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Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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später begannen sie zu schießen. Da sich der Laster nur etwa sechs
Meter hinter dem Jeep befand, mußten die Schützen auf die Fahrerkabine
klettern, um auf Ortez zielen zu können.
    Zwei
Männer kauerten auf der Kabine, während die übrigen von der Ladefläche aus auf
uns feuerten.
    »Wenden
Sie !« schrie der Sergeant hinter mir. »Um Himmels willen,
wenden Sie !«
    Bei
dem Tempo, das wir drauf hatten, war das ein ziemlich törichter Vorschlag, wenn
ich dem Sergeanten seinen Wunsch auch nachfühlen konnte. Es ist schwer, kühl,
ruhig und Herr seiner Reaktionen zu bleiben, wenn man von einem Dutzend Wahnsinniger
beschossen wird, aber es gelang mir. Die Tatsache, daß ich auf dieser schmalen
Straße mit Bäumen und Felsgestein zu beiden Seiten gar nichts anderes tun
konnte, als den Wagen möglichst schnell zum Stehen zu bringen, erleichterte mir
eine Entscheidung.
    »Wenden
Sie! Wenden Sie !« brüllte der Sergeant, als der Wagen
mit kreischenden Reifen hielt.
    »Sie
machen wohl Witze ?« fauchte ich. »Dann werden wir
erschossen !«
    Er
drückte mir die Maschinenpistole ans Ohr. »Wenden Sie jetzt«, sagte er mit so
ruhiger Stimme, daß ich ihn nun für völlig übergeschnappt hielt. Kein Mensch,
der so hysterisch war wie er, konnte wirklich ruhig sein.
    Ich
begann, den Wagen zurückzusetzen, fuhr dann ein Stück vor bis zum Randstreifen,
setzte wieder zurück, noch einmal vor, und dann war die Wendung geschafft.
    »Sie
haben die Maschinenpistole, die anderen nur Gewehre«, stieß ich hervor. »Warum
flüchten wir ?«
    Seine
Antwort war, mir die Maschinenpistole fester ans Ohr zu pressen. Ein Argument,
das überzeugte.
    Mehrere
Kugeln schlugen in den Wagen ein, wenn auch weniger als ich erwartet hatte. Ich
sah in den Rückspiegel. Der Laster hatte etwa zweihundert Meter hinter uns
angehalten und versuchte zu wenden. Anscheinend war Ortez entkommen.
    Ich
legte den ersten Gang ein, dann hörte ich, wie einer der Hinterreifen platzte.
Wir holperten mühsam die Straße entlang. Der Sergeant fluchte.
    Das
Heckfenster zersplitterte, und der Druck der Maschinenpistole an meinem Kopf
ließ augenblicklich nach. Die Windschutzscheibe war mit einer rötlichen
Flüssigkeit eingesprüht, als habe jemand ein neues, farbiges Putzmittel
ausprobiert.
    Ich
warf einen Blick nach hinten. Dem Sergeanten fehlte ein Teil seines
Hinterkopfes.
    Die
Männer mit den Gewehren waren vom Laster gesprungen und rannten hinter mir her.
Obwohl ich das Tempo beschleunigte, kam ich nicht schnell genug voran. Der
zweite Hinterreifen zerknallte.
    Ich
griff auf den Rücksitz und tastete nach der Maschinenpistole. Als ich sie
schließlich erwischt hatte und mich wieder aufrichtete, steckte ein
dunkelhäutiger Mann grinsend einen Gewehrlauf in das geöffnete Wagenfenster auf
der Beifahrerseite.
    Wir
starrten uns an, und ich erwiderte sein Grinsen. Es war alles ein großer Spaß,
nicht wahr? Wir würden uns doch nicht gegenseitig umlegen, amigo ?
    Natürlich
hätte ich ihm durch die Tür eine Salve in den Bauch jagen können. Aber was
hätte das für einen Sinn gehabt? Alle konnte ich nicht erschießen. Ich ließ die
Maschinenpistole fallen, sie landete auf den Beinen des toten Sergeanten. Seine
grüne Uniform war blutdurchtränkt. Ich beneidete denjenigen nicht, der das
Wageninnere zu säubern haben würde.
    Langsam
öffnete ich die Tür und stieg aus. Niemand schoß, was mich angenehm
überraschte. Die Männer bildeten einen Kreis um mich. Alle schienen sehr
vergnügt zu sein.
    Keiner
von ihnen trug Uniform. Sie waren mit ausgebeulten Hosen, Baumwollhemden und
Sombreros bekleidet. Die Sachen starrten vor Schmutz und rochen nach Schweiß.
    Ein
großer Kerl, der sich wochenlang nicht rasiert hatte, fragte aufgeregt: »Sollen
wir ihn erschießen ?« Er hob sein Gewehr.
    Es
folgte ein lautstarkes Palaver. Ein sehr kleiner Mann mit rundem Gesicht und
schlaffen Wangen stieß mit düsterer Miene das Gewehr beiseite. »Das ist der
Mann, der bei Señorita Mendez war«, sagte er schroff. »Wir nehmen ihn mit .«
     
    Es
hätte Mitternacht sein können, aber ebensogut Mittag.
Ich hatte geschlafen, war aufgewacht und wieder eingeschlafen. Unterdrücktes
Flüstern war zu hören, als die Tür geöffnet wurde. Dann betrat eine undeutlich
als schmaler, brauner Schatten erkennbare Gestalt den dunklen Raum.
    Die
Tür klappte zu. Wenige Sekunden später flammte ein Streichholz auf, und
Señorita Mendez steckte eine Kerze an. Ihr nackter Körper glänzte in

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