Verrat und Verführung
ich Euch.“
„Wie?“
„Ich möchte um ihre Hand anhalten – aber ich brauche Eure Hilfe, wenn ich sie bitten möchte, meinen Antrag anzunehmen.“
„Was?“ Verwirrt riss William die Augen auf. „Christina und Ihr? Aber … ich hatte keine Ahnung …“
„Nein, Ihr wart anderweitig beschäftigt“, erinnerte Simon ihn unverblümt. „Und da gibt es noch etwas, das Ihr wissen solltet. Vielleicht würde sie es vorziehen, Euch das selber zu erzählen. Aber sie ist nicht hier. Sie erwartet ein Kind.“
Aus Williams Gesicht wich alle Farbe. „Ein Kind?“, wiederholte er entsetzt. „Das … das verstehe ich nicht. Wie konnte sie … wessen Kind ist es?“
„Meines“, antworte Simon kurz angebunden.
Zitternd legte William eine Hand an seine Stirn. „Oh … ich … verzeiht mir, ich bin völlig verblüfft. Habt Ihr sie in London gesehen?“
„Ja.“
„Und Ihr wollt sie heiraten?“
„Ohne Zögern.“ Simon erwähnte nicht, wie grausam er Christina beleidigt, welch ein schreckliches Unrecht er ihr angetan hatte. Monatelang musste sie in einem Albtraum gelebt haben. Und er hatte nichts getan, um ihr beizustehen.
„Dann … was kann ich sagen? Will Christina Euch heiraten? Ist sie einverstanden? Obwohl … angesichts ihres Zustands hat sie keine Wahl.“
„Nun, sie hegt … gewisse Bedenken. Um ehrlich zu sein – sie hat meinen Antrag rundweg abgelehnt. Deshalb brauche ich Eure Hilfe, wenn ich sie umzustimmen versuche. Ich habe großen Respekt vor Eurer Schwester, William. Und ich wäre überaus stolz, wenn sie bereit wäre, mein Leben zu teilen.“
Was William soeben gehört hatte, erfüllte ihn mit Unbehagen. Die ganze Zeit hatte er sich nur um seine eigenen Sorgen gekümmert und nicht gemerkt, was zwischen Christina und Lord Rockley vorgegangen war. Nun plagte ihn sein Gewissen. Unter anderen Umständen würde er den Mann, der seine Schwester verführt hatte, zur Rechenschaft ziehen. Doch er hatte Lord Rockley sehr viel zu verdanken und durfte sich dessen Gunst nicht verscherzen.
„Morgen früh werde ich mit Miranda nach London fahren. Und ich schicke sofort einen Brief an Tante Celia, um ihr unsere Ankunft mitzuteilen.“
Simon nickte und verabschiedete sich. Umgehend kehrte er in die Hauptstadt zurück. Je länger er sich von Christina fernhielt, desto eher würden ihr Schmerz und ihr Zorn in Hass übergehen. Und das musste er verhindern.
9. KAPITEL
Aufgeregt stand Christina am Fenster ihres Zimmers. Bald würden William und Miranda eintreffen.
Am Nachmittag sah sie die Kutsche ihres Bruders vor dem Haus halten. Gemeinsam mit ihrer Tante eilte sie in die Eingangshalle. Wenige Minuten später fand eine fröhliche Begrüßung statt. Miranda und Celia wurden einander vorgestellt. Dann setzten sich alle in den Salon, um Erfrischungen einzunehmen.
Während William an seinem Tee nippte, erwähnte er beiläufig, Lord Rockley habe Oakbridge besucht und ihn über den Stand der Ermittlungen informiert.
Christina spannte sich an, ihr Rücken versteifte sich. Misstrauisch musterte sie ihren Bruder, denn sie ahnte, bei jener Unterredung müssten auch andere Dinge besprochen worden sein. Aber William gab keine weiteren Erklärungen ab. Zögernd fragte sie: „Ist … Lord Rockley auf dem Land geblieben, als ihr abgereist seid?“
„Nein, er kehrte sofort mit seinem Kammerdiener nach London zurück. Übrigens, ich war so frei, ihn für heute Abend zum Dinner einzuladen.“ Das charmante Lächeln, das er der Hausherrin schenkte, pflegte niemals seine Wirkung zu verfehlen. „Das stört dich doch nicht, Tante Celia? Wie gern du Gäste empfängst, weiß ich. Und ich dachte, eine Person mehr an deiner Tafel macht keinen Unterschied.“
„Überhaupt keinen, mein lieber Junge. Je mehr Leute, desto besser. Ich erwarte noch zwei befreundete Ehepaare – Mr und Mrs Webster und Sir John Bainbridge mit seiner Gemahlin, die kennst du ja alle, William. Außerdem …“ Geflissentlich wich sie dem prüfenden Blick Christinas aus, die allmählich an eine Verschwörung glaubte, und erschrak. „… würde ich Lord Rockley gern besser kennenlernen. So ein attraktiver Mann, fand ich, als Christina ihn mir neulich auf einem Ball in den Assembly Rooms vorstellte. Zu schade, dass sich keine Gelegenheit zu einer näheren Bekanntschaft ergab …“
„Nun, die wirst du heute Abend finden“, meinte William selbstgefällig und stellte seine Teetasse auf den Tisch. „Sicher wirst du sehr angetan von ihm sein – du
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