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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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seine Sinne zu sammeln und sich Lügen auszudenken, die Moria glauben würde, während ihn doch tiefe Furcht über das erfüllte, was hinter ihm geschehen mochte. Vielleicht gab es noch weitere, und Moria lief geradewegs in einen Hinterhalt, der eigentlich ihm galt. Er wagte nicht, auch nur über die Schulter zu blicken. Er erreichte das Ende der Brücke und ging pausenlos weiter, auf den verhältnismäßigen Schutz der Gassen zu. War er erst einmal dort, sagte er sich, würde alles in Ordnung sein. Moria konnte sehr gut auf sich selbst aufpassen, und sie würde sicher den Weg nach Hause finden.
    Nun war er wieder in dem Gewirr der Gassen, in seinem ureigenen Element, wo die Bettler an den Hüttenwänden kauerten und der Schmutz unter seinen Sohlen quatschte.
    Da richtete einer der Bettler sich aus seiner üblichen Kauerstellung an der Wand auf, und von hinten legte sich ein Arm um Moram und drückte eine scharfe Messerspitze an seine Kehle.
    »Na«, wurde eine kichernde Stimme laut. »Da haben wir dich ja, Falkenmaske.«
    Moria rannte nicht; obgleich dieses Gefühl in ihrem Magen danach schrie, hielt sie ihren Schritt gleichmäßig, als sie so durch die späten Nachstunden ging, während im Süden Donner grollte und aus einer drohenden Wolkenwand Blitze zuckten. Der Mond war längst untergegangen, und Moram war nicht nach Hause gekommen.
    Es herrschte eine unheimliche Stimmung in Abwind, fand sie. Nicht das kommende Unwetter war es, das hier raschelte und polterte, sondern die Obdachlosen, die auf der Suche nach irgend etwas auch nur einigermaßen Brauchbarem waren, nach Bretterstücken, nach Segeltuchfetzen und dergleichen. Und die dann ihre kostbare Beute davonschleppten wie die Krabben an der Flußmündung, um damit ihre Unterschlüpfe abzudichten, zu vergrößern oder sich erst welche zu bauen. Doch nicht sie waren es, die Moria beunruhigten, eher etwas Undeutbares, vielleicht ein Fehlen von etwas Gewohntem, wie beispielweise der alte Mann, der sonst immer in dem Türeingang gegenüber von dem ihren schlief; oder der Falkenmaskenwächter, der nicht in der Gasse war, wo er eigentlich sein sollte - und auch der zweite war nicht in der anschließenden Gasse. Beide waren verschwunden. Möglicherweise hatte Eichan sie zurückgerufen, da dieser Vis ihren Unterschlupf aufgespürt hatte.
    Doch Moram war auf der Brücke verfolgt worden, und dieser Verfolger hatte sie nicht zu ihm zurückgeführt, nachdem sie, als sie an ihm vorbei war, sich ihrerseits an ihn gehalten hatte. Die Panik brachte ihr Blut abwechselnd zum Wallen und zum Stocken, dazu kamen ihr Schuldgefühl und ihre Selbstanklage. In der kurzen Zeit, die sie gebraucht hatte, um zum Ende der Brücke zu schlendern und wieder umzukehren, war Moram verschwunden, und der Mann, der ihn verfolgt hatte, kümmerte sich offenbar nicht weiter um ihn. Er war einfach zögernden Schrittes weitergegangen und hatte die Brücke schließlich wieder stadteinwärts überquert.
    Sie hatten gedacht, Moram sei inzwischen zu Hause angekommen, doch das stimmte nicht.
    Scheinbar sorglos spazierte sie dahin, durch den noch fernen Donner, vorbei an den Obdachlosen, die vor Einbruch des Sturmes Unterschlupf finden wollten. Sie blieb auf der Straße, denn wenn etwas schiefgegangen war, war sie nirgends mehr wirklich sicher, doch verringerte sich die Gefahr, wenn sie in Bewegung blieb.
    Falkenmasken waren derzeit das gejagte Wild, und Eichan hatte sie in alle Winde verstreut.
    Es gab noch einen Ort, wo sie nachsehen könnte, dorthin ging sie jetzt - zu Mama Bechos Schenke.
    Aus der Gaststubentür fiel immer noch Licht ins Dunkel und auf die paar Gäste, die betrunken in der Gosse lagen und nichts von dem aufkommenden Sturm zu bemerken schienen. Von einem plötzlichen Windstoß fast geschoben, trat Moria in die Wirtsstube. Die Gäste waren in ihrem Suff eingeschlafen und saßen oder lagen herum. Moram war nicht unter ihnen zu sehen. Eine tiefere, schreckliche Furcht griff nach ihr, nun, da ihre letzte Hoffnung erloschen war. Aber vielleicht hatte er sich auch bloß irgendwohin verkrochen, beruhigte sie sich. Hatte sich ein Versteck gesucht und blieb dort, bis er sich sicherer fühlte. Oder er rannte immer noch, von Verfolgern gejagt, herum. Möglicherweise schlief er aber auch nur irgendwo seinen Rausch aus.
    Oder er war tot. Tot wie die anderen ermordeten Falkenmasken - wie zum Beispiel der, den man an eine Holzstütze der Brücke genagelt hatte.
    Sie wandte sich zum Gehen der Tür zu und

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