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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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nicht, selbst zu kommen. So vorsichtig waren sie, diese Vashanka-Anhänger, daß sie nicht selbst hierherkamen.
    Unordentlich war Ischade. In ihrem kleinen Nest von Haus lagen keine Lumpen verstreut, sondern Seidenstücke und Umhänge und Dinge, die ihr gefielen. Sie liebte Auffallendes, so waren die Vorhänge von grellem Rot, ein Samtüberwurf einer smaragdgrünen Lache gleich. Und nichts war abgestaubt oder aufgeräumt. Ein Rubinhalsband lag wie verspritzte Blutstropfen in dem wirren Durcheinander auf einem vergoldeten Tisch. Über das nie gemachte Bett war schillernde Seide geworfen, und auf dem Bettdach lag dick der Staub.
    Ischade liebte Farbe, mied sie jedoch für ihre Gewandung. Ihr Haar war wie fließende Tinte um ihr Gesicht, ihre Kleidung schwärzer als die Nacht, ihre Augen ...
    Aber der Sklave weigerte sich, sie anzusehen.
    »Schau hoch«, sagte sie, als sie die Botschaft gelesen hatte, und ihm blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Er blickte sie an. Seine Furcht verringerte sich, denn sie hatte diese Fähigkeit. Sie hielt ihn mit ihren Augen. »Ich leistete einem, den deine Herren kennen, einen Dienst - vor längerer Zeit. Sie scheinen zu glauben, das verpflichte mich. Das tut es nicht. Ist ihnen das klar?«
    Er schwieg und formte ein Nein mit den Lippen. Er wollte von niemandem ins Vertrauen gezogen werden, das war klar. Ja oder nein, was immer sie zu hören wünschte. Sein Verstand war so unklar wie seine Augen.
    »Weißt du, was hier geschrieben steht?«
    Nein, formten die Lippen erneut.
    »Sie wollen Jubal haben, den Sklavenhändler. Freut dich das?«
    Keine Antwort. Da war Furcht. Sie strapazierte ihre Nerven wie starker Wein. Es wurde immer schwieriger, zu widerstehen, doch sie spielte mit dieser Furcht, war stärker als jene, die sie verachteten, meinten - und vielleicht auch ein bißchen verrückt. Manchmal glaubte sie das, oder daß sie es werden mochte, doch manchmal hielt sie sich auch, auf kalte Weise, für völlig vernünftig. Innerlich lachte sie über diese so leicht durchschaubare Bestechung, dieses - Geschenk. Sie war kein Tier. Sie wußte immer, was sie tat. Sie trat näher an ihn heran. Ihre Finger berührten seinen Arm, während sie wie ein magisches Ritual einen Kreis um ihn wob. Als sie wieder vor ihm stand, blickte sie zu ihm hoch, denn er war groß.
    »Wer bist du?« fragte sie.
    »Haught ist mein Name.« Es war kaum mehr als ein Wispern, aber sie stand so nahe, und es gelang ihm, an ihr vorbeizuschauen.
    »Bist du als Sklave geboren?«
    »Ich war Tänzer in Caronne.«
    »Schulden?«
    »Ja«, sagte er, ohne sie anzusehen. Ich habe mich also getäuscht, dachte sie.
    »Aber kein Caronner.«
    Er schwieg.
    »Aus dem Norden«, sagte sie.
    Auch jetzt schwieg er. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Er rührte sich nicht, konnte es nicht, solange sie es so wollte, aber er versuchte es nicht einmal, sonst hätte sie es gespürt.
    »Sie fragen dich aus, über mich? Jedesmal? Und was sagst du ihnen?«
    »Es gibt nichts zu sagen, oder?«
    »Ich bezweifle, daß sie sanft mit dir umspringen. Liebst du sie, deine Gebieter? Weißt du eigentlich, wozu sie dich bestimmt haben?«
    Sein Gesicht verfärbte sich. »Nein«, beantwortete sie düster ihre eigene Frage. »Sonst würdest du davonlaufen, auch wenn du alles verlierst.« Sie tupfte auf ihn wie auf feinen Marmor, und in ihr war solcher Hunger, solches Verlangen nach etwas so Schönem -daß es schmerzte.
    »Diesmal«, sagte sie, nachdem sie diese Überlegung gut abgewogen hatte, »nehme ich das Geschenk an -aber ich tue damit, was mir gefällt. Meine Hintertür führt zum Fluß hinaus, Haught, das ist äußerst gelegen. Leichen kommen manchmal nicht mehr hoch, nicht wahr? Nicht so dicht am Meer. Also werden sie auch nicht erwarten, dich zu finden ... Lauf, so weit du kannst, hörst du? Das geschieht ihnen recht. Geh irgendwohin. Ich lasse dich frei.«
    »Ihr könnt doch nicht ...«
    »Kehr zu ihnen zurück, wenn du willst. Aber ich würde es an deiner Stelle nicht tun. Diese Botschaft braucht keine Antwort. Weißt du denn nicht, was das bedeutet? Ich würde laufen, Haught - nein, warte.« Sie trat an einen Schrank und suchte Kleidung aus: einen vornehmen blauen Umhang - viele Besucher ließen dergleichen zurück. Da waren Umhänge, Stiefel, Hemden, Wämser, alles mögliche.
    Sie warf ihm das Nötige zu, ging zum Tisch und schrieb etwas.
    »Bring ihnen das hier, wenn du es wagst. Kannst du lesen?«
    »Nein«, antwortete er.
    Sie lachte.

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