Verräterisches Profil
jegliche Hoffnung schwinden. Sie schluchzt auf, ihre schreckgeweiteten Augen füllen sich mit Tränen.
»Du und deine Tochter könnt überleben«, flüstere ich ihr ins Ohr, ehe ich meine Hose aufknöpfe.
***
Peter Kleine und seine Freundin Isabella fochten erneut einen Streit aus. Peter starrte auf einen Punkt rechts neben ihrem Kopf. Eine weiße Küchenfliese mit einem winzigen Sprung. Er spürte, dass es vorbei war. Nur aussprechen wollte er diesen Gedanken nicht.
»Es hat keinen Sinn mehr.« In Isabellas Stimme lag viel Traurigkeit. Jetzt erst konnte er sie wieder anschauen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Ihm fiel das Muttermal über ihren Lippen auf. Das hatte er damals in der Diskothek zuerst an ihr wahrgenommen, während er an der Theke neben ihr gestanden und auf sein Bier gewartet hatte. Sein Blick suchte ihre braunen Augen.
»Aber –«, begann er und brach ab. Diese normalerweise unergründlichen Augen sagten ihm, dass es kein ›Aber‹ mehr gab. »Wir können uns zusammenraufen«, flüsterte er stattdessen.
»Seit wie vielen Monaten probieren wir das?« Sie bewegte ihren Kopf, wobei ihr eine Locke ins Gesicht fiel. Anmutig strich sie die Haare beiseite. »Es kommt mir vor wie Jahre.«
Ihm wurde klar, wie sehr er sie liebte. Er wollte sie nicht verlieren.
»Isa, ich liebe dich.«
»Nein, du liebst die Gewohnheit, an meiner Seite zu sein.«
Sie entglitt ihm. Doch wenn er sie nicht mit Worten überzeugen konnte, musste er ihr seine Gefühle auf andere Art verdeutlichen. Er trat vor, um sie in die Arme zu nehmen. Dabei inhalierte er ihr blumiges Parfüm. Bevor er sein Vorhaben umsetzen konnte, legte Isabella jedoch ihre Hände auf seine Brust. Sie wehrte ihn ab, stieß ihn sanft zurück.
»Ich möchte nicht umarmt werden.«
Traurig drehte er sich weg. An ihrem Kühlschrank hatte sie mit Magnetpins verschiedene Zettel festgeklemmt. Hauptsächlich Telefonnummern und Adressen. Eine dieser Handynummern schien neu zu sein. Zumindest sagte ihm der Name ›Arnulf‹ nichts.
»Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragte sie.
Peter schüttelte den Kopf. »Du kannst es wohl kaum erwarten, mich loszuwerden.«
»So war’s nicht gemeint.«
»Wie denn sonst?« Zu der Trauer gesellte sich Wut. »Mach dir keine Umstände, ich finde allein heraus.«
»Peter!«
Er rannte aus der Küche in die Diele, wo er die Wohnungstür aufriss, die er hinter sich zuknallte. Sollten ihre Vermieter ruhig wach werden. Dieses protzige Zweifamilienhaus und diese neureichen Leute hatten ihm sowieso nie gefallen. Typisch für Isabella, dass sie glänzend mit ihnen auskam. Sie strebte auch immer nach Höherem.
Peter stürmte die Marmortreppe hinunter. Glücklicherweise war die Haustür nicht abgeschlossen. Als sie hinter ihm ins Schloss fiel, war das Kapitel Isabella beendet.
Hatte sie wirklich geglaubt, dass er sich von ihr nach Hause chauffieren ließe? Lieber lief er die vier Kilometer, obwohl er hoffte, auf der Hauptstraße einen Nachtexpress zu erwischen.
Aus dem Eckhaus vor ihm trat ein völlig in Schwarz gekleideter Mann. Peter schaute ihm kurz ins Gesicht, dieser erwiderte den Blick. Dann wanderten Peters Gedanken wieder zurück zu Isabella.
Zwei Jahre ihres Lebens hatten sie gemeinsam verbracht, die meiste Zeit in perfekter Harmonie. Sie hatten von Hochzeit gesprochen. Von der Gründung einer Familie mit ein oder zwei Kindern. Sie hatten davon geträumt, zusammen alt zu werden.
Peter versuchte sich zu erinnern, wann die schlechte Phase begonnen hatte. Es fing mit Nörgeleien an, als jeder Eigenschaften am anderen entdeckte, die ihm missfielen. Immer häufiger kam es zu Streitereien, nach denen diese Traurigkeit in ihren Augen lag. Als wäre alles seine Schuld. Vor drei oder vier Monaten hatte sie zum ersten Mal gesagt, dass ihre Beziehung gefährdet sei. Wenn er so weitermache. Aber was war eigentlich mit ihren Fehlern?
Plötzlich spürte er jemanden hinter sich. Hoffte, dass es Isa sei. Er drehte sich um. Aus dem Augenwinkel registrierte er eine Bewegung, schmerzhaft traf etwas seine Schläfe. Bewusstlos brach Peter zusammen.
9
Dieses Mal hatte die Putzhilfe den schrecklichen Fund gemacht, als sie wie jeden Montagmorgen bei der Familie Beyer erschienen war.
Es gab erneut Spuren, die darauf hindeuteten, dass der Mörder sich eine Weile im Wohnzimmer aufgehalten hatte. Beate vermutete weiterhin, dass dies vor den Morden geschehen war. Abermals war auf einem Sessel ein Fotoalbum der Familie vorgefunden
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