Verrat und Verführung
auch, Christina. Soviel ich weiß, hast du sehr viel mit ihm zu besprechen.“
Langsam erhob sich Christina. „ Falls ich Lord Rockley etwas zu sagen habe, werde ich das tun, wann ich es für richtig halte, William“, fauchte sie erbost. „Also hat er Oakbridge besucht, um mit dir über mich zu reden? Wie ich deinen Worten entnehme, wurde diese Situation arrangiert, um Rockley und mich zusammenzubringen. Und dieser unerträgliche Mann hat dir verraten, ich … ich sei …“
Auch William stand auf und ging zu ihr. Seine Schwester so zornig und unglücklich zu sehen, tat ihm in der Seele weh. „Ja, er hat mir erzählt, dass du in anderen Umständen bist.“
„Dazu hatte er kein Recht!“, schrie sie, außer sich vor Wut.
„Da er der Vater ist, war es sogar sein gutes Recht.“
Ungläubig starrte sie ihn an. „Das … hat er dir gesagt?“
William nickte. „Und wieso hast du mir verschwiegen, was euch beide verband? Wie ein Idiot kam ich mir vor, als er mich einweihte.“
„Das verschwieg ich dir, weil es nichts zu erörtern gab.“
„Offenbar doch. Die Neuigkeit hat mich völlig überrascht und entsetzt. Und ich war bitter enttäuscht, weil meine Schwester …“ Hastig unterbrach er sich, ehe ihm womöglich etwas über die Lippen kam, das sie kränken würde. „Aber es ist nun einmal geschehen. Machen wir das Beste daraus, blicken wir in die Zukunft.“ Zu seiner Tante gewandt, frage er: „Ich nehme an, sie hat sich dir anvertraut?“
Celia nickte schweigend.
„Dann hoffen wir auf eine gütliche Regelung aller Schwierigkeiten und bereiten die Hochzeit vor.“
„Nein!“, zischte Christina. Wie konnte Simon es wagen, mit ihrem Bruder eine Hochzeit zu planen, nachdem sie unmissverständlich verkündet hatte, sie würde ihn nicht heiraten? „Ich habe Lord Rockleys Antrag bereits abgelehnt.“
„Sei nicht albern, Christina!“, mahnte William vorwurfsvoll. „In welcher Lage du dich befindest, weißt du.“
„Natürlich weiß sie das“, mischte Miranda sich ein und lächelte ihre Schwägerin strahlend an. „Hör auf William, Christina. Er findet immer die beste Lösung aller Probleme. Das habe ich stets an ihm bewundert.“
William nickte ihr zu. „Danke für das Kompliment, Liebste. Sicher wird meine Schwester bald zur Vernunft kommen. Immerhin ist der schwerreiche Lord Rockley eine ausgezeichnete Partie.“
„Wie ich bereits sagte, ich habe ihn abgewiesen“, beharrte Christina.
Aber niemand schien sie ernst zu nehmen. Verzweifelt erkannte sie ihre Ohnmacht. Was sollte sie tun? Wie konnte sie sich gegen diese drei Menschen behaupten, die ihre Zukunft planten, ohne Rücksicht auf ihre Gefühle?
„Zu meinem Leidwesen wurde dein Ruf beschädigt, Christina“, fuhr William fort. „Also finde dich damit ab, du musst Lord Rockley heiraten. Falls du dich weigerst – ich erschauere bei dem Gedanken, welch ein Leben du dann führen würdest! Eine ledige Frau mit einem Kind! Unvorstellbar!“
Tränen brannten in ihren Augen, und sie kam sich hoffnungslos gedemütigt vor. Wieso musste ihr das zustoßen? In Oakbridge, als sie Buckley an jenem Tag hatte davonreiten sehen, war sie sicher gewesen, männlichen Klauen für immer zu entrinnen. Und nun drohte ihr ein neuer Zwang – die Ehe mit einem Mann, der sie nicht liebte.
Um sich gegen die Unannehmlichkeiten zu wehren, die William ihr zumutete, würde sie noch genug Zeit finden. Erst einmal musste sie das Dinner überstehen. Trotz der beschleunigten Herzschläge, die sie quälten, wann immer sie an Simon dachte, glaubte sie sich gut gerüstet und imstande, ihren Standpunkt zu vertreten: keine Heirat.
Aber nichts hatte sie auf das verwirrende Wiedersehen vorbereitet. Er traf als Letzter der Gäste ein. Zu einer Kniehose aus hellgrauem Samt trug er einen dunkelblauen Justaucorps und darunter eine weiße Seidenweste mit Silberstreifen. Am Hals und an den Handgelenken prangten schneeweiße Spitzenrüschen. Das dunkle Haar war im Nacken mit einem schwarzen Samtband umwunden. Ein gewinnendes Lächeln auf den wohlgeformten Lippen, sah er wie ein Märchenprinz aus. Sofort schaute er zu Christina hinüber, die allein in der Tür zum Salon stand. Ihr Kleid aus mehreren zarten goldenen Seidenschichten umhüllte ihre schlanke Gestalt wie eine schimmernde Wolke.
Von Simons grauen Augen herausgefordert, spürte Christina erneut die unerwünschte Hitze ihrer verräterischen Leidenschaft.
Nachdem er mit allen Anwesenden bekannt gemacht geworden war,
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