Verräterische Lippen
dem
flackernden Licht wie eingeölt.
Ich
richtete mich auf und streckte stöhnend meinen Rücken. Der Strohsack, der auf
der Holzpritsche lag, mochte ein ideales Mittel gegen Bandscheibenschäden sein,
bequem war er nicht.
»Ich
weiß nicht, was ich sagen soll«, stieß ich hervor. Inzwischen waren meine
strapazierten Sinne auf alles gefaßt, sogar auf eine unbekleidete
Präsidententochter. »Aber aus reiner Neugier hätte ich doch gern gewußt, was
Sie hier machen .«
»Pst...«
Sie preßte einen Finger gegen die Lippen.
»Ich
verstehe«, meinte ich. »Sie werden von General Ortez verfolgt, der wiederum von Oberst Juarez verfolgt wird, den Señor Rodriguez
aufs Kreuz zu legen versucht. Und nun soll ich Ihnen helfen, sich etwas
auszudenken, um alle drei zu überlisten .«
Sie
blinzelte. »Haben Sie den Verstand verloren, Señor Roberts ?«
»Wahrscheinlich«,
räumte ich ein. »Was machen Sie hier, und warum weichen Sie ständig meinen
Fragen aus ?«
»Vielleicht
sind es törichte Fragen«, antwortete sie nicht unliebenswürdig. »Aber hier bin
ich, weil ich sehr dumm war .«
»Genieren
Sie sich nicht. Ich werde nicht allzu kritisch sein .«
Sie
kam, die Kerze in der Hand, langsam auf mich zu. Dann blieb sie stehen und
berührte mein Knie. Ihre schönen Brüste wirkten bei der Beleuchtung wie Hügel
aus glänzendem Wachs. »Die Männer, die mich wegen des Lösegeldes entführt
hatten, hielten Sie unter Beobachtung«, erläuterte sie dramatisch. »Sie haben
unser Treffen verfolgt und mich anschließend in meinem Versteck aufgestöbert.
Obwohl ich mich nach Kräften gewehrt habe, konnten sie mich überwältigen und
hierher bringen .«
»Sie
meinen die Leute, mit denen der Amerikaner Crawfield gemeinsame Sache machte ?«
»Ja.«
»Ich
dachte, Sie könnten es sehen, wenn sich jemand der Schlucht näherte? Der alte
Mann sagte mir jedenfalls, Sie würden sofort wissen, ob mir jemand folgte .«
»Ich
war unvorsichtig. Diese Leute sind Ihnen nicht auf der Straße gefolgt, sondern
oben am Felsen entlang. Darauf habe ich nicht geachtet, und deshalb konnten sie
mich überraschen .«
»Und
nun wollen sie über Ihre Auslieferung gegen Bargeld verhandeln ?« Ich schüttelte zweifelnd den Kopf. »Wissen sie denn, daß
ich für Ihren Vater die Verhandlungen führen soll ?«
Sie
nickte. »Das habe ich ihnen gesagt .«
»Nun
hätte ich aber gern noch gewußt, wie Sie hier hereingekommen sind. Und was ist
mit Ihren Kleidern passiert ?«
Sie
schob die Unterlippe vor. »Sie haben mir meine Sachen weggenommen, damit ich
nicht auf Fluchtgedanken komme, wie sie sagen .«
»Sehr
einfallsreich«, meinte ich anerkennend. Ich heftete den Blick auf ihren
honigbraunen Bauch, der nicht einmal einen halben Meter von meinem Gesicht
entfernt war.
»Ich
habe darum gebeten, zu Ihnen zu dürfen, um mit Ihnen zu reden«, fuhr sie fort.
»Ich sagte, ich wolle Sie anflehen, meinen Vater zu veranlassen, die Lösegeldforderung
zu erfüllen. Aber dazu müßten Sie mich sehen, sonst würden Sie vielleicht nicht
glauben, daß ich mich in ihrer Gewalt befinde .«
»Wenn
Sie so viel bei diesen Leuten erreichen können, warum überreden Sie sie nicht
auch, uns beide laufen zu lassen ?«
Sie
zuckte die Achseln. »Das habe ich versucht, Señor. Aber nicht einmal mein
Körper hat ausgereicht, sie zu überzeugen .«
»Scheinen
hartgesottene Burschen zu sein«, wunderte ich mich.
»Es
sind miese Schweine«, meinte sie wegwerfend.
»Und
ich soll mit denen über Ihre Freilassung verhandeln ?«
»Selbstverständlich,
Señor Roberts«, sagte sie mit Nachdruck. »Aber Sie müssen meinen Vater auch
über General Ortez informieren. Sonst bin ich meines
Lebens nicht sicher, wenn ich in die Hauptstadt zurückkehre .«
» Ortez hat vor, die Regierung selbst zu übernehmen ?«
»Ja.«
»Wann?«
»Das
weiß ich nicht. Aber bald. Und wenn er erfährt, wo ich bin, wird er mich
umzubringen versuchen. Denn er weiß, ich kann seine Pläne vereiteln, falls ich
Gelegenheit habe, mit meinem Vater zu sprechen .«
»Ich
werde mein Bestes tun«, versicherte ich. »Sofern mich diese Hollywoodbanditen
nicht länger festhalten .«
»Sie
werden Sie weglassen .« Señorita Mendez kniete, während
sie sprach, langsam nieder und stellte die Kerze auf die Erde. Das flackernde Licht
schuf eine Atmosphäre zwischen uns, die der Robertsschen Libido ungemein entgegenkam. »Das haben sie mir gesagt«, flüsterte sie
unterdrückt. »Sie haben mir auch versprochen, mir eine
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