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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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nur wenigen querschlitzartigen Fenstern in der oberen Hälfte. Im Vorgarten eine kurz geschnittene, ebene Rasenfläche und nur sehr spärliche Bepflanzung. Minimalistische Architektur. Vor dem Eingang befand sich ein erhöhter, rechteckiger Absatz und unter der rechten Haushälfte eine Doppelgarage. Ein dunkelblauer Porsche stand darin, den Kühler zur Straße.
    Sein Ventil. So hatte er das Auto in einer seiner E-Mails genannt.
    Sie stieg aus. Sie hörte das Ticken des abkühlenden Motors und das Zwitschern der Vögel in den Bäumen, die angesichts ihrer Größe schon vor der Errichtung des Viertels dort gestanden haben mussten. In der Ferne jaulte ein Laubsauger.
    An der Eingangstür hing ein bunter Korb mit knallroten Geranien - die einzige fröhliche Dekoration an diesem spartanischen Gebäude. Ein Hinweis auf die Anwesenheit einer Frau.
    Alice.
    Noch bevor sie auf den verchromten Klingelknopf drücken konnte, wurde von innen bereits die Tür aufgezogen.
    Sie hatte die Situation bereits hunderte Male in Gedanken durchgespielt. Dennoch war sie ungenügend vorbereitet. In ihrem Hinterkopf begann eine Kamera zu klicken. Der gelassene, zugleich taxierende Blick in seinen Augen. Jeans, T-Shirt. Nackte Füße. Seine Haut war etwas blasser als vor zwei Jahren. Und sein Haar war kürzer als in ihrer Erinnerung. Millimeterkurz abrasiert, bis auf eine kleine Strähne.
    Er sah einfach unwiderstehlich aus.
    Sie verfluchte sämtliche Hormone und chemischen Verbindungen, die durch ihren Körper pulsierten und einen Kurzschluss in ihrem biologischen System verursachten. Sie konnte kein Wort hervorbringen.
    Starrte ihn nur an.
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Susan.«
    Es war eine Feststellung. Weder aus seinem Tonfall noch aus seiner Körperhaltung konnte sie ablesen, ob er sich freute, sie zu sehen, oder ob das Gegenteil der Fall war.
    »Ich … ich bin zurück aus Australien.«
    Er rührte sich nicht, blinzelte nicht einmal. Schaute sie nur unverwandt an.
    »Ich konnte einfach nicht anders«, fügte sie hinzu.
    »Was redest du denn da?« Er neigte den Kopf leicht zur Seite und musterte sie mit zusammengekniffenen Augen.
    Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob es nicht ratsamer wäre, sich einfach umzudrehen und zu gehen. Als sei sie niemals dort gewesen. Wahrscheinlich stand er mit etlichen Frauen in E-Mail-Kontakt und nur eine einzige war so dämlich zu glauben, dass sie ihm etwas bedeutete. Doch schon war dieser Moment wieder verflogen. Sie hatte sich endlich zu diesem Schritt durchgerungen und jetzt gab es kein Zurück mehr. Jetzt hieß es alles oder nichts.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte sie etwas selbstsicherer. Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie an ihm vorbei in die kühle Diele. Ihre Schuhsohlen quietschten auf den Natursteinfliesen. Gegenüber der Eingangstür führte ein breiter, offener Durchgang ins Wohnzimmer.
    Der Raum war modern und nüchtern eingerichtet. Klare Farben herrschten vor. Im Gegensatz zur Vorderfront gab es hier riesige Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten und freie Sicht auf den parkartig angelegten Garten hinter dem Haus boten. Mehrere Terrassen und ein Teich von der Größe eines mittleren Swimming-Pools. Susan sah sich alles ganz genau an und drehte sich dann erst um.
    Er stand noch immer an der Haustür. Den Türknauf in der Hand. Jetzt drückte sein Gesicht eher Neugier aus, Erstaunen. Und noch etwas anderes, das sie nicht recht in Worte fassen konnte. Respekt?
    Gespielt gelassen nahm sie auf einem knallroten Ledersofa Platz. Sie zog die Knie hoch und schlang die Arme darum. Es dauerte nur Sekunden, aber ihr kam es vor wie eine Ewigkeit, bis sie die Haustür ins Schloss fallen hörte.
    »Was hast du vor?«
    Die leisen Worte kamen von schräg hinter ihr.
    Sie schaute sich nicht um. Hier saß sie nun. Und wusste nicht weiter.
    Sie hatte eine Grenze überschritten.
    War das ein Fehler?
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie ebenfalls flüsternd.
    Sie drehte sich um, sodass sie auf den Teich blickte. Sie hatte nicht den Mut, ihn anzusehen. »Ich weiß nur, dass ich verrückt werde, wenn ich nicht bald erfahre, woran ich bin.«
    »Was meinst du denn damit?«, fragte er.
    Jetzt war es mir ihrer Selbstbeherrschung endgültig vorbei.
    Sie war ein schlechter Mensch. Sie warf sich einem verheirateten Mann an den Hals, in seinem - und ihrem - Haus. Sie drängte sich ihm regelrecht auf, denn schließlich erwiderte er ihre Gefühle nicht, oder? Das zeigte sich in seinem ganzen Verhalten.

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