.«
    Der Wirt setzte ihm einen neuen Becher Met vor.
    »Soll ich dir ein Bett zurechtmachen, Mul?«
    Der Riese schüttelte heftig den Kopf. Er ähnelte dabei einem großen zottigen Hund. Haar und Bart schienen sich zu einer wirren Mähne zu vereinen.
    »Bei Thunors Hammer, nein!«
    »Aber dein Hof ist doch mindestens sechs Meilen von hier!« rief der Wirt. »Das schaffst du nie bei diesem Sturm.«
    »Das schaff ich«, antwortete der stämmige Bauer mit grimmiger Zuversicht. »Von dem bißchen Schnee laß ich mich nicht an der Heimfahrt hindern. Außerdem ist heute die Mutternacht, und ich will Frig und den Asinnen zur richtigen Stunde einen Becher Met darbringen. Ich bin noch vorMitternacht auf meinem Hof, Freund Cynric. Schließlich muß ich ja auch meine Tiere versorgen. Wenn ich’s nicht mache, gehen sie leer aus. Ich war den ganzen Tag unterwegs, um Käse auf dem Markt in Butta’s Leah zu verkaufen.«
    Eadulf bemerkte Fidelmas verständnisloses Gesicht und erklärte ihr flüsternd: »Heute ist Wintersonnenwende, der Beginn des alten heidnischen Julfests, das zwölf Tage dauert. Mit dem Fest feiern wir die Göttin Frig und die Asinnen, die Urmütter unserer Rasse. Der Höhepunkt des Fests ist Wotan geweiht.«
    Fidelma sah noch ebenso verblüfft aus wie zuvor.
    »Es ist die Zeit der Dunkelheit, und wir müssen den Göttern und Göttinnen Geschenke darbringen, um die Wiedergeburt der Sonne zu bewirken.«
    Fidelmas mißbilligende Miene entging ihm, denn inzwischen betrachtete er den Neuankömmling mit einigem Interesse.
    »Darf ich fragen, Freund, in welcher Richtung dein Hof liegt? Ich hörte, wie der Wirt dich Mul nannte. Es gab einen Mul, der den Hof Frig’s Tun bewirtschaftete, bevor ich auf Reisen ging. Bist du das?«
    Der stämmige Bauer sah Eadulf scharf an und runzelte die Stirn.
    »Wer bist du denn, Christ?« wollte er wissen.
    »Ich bin Eadulf von Seaxmund’s Ham, wo ich
gerefa
war, bevor ich Mönch wurde.«
    »Eadulf? Eadulf von Seaxmund’s Ham? Deine Familie kenne ich. Ich habe auch gehört, daß einer von ihnen sich zum neuen Glauben

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