Verrat der Finsternis
los. Er stolperte rückwärts. Der Schmerz in seinem linken Bein schoss wie ein Blitz durch seinen Körper, aber Tegan achtete kaum darauf. Wie viel hatte er von ihr getrunken?
Er riss sich zusammen, taumelte auf sie zu, berührte ihr Gesicht und ihren Hals, rief ihren Namen. „Aine! Aine, du musst aufwachen!“
Aber er wusste, dass sie nicht aufwachen würde. Nicht konnte. Er hatte fast ihr ganzes Blut getrunken. Die gesunde Farbe war ihr bereits aus dem Gesicht gewichen. Er fühlte, dass ihr Herzschlag mit jeder Sekunde schwächer wurde.
„Du darfst nicht sterben! Ich ertrage es nicht, wenn ich dich umgebracht habe.“
Später sagte er sich, dass er keine Wahl gehabt hatte. Doch das war nicht die ganze Wahrheit. Ja, was er als Nächstes tat, musste er tun, um sie zu retten. Aber er musste sie nur retten, weil er sie nicht fortgeschickt oder vor sich gewarnt hatte. Er war dumm genug gewesen, um zu glauben, er könnte den Drang, sie zu schmecken, unterdrücken. Stattdessen war er zu schwer verwundet, und der Instinkt, sich zu nehmen, was ihn heilen würde, war zu stark gewesen. Tegan hatte es gewusst, es sich aber nicht eingestehen wollen. Ihr hatte er es genauso wenig sagen können.
Hastig suchte er im Laub, bis er sein Schwert fand. Dann zerriss er sein Hemd und fügte sich mit einem kurzen, schnellen Schnitt eine Wunde über dem Herzen zu. Vorsichtig zog er Aine auf seinen Schoß, hielt ihren kraftlosen Oberkörper und drückte ihre weichen Lippen an die blutende Wunde.
„Trink, Aine! Trink, und rette dich.“
Anfangs lief das Blut ihr nur aus dem Mundwinkel, aber als sich doch ein Tropfen in ihren Hals verirrte, schluckte Aine. Die Veränderung war sofort sichtbar. Sie hielt die Augen geschlossen, aber sie hob die Arme und schlang sie um seinen Oberkörper, sodass sie die Lippen noch fester auf seine Brust pressen konnte.
Tegan stöhnte lustvoll auf, als sie mit den Armen die sensiblen Unterseiten seiner Flügel streifte und ihre Zunge über seine Haut glitt. Er wusste, dass dieser Austausch von Blut ein höchst erotisches Erlebnis war. Wegen der Nebenwirkungen dieser Intimität machten das normalerweise nur Paare. Er hatte keine Partnerin und auch nicht damit gerechnet, je eine zu haben. Während Aine von ihm trank, dachte Tegan daran, wie ungenau und leidenschaftslos ihm die Älteren die Blutlust beschrieben hatten.
Aine öffnete die Augen. Mit einem markerschütternden Schrei riss sie sich von ihm los und wich zurück. Immer wieder wischte sie sich mit dem Ärmel ihres Kleids über den Mund. In ihren schreckgeweiteten Augen spiegelte sich purer Ekel.
„Aine, warte! Lass es mich erklären“, sagte er leise, als wäre sie ein verschrecktes Rehkitz.
„Da gibt es nichts zu erklären!“ Unsicher stand sie auf. Er machte keine Anstalten, sie zurückzuhalten, als sie sich das Schwert von der Stelle aufhob, wo er es hatte fallen lassen, und es verteidigungsbereit vor sich hielt. Mit vorsichtigen Schritten entfernte sie sich rückwärts. „Ich habe versucht, dir zu helfen. Du hast versucht, mich zu töten. Das ist ja wohl offensichtlich.“
„Es tut mir leid. Ich dachte, ich hätte mich unter Kontrolle, aber ich war kurz davor, zu sterben.“
„Also hast du versucht, mich umzubringen, um dich zu retten?“
„Es stimmt, ich brauchte dein Blut, um mich zu retten, aber ich hätte dich niemals getötet.“ Er wischte sich mit der Hand übers Gesicht. „Deshalb musstet du von mir trinken. Du hast mich gerettet, kleine Heilerin, und im Gegenzug habe ich dich wiederhergestellt.“
„Wiederhergestellt? Du hast mich benutzt.“ Aine wirbelte herum und machte sich daran, aus dem Graben zu klettern.
„Geh nicht, Aine …“ Tegan versuchte, sich aufzurichten, aber das verletzte Bein gab unter ihm nach, und er fiel zu Boden.
Im selben Augenblick stieß Aine einen Schrei aus und fiel ebenfalls.
Totenblass und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. „Ich fühle deinen Schmerz. Was hast du mit mir gemacht?“
9. KAPITEL
„Wir haben unser Blut geteilt“, sagte Tegan.
„Das weiß ich, und auch wenn das widerlich ist, erklärt es aber das hier noch lange nicht!“ Aine zeigte auf ihr Bein, in dem der Schmerz nun langsam abklang, aber immer noch zu real in ihr nachhallte, als dass sie ihn als Halluzination hätte abtun können.
Tegan wandte den Blick ab, seufzte, und sah sie dann widerstrebend wieder an. „Das Teilen des Bluts ist ein Teil des Paarungsaktes bei uns. Es bindet uns
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