Verplant verliebt
Ende näherte. Marie nannte es den Schneewittchen-Effekt.
Paula kniff die Augen zusammen und überlegte: „Also, zwischen Torsten und Jan lagen immerhin schon zwei Tage. Jan hat mir gefallen, warum also unnötig warten?“ Mit einem triumphierenden Blick fügte sie hinzu: „Und wenn ich mal eine Zeit lang Single wäre, würde ich diese Freiheit auf jeden Fall besser nutzen als du.“
Bisher hatte Marie nicht viel Wert auf diese Art von Freiheit gelegt, doch die Zeiten änderten sich. Die Nachricht von Hannes' Heirat hatte ihr eines klar gemacht: Anstatt auf irgendwen oder irgendwas zu warten, sollte sie das Hier und Jetzt genießen und entdecken, was das Leben noch für sie bereithielt.
„Was hältst du von dem Surferboy dort hinten? Sieht nach einem prima Zeitvertreib aus.“
Marie folgte Paulas Blick und zog eine Augenbraue hoch. „Zugegeben, der kann sich durchaus sehen lassen, aber das weiß er leider auch. Das ist Gregor Häberle, Vertriebsass und Firmengigolo von JCN.“
Im selben Moment drehte sich Gregor zu ihnen um, als hätte sein Frauenradar das Interesse geortet. Er setzte sein Verführerlächeln auf und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Sein Blick blieb an Paulas Beinen hängen, die appetitlich unter ihrem Baströckchen hervorlugten. Dabei schien er gar nicht zu bemerken, dass er mit seinem Surfbrett unterm Arm fast die Bowle-Schüssel vom Tisch gefegt hätte.
Gregor lehnte das Surfbrett an den Tisch und nutzte diesen Moment, um Paula aus der Nähe zu mustern. Dann schob er sich zwischen sie beide und schlang seine Arme um ihre Taillen. „Meerjungfrau und Aloha-Mädchen – wenn das nicht die perfekten Groupies für einen Weltklasse-Surfer wie mich sind.“
Marie wand sich aus der Umarmung. „Darf ich vorstellen? Paula, das ist Gregor, der Schwerenöter vom Dienst. Wenn du nicht aufpasst, klaut er dir deine Blumenkette.“
Marie lächelte Gregor herausfordernd an. Auch wenn sie es nie zugeben würde, genoss sie die ständigen Plänkeleien mit ihm. „Gregor, das ist Paula, viel zu schade für dich und außerdem vergeben.“
Gregor schlug sich mit der Hand auf die Brust. „Liebste Marie, du weißt, mein Herz gehört nur dir.“
„Kann schon sein, aber mit anderen Körperteilen gehst du nicht so monogam um.“
„Nur, weil du mir keine Chance gibst.“
Genau das, so wusste Marie, bereitete Gregor am meisten Spaß. Seit Jahren umgarnte er sie und sie ließ ihn abblitzen.
„Du kennst doch mein Prinzip: Nie mit Kollegen, das gibt nur Ärger. Albert und Sandra sind das beste Beispiel. Sie nehmen ihren privaten Kram mit ins Büro und giften sich entweder ununterbrochen an oder können die Finger nicht voneinander lassen. Du musst doch zugeben, dass Beziehungen zwischen Kollegen tierisch nerven.“
Gregor hob belehrend den Zeigefinger. „Wenn man den Arbeitsplatz als Jagdrevier ausschließt, sinken die Erfolgsaussichten rapide. Jedes fünfte Paar lernt sich im Job kennen. Habe ich gerade erst irgendwo gelesen.“
„Und wie viele von denen müssen sich einen neuen Job suchen, wenn es schiefgeht?“, erwiderte Marie.
Gregor dozierte weiter: „Am häufigsten funkt es angeblich im Freundeskreis oder beim Ausgehen.“
Marie dachte nach. Sie hatte bereits seit Jahren denselben Freundeskreis und sie würde sich schwer tun, in einer Bar oder auf einer Party jemanden aufzureißen. Das zeigte sich an diesem Abend ja auch wieder.
„Dann muss ich eben Single bleiben.“ Marie zuckte mit den Achseln. Wer brauchte denn überhaupt Männer?
Aber Gregor ließ nicht locker: „Du könntest Onlinedating probieren. Das bringt mehr Menschen zusammen, als man denkt.“
„Würde ich oberflächliche Unverbindlichkeit suchen, wäre das vielleicht eine Option. Tue ich aber nicht!“ – Außer heute Abend, fügte Marie in Gedanken hinzu.
Paula, deren Blick begeistert zwischen Gregors strahlend blauen Augen und seinen Goldlöckchen hin- und herwanderte, schien wieder zu Bewusstsein zu kommen. „Da hast du einmal schlechte Erfahrungen gemacht und schon ist Onlinedating für dich tabu.“
„Einmal schlechte Erfahrungen? Du tust so, als hätte ich nur mal eben ein missglücktes Internetdate gehabt.“
„Das ist es ja gerade. Du hattest noch nie eins und schließt das dennoch rigoros aus. Das ist mal wieder typisch für dich! Mit weniger Vorsicht hättest du echt mehr vom Leben!“
Gregor hob die Hände: „Entspannt euch, Mädels. Ich schlage vor, wir trinken erst mal was.“
Paula sah Marie an
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