Verräterische Gefühle
platzieren.“
Da er sie nur verständnislos anstarrte, hockte sie sich auf die Fersen und legte den Kopf schief.
„Sie sehen schrecklich aus. Sind Sie sicher, dass Sie nicht darüber reden wollen? Wenn einen etwas belastet, ist es besser, man lässt es heraus, anstatt es in sich hineinzufressen, bis man explodiert.“
Seine blauen Augen waren völlig ausdruckslos. „Mich belastet nichts“, erwiderte er.
Lügner! Katie erinnerte sich noch gut an die Panik in seinem Blick, als er im Theater in sie hineingerannt war. „Mir müssen Sie nichts vormachen. Mein Dad ist erst letztes Jahr gestorben, und ich wäre völlig untergegangen, hätte ich nicht meine Freunde gehabt.“ Energisch sammelte sie die letzten Skizzen ein und stand dann wieder auf. „Wollen Sie meine Meinung dazu hören?“
„ Sie haben eine eigene Meinung zu meiner Situation?“
„Ich kann Ihnen nur eine Einschätzung aus weiblicher Sicht geben“, erklärte sie. „Sie erwähnten die Namen Annabelle und Carrie, was mich vermuten lässt, dass Sie mit zwei Frauen gleichzeitig ein Verhältnis eingegangen sind.“ Sie machte eine Pause, um ihm Gelegenheit zum Einspruch zu geben, doch nichts kam. „So etwas endet grundsätzlich im Chaos, selbst bei einem berühmten Hollywoodstar. Aber davon abgesehen halte ich es persönlich ohnehin für einen schäbigen Zug, sich auf eine Affäre mit einer verheirateten Frau einzulassen.“
Auf Nathaniels Wange zuckte ein Muskel. „Was bringt Sie denn auf diese Idee?“
„Ihre überstürzte Flucht von der Bühne. Sie haben ausgesehen, als wäre Ihnen Hamlets Geist begegnet und hätte irgendwas gesagt wie …“ Katie krauste die Nase und versuchte, sich an den genauen Wortlaut zu erinnern. „ Er ist hier . Ja, das war es … er ist hier. Und dann wollten Sie Annabelle warnen, und Carrie sollte irgendetwas nicht herausfinden. Also lautet meine Schlussfolgerung: Sie versuchen, vor einem eifersüchtigen Ehemann zu flüchten.“
„Sie haben eine mehr als ausschweifende Fantasie“, sagte Nathaniel barsch. „Was ich sagte, bezog sich auf einen Theaterkritiker, eine echte Ratte. Plötzlich wurde mir klar, dass ich noch nicht bereit bin für die Rolle. Es fühlte sich alles falsch an, deshalb bin ich gegangen.“
Instinktiv schüttelte Katie den Kopf. „Das nehme ich Ihnen nicht ab. Ich habe die Generalprobe gesehen. Sie waren fantastisch! Versuchen Sie etwa, mir Ihren Abgang als einen Anfall von Lampenfieber zu verkaufen?“
„Eher als einen Anfall von künstlerischer Integrität. Ich bin eben Perfektionist.“
Während er sprach, fixierte er Katie so eindringlich, als wollte er sie hypnotisieren. Ihre Sicherheit schwand. Vielleicht war es ja wirklich so, wie er behauptete. Doch dann erinnerte sie sich daran, wie viele Preise Nathaniel Wolfe bereits für seine Schauspielkunst errungen hatte. Und das hier war ebenfalls gespielt, dessen war sie sich plötzlich ganz sicher.
Ein bohrender Blick musste nicht heißen, dass er die Wahrheit sagte. Ihr erster Eindruck war also richtig gewesen, und unter der glatten Oberfläche war seine innere Anspannung auch noch deutlich zu spüren. Doch das behielt sie lieber für sich, während sie zum Kühlschrank ging und eine Packung gefrorene Pfirsiche herausholte.
„Dann lassen Sie mich wenigstens Ihre äußeren Blessuren versorgen.“ Ohne weitere Umstände griff sie nach seiner geschwollenen Hand und kühlte sie mit dem eisigen Obst. „Es sieht ziemlich übel aus. Was meinen Sie, ist sie gebrochen?“
„Unsinn!“, knurrte der undankbare Kerl. „Was haben Sie sonst noch gehört?“
„Nichts weiter, aber das ist doch auch egal. Falls Sie denken, ich würde der Presse von Annabelle oder Carrie erzählen, täuschen Sie sich gewaltig in mir. Aber das sollte mich kaltlassen, da Sie mich nicht wirklich kennen. Trotzdem gehe ich davon aus, dass die beiden Damen Ihnen die Hölle heißmachen werden, sobald Sie erfahren …“
„Hören Sie denn nie auf zu reden?“, unterbrach er sie gepeinigt.
Katie zuckte zusammen. „Ich rede nur so viel, wenn ich nervös bin“, verteidigte sie sich, „und Sie machen mich schrecklich nervös.“
„ Wie mache ich Sie nervös?“
„Einfach, weil sie da sind!“, stieß sie hervor. „Es ist ein äußerst merkwürdiges Gefühl, einen Hollywoodstar im eigenen Apartment zu haben. Die ganze Zeit warte ich instinktiv darauf, dass irgendjemand ‚Action!‘ ruft.“
In den blauen Augen blitzte es humorvoll auf. „Sie sehnen sich
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