Verräterische Gefühle
lieben würde? Er wollte sich in ihr verlieren, Trost und Ablenkung von dem Desaster finden, zu dem sich sein Leben entwickelt hatte. Sie wirkte so … rein, belebend und stark.
Katie mied seinen Blick, fragte aber: „Wollen Sie denn gar nicht rangehen?“
„Rangehen?“, wiederholte er verblüfft und registrierte erst jetzt, dass sein Handy klingelte.
Es war sein Bruder Sebastian, und als Nathaniel das Gespräch annahm, war er sich sehr wohl bewusst, dass Katie jedes Wort mithören konnte. „Ja, er war da. Rafael muss ihm das Ticket besorgt haben … keine Ahnung. Wir können nur versuchen, die Situation irgendwie zu retten.“
Während er sprach, pusselte Katie in der Küchenecke herum und bemühte sich zu demonstrieren, dass sie auf keinen Fall lauschte. Sie trug immer noch ihre alten Jeans, und die herausfordernde Rundung ihres reizenden Hinterteils hätte wohl jeden gesunden Mann zu den verwegendsten Fantasien verleitet. Nathaniel bildete darin keine Ausnahme und merkte erst verspätet, dass er die Hälfte von dem, was sein Bruder erzählte, gar nicht mitbekommen hatte.
„Wie bitte? Nein, das halte ich für … zu riskant. Ich werde England so schnell wie möglich verlassen. Du hast ja meine Privatnummer … wir bleiben in Verbindung. Das Wichtigste ist, dass wir sie beschützen.“
Was zur Hölle war nur los mit ihm? Er hätte sich einzig und allein auf die drohende familiäre Katastrophe konzentrieren müssen, anstatt darüber nachzusinnen, wie er Katie am schnellsten aus ihrer Jeans befreien konnte!
„Haben Sie so etwas wie Whisky im Haus?“, fragte er nach dem Telefonat.
„Tut mir leid“, erwiderte sie, immer noch mit dem Rücken zu ihm. Irritiert stellte er fest, wie angespannt ihre Haltung war.
„Sehen Sie mich einmal an.“
„Kann ich nicht. Tut mir leid, dass ich keinen Whisky für Sie habe, wie wär’s mit einem Glas Milch?“
Nathaniel schüttelte sich. „Das letzte Glas Milch habe ich mit drei Jahren getrunken! Warum können Sie mich nicht ansehen?“
„Sie ist aber voll Kalzium und Vitamin D … gut für die Knochen.“
„Und Alkohol ist gut für mich, wenn ich Stress habe.“ Während er sprach, schlenderte Nathaniel zur Küchenecke und griff nach einer Flasche, die im offenen Regal stand. „Was ist das?“
Jetzt kam Katie nicht umhin, über die Schulter nach hinten zu schauen, und wurde sofort von seinen blauen Augen in den Bann gezogen. Rasch senkte sie den Blick aufs Etikett. „Absolut nichts für Sie“, entschied sie angesichts des billigen Rotweins, den Claire mitgebracht und den sie dann doch verschmäht hatten. „Ich werde ihn auch höchstens zum Abbeizen von alten Möbeln verwenden.“
Fast hätte Nathaniel behauptet, dass das genau der richtige Tropfen für seine momentane Verfassung war, riss sich aber in letzter Sekunde zusammen. „Das halte ich schlichtweg für übertrieben“, murmelte er, öffnete den Drehverschluss und griff nach zwei Gläsern.
„Nicht für mich“, entschied Katie, die das Manöver aus den Augenwinkeln beobachtet hatte.
Doch Nathaniel ignorierte den Einwand und schenkte beide Gläser voll. „Trinken!“, forderte er fast barsch. „Wir brauchen beide eine Stärkung.“ Er nahm einen großen Schluck und hatte Mühe, ihn bei sich zu behalten, als sich Geschmackskomponenten auf seiner Zunge entfalteten, die er einem Rotwein nie zugeschrieben hätte. Nicht einmal dem billigsten! „Vielleicht aber auch nicht …“, murmelte er angewidert.
Katie verblüffte ihn, als sie in genau diesem Moment nach dem zweiten Glas griff. „Ich habe meine Meinung geändert“, verkündete sie energisch und stürzte das zweifelhafte Gebräu förmlich hinunter.
„Offenbar haben Sie keinen besonders anspruchsvollen Geschmack.“
„Den kann ich mir nicht leisten“, gab sie knapp zurück und starrte, ohne eine Miene zu verziehen, auf einen Punkt hinter seiner linken Schulter.
„Warum weichen Sie ständig meinem Blick aus, Katie?“, fragte er unvermittelt.
„Ich … Verzeihung, aber empfinden Sie diese Situation nicht als völlig absurd?“
„Was soll daran absurd sein?“
„Schauen Sie uns beide doch bloß mal an! Ich in löchrigen Jeans, in einem winzigen Apartment und wahrscheinlich demnächst ohne Job, und Sie … Na ja, wer und was Sie sind, wissen Sie selbst am besten. Ich befürchte ständig, dass gleich jemand kommt und meine Eintrittskarte kontrolliert, wenn ich Ihnen zuschaue. Oder dass im nächsten Moment irgendein Kerl im
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