Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
verabredet waren ?« Er sprach in einem Ton wie
mit einem verstockten Kind, das nicht sagen wollte, wo es Papas Zahnbürste
versteckt hat.
    »Mich
würde interessieren, woher Sie wissen, daß ich die Señorita treffen wollte«,
erklärte ich mürrisch.
    »Ah!«
Er lächelte genußvoll. »Ich habe gar nicht gewußt, ob Sie die Señorita treffen
wollten oder jemand anderen .«
    »Aber
Sie wußten, daß es der Señorita möglich war, mich zu treffen, sofern sie das
wollte ?«
    Diesen
Punkt ließ er gelten. »Ja«, bestätigte er gutgelaunt.
    »Woher
stammte diese Kenntnis ?«
    »Die
Señorita lief vergangene Nacht weg, nachdem Sie ihr über die Mauer geholfen
hatten — oder sie wurde erneut eingefangen«, erläuterte er wohlwollend. »Wäre
sie wieder gefangen worden, hätten Sie sich jetzt mit ihren Entführern
getroffen. Waren Sie jedoch mit der Señorita persönlich verabredet, konnte ich
unschwer daraus schließen...«
    »Okay,
okay«, unterbrach ich mißmutig. »Ich sehe ein, daß ich in diesem Spiel nur ein
Amateur bin. In Ihrem Land ist Politik wie ein Tennismatch ohne Netz. Man weiß
nie, auf welcher Seite man sich befindet. Und ich habe den Platz inzwischen so
oft überquert, daß ich schon völlig konfus bin .«
    Wir
starrten uns gegenseitig erwartungsvoll an.
    »Was
hatte die Señorita zu sagen ?« erkundigte sich Ortez vorsichtig. Sein Lächeln schien mir nicht mehr ganz
so strahlend.
    »Ich
habe Ihnen doch erzählt...«
    »Bitte
kommen Sie mir nicht noch einmal damit«, unterbrach er mich scharf. Statt zu
lächeln, verzog er mißmutig die Mundwinkel. Dann richtete er beschwörend den
Blick seiner verquollenen Augen auf mich. »Señor Roberts! Wir ziehen doch beide
am selben Strick, nicht wahr? Sie und ich wollen um des Präsidenten willen, daß
seine Tochter wohlbehalten wieder nach Hause kommt. Im Interesse des ganzen
Landes!«
    »Eine
hübsche Ansprache«, nickte ich anerkennend. »Nun müßte ich bloß noch wissen, ob
Sie sie wirklich ernst meinen .«
    Er
musterte mich verbissen. »Vor Sekunden noch sagten Sie etwas über verschiedene
Seiten. Verfolgen wir beide jetzt entgegengesetzte Ziele? Arbeiten Sie nicht
mehr für die Regierung und Präsident Mendez ?«
    »General,
ich habe bis jetzt keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was hier vorgeht,
oder was ich dabei tun kann .« Ich zuckte die Achseln
und räusperte mich. In meiner Kehle saß ein trockener Kloß, der immer größer
wurde, je mehr Staub ich schluckte. Meine Phantasie gaukelte mir einen
doppelten Bourbon auf Eis vor. Einen Augenblick lang schien mir das beschlagene
Glas wie eine Fata Morgana fast zum Greifen nahe.
    »Ich
verstehe .« Der General wandte sich dem Mann im Jeep zu
und machte eine Handbewegung. Der Soldat hob die Maschinenpistole. Ortez drehte sich wieder zu mir um. »So lange Sie sich mit
den Skrupeln auseinandersetzen, die Sie anscheinend in bezug auf Ihre Pflicht gegenüber dem Präsidenten und der Regierung plagen, kommen Sie
am besten mit uns. Ich bin gespannt auf Ihre Schlußfolgerung, und es würde mich
reizen, Ihnen in angenehmerer Umgebung noch mehr Fragen zu stellen .«
    »Na
schön, General«, sagte ich resigniert. »Sicherlich haben Sie nichts dagegen,
wenn wir auch Señor Rodriguez dazu einladen ?«
    »Señor
Rodriguez nimmt heute nachmittag an einer wichtigen Kabinettssitzung teil und hat deshalb keine Zeit.
Selbstverständlich werde ich ihm über alle wichtigen Einzelheiten unseres
Gesprächs Bericht erstatten .«
    »Selbstverständlich.«
    »Sie
folgen mir in Ihrem Wagen, Señor Roberts .« Er machte
dem Mann mit der Maschinenpistole ein Zeichen, worauf dieser ausstieg und zu
uns herüberkam. »Der Sergeant wird mit Ihnen fahren .«
    »Gute
Idee«, sagte ich. »Ich verfranze mich höchst ungern .«
    Der
General grinste und kehrte zu seinem Jeep zurück. Ich setzte mich ans Steuer,
während der Sergeant nach hinten kletterte. Dann bogen wir in die Hauptstraße
ein, in entgegengesetzter Richtung von Santango .
     
    Die
Straße war völlig leer. Selbst bei einem Tempo von siebzig Meilen pro Stunde
kam uns während der folgenden fünf Minuten niemand entgegen. Ortez fuhr etwa hundert Meter vor uns.
    Ein
Laster mit flacher Ladefläche und Seitenwänden aus Holzlatten löste sich
plötzlich vom Straßenrand, wo er hinter ein paar Bäumen verborgen gestanden
hatte, und rollte auf die Straße. Zwischen den Latten ragten Gewehrläufe
heraus, und ich konnte erkennen, daß auf der Ladefläche Männer waren.
    Eine
Sekunde

Weitere Kostenlose Bücher