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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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ihn gehört hatte.
    Nach dem Treppensteigen ein wenig schneller atmend, als ihm lieb war, öffnete er die Tür.
    »Du kommst aber früh nach Haus!« Der Boden zitterte unter ihren Schritten, als Gilla durch die Tür der ehemaligen Nachbarwohnung kam. Hinter ihr sah Lalo den Lockenkopf ihres Jüngsten, den sie immer noch Baby nannten, obgleich er nun schon fast zwei Jahre alt war, und die ausgestreckten Arme eines älteren Kindes.
    »Ist alles in Ordnung?« Lalo nahm den Umhang ab und hängte ihn an den Wandhaken.
    »Er hatte nur einen schlimmen Traum ...« Sanft schloß sie die Tür. »Aber was ist mit dir? Ich war sicher, daß du bis zum frühen Morgen im Palast bleiben und Paradieswein mit all den hohen Herrschaften und schönen Damen trinken würdest.« Der geschnitzte Stuhl ächzte schwach, als sie sich setzte und die kräftigen Arme hob, um über die Löckchen und Wellen ihrer kunstvollen Frisur zu streichen.
    »Es waren keine Damen da ...« Taktvoll überging er die Tänzerinnen. »... nur eine unwahrscheinliche Mischung von Offizieren und Priestern und Staatsherren, schlimmer als im Basar.«
    Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte den Kopf auf die Hände. »Wenn es so langweilig war, warum bist du dann trotzdem so lange geblieben? Sag mir nicht, daß sie dich nicht gehen lassen wollten.« Ihre Augen verengten sich ein bißchen, und er errötete ein wenig unter ihrem durchdringenden Blick. Hastig begann er sein Wams aufzuhaken und wartete darauf, daß sie wieder sprechen würde.
    »Etwas ist geschehen ...«, sagte sie. »Etwas beunruhigt dich.«
    »Gilla, was würdest du zu der Überlegung sagen, daß wir Freistatt verlassen?« Hinter ihr hing der erste Entwurf für sein Bild der Sabellia, das nun den großen Tempel zierte. Gilla war dafür sein Modell gewesen, und einen Augenblick lang sah er das Doppelbild einer Frau und Göttin, und Gillas Masse erschien ihm von monumentaler Würde.
    Sie senkte die Arme und richtete sich gerade auf. »Jetzt, wo wir endlich Geld und dadurch Sicherheit haben?«
    »Wie sicher kann man denn hier sein?« Mit hängenden Schultern beugte er sich vor und strich sich mit seinen kurzen Malerfingern durch das dünne Haar. Dann erzählte er ihr, wie man sein Bild gelobt und welche Zukunft Lord Raximander ihm angeboten hatte.
    »Ranke!« rief sie aus, als er geendet hatte. »Saubere Straßen und ruhige Nächte! Aber was würde ich dort tun? All die feinen Damen würden mich auslachen ...« Für einen Augenblick sah sie erstaunlich verwundbar aus, trotz ihrer gewaltigen Größe. Dann begegneten sich ihre Augen. »Aber du hast gesagt, daß er ein Porträt haben wollte! Lalo, das kannst du nicht tun - du würdest in den kaiserlichen Kerkern enden, nicht am Hof!«
    »Selbst dort, meinst du? Aber es muß doch wenigstens einige ehrliche Männer und tugendhafte Frauen in der Hauptstadt des Reiches geben!« Lalos Stimme klang fast sehnsüchtig.
    »Wirst du denn nie erwachsen? Es geht uns hier doch jetzt gut - du bist angesehen, den Leuten gefällt, was du malst, und unsere Kinder werden die Lehrstellen bekommen, die sie gerne möchten, und sich gut verheiraten, wenn es erst soweit ist. Und jetzt willtst du hinter einem anderen Traum herjagen? Warum kannst du dich nicht einmal fest für etwas entscheiden?«
    Er drückte die Fingerspitzen auf die schmerzenden Augen und schüttelte den Kopf. Wenn er es nur wüßte - da war etwas, das ihm abging, etwas, das er in allem Neuen suchte, das er begann ... Was hat es mir genutzt, meinen Herzenswunsch erfüllt bekommen zu haben? dachte er. Wenn ich selbst immer noch der Alte bin?
    Nach einer kurzen Weile hörte er den Stuhl scharren und spürte, daß sie zu ihm kam. Er seufzte tief und erleichtert, als die Kraft und Weichheit ihrer Arme ihn umschlossen. Sie hatte ihre Haut mit Sandelholzöl betupft, und er spürte die großzügige Üppigkeit ihres Körpers durch die dünne Seide ihres Nachtgewands.
    Es änderte nichts, aber in ihren Armen konnte er seine verwirrende innere Unruhe zumindest eine Weile vergessen. Gilla küßte ihn auf seine kahle Stelle und ließ ihn los. Mit dem Gefühl, Waffenstillstand mit dem Schicksal geschlossen zu haben, folgte er ihr in das andere Zimmer.
    »Diebe!«
    Lalo sprang auf, aus dem Schlaf gerissen von Gillas Schrei und einem Krachen, das das Zimmer erschüttert hatte. War es schon Morgen? Nein, überall schien es noch dunkel zu sein. Er rieb sich die Augen, immer noch benommen von seinem Traum von

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