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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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aus dem Rucksack und streifte sie über den Kopf. Schloss den Rucksack, setzte ihn auf und machte sich auf den Weg.
    Halb gehend, halb rennend lief er den schmalen Weg hinunter und überquerte die asphaltierte Straße zum Eingang des Yachthafens. An den Fahnenmasten blieb er stehen und warf einen Blick hinüber zu dem Wachhäuschen am Ende der Zufahrt, neben dem rechts und links rot-weiße Schlagbäume die Ein- und Ausfahrt blockierten. Zum Eingang führte eine an die zweihundert Meter lange, gerade, beleuchtete Straße. Auf der linken Seite befand sich ein Wäldchen und ein Stück weiter, in Höhe des Wachhäuschens, ein Parkplatz. Rechts von ihm stand eine Koniferenhecke, dahinter war ebenfalls Wald. Das gesamte Hafengebiet wurde von einem hohen Metallzaun umgeben.
    Er zwängte sich zwischen den Koniferen hindurch, kletterte über den Zaun und lief in nordöstlicher Richtung durch den Wald. Er musste aufpassen, wo er hintrat. Der Boden war extrem uneben, und er konnte die eigene Hand nicht vor Augen sehen. Abgestorbene Äste und Blätter knackten und raschelten unter seinen Sportschuhen. Ab und zu blieb er stehen und lauschte. In der Ferne hörte er Leute lachen und reden; das Wasser trug den Schall sehr weit. Ein Hund bellte. Musik.
    Langsam lief er weiter bis an den Waldrand, wo er wieder auf einen Zaun stieß. Wenn ihn sein Gedächtnis nicht im Stich ließ, musste er von hier aus den Steg mit den Motoryachten einigermaßen erkennen können. Doch auch hier versperrte ihm eine Reihe kräftiger Sträucher die Sicht. Er hielt sich an den Spitzen des Zaunes fest, stemmte seine Füße gegen die Streben und schwang sich auf die andere Seite hinunter.
    Sich hinter die hohen Koniferen duckend, bog er ein paar Zweige zur Seite. Vor ihm lag ein lang gestreckter Parkplatz, erleuchtet von einer einsamen Straßenlaterne, dahinter eine Grünfläche und dahinter wiederum lagen die Stege.
    Er hörte irgendetwas Metallenes knarren und quietschen. Es kam näher. Zwischen den Koniferen hindurch sah er die Umrisse eines Mannes auf einem Fahrrad.
    Ein Wachtposten!
    Der Mann fuhr in etwa fünf Metern Entfernung an ihm vorbei. Er pfiff ein Liedchen vor sich hin. Ein paar Minuten später sah Sil ihn auf demselben Weg zurückradeln. Dann verschwand er außer Sicht. Meistens hielten sich Wachtposten an eine feste Route; er musste nur noch herausfinden, in welchem Rhythmus der Mann seine Kontrollfahrten durchführte. Dann konnte er berechnen, wie viel Zeit er hatte, unauffällig zu den Booten zu gelangen. Und wie viel Zeit ihm blieb, unbemerkt wieder abzuhauen.
    Information war das A und O.
    Er merkte sich die Uhrzeit und folgte dem Zaun in Richtung des nördlichen Stegs. Am Ende des Parkplatzes war ein Hügel aufgeschüttet. Er blickte sich nach links um, sah aber keine Menschenseele. Vorsichtig trat er zwischen den Koniferen hervor und ging den Hügel hinauf. Oben kauerte er sich zusammen und kroch auf Knien und Ellenbogen weiter, bis er den Steg überblicken konnte. Das Gelände war nur spärlich erleuchtet, aber es reichte, um die Boote erkennen zu können. Er ließ den Blick am Steg entlangwandern. Beinahe hätte er die Yacht übersehen, weil sich der schwarze Stahl kaum vom dunklen Wasser abhob. Ihm stockte für einen Moment der Atem. Da, das zweite Schiff rechts außen war unverkennbar schwarz. Das musste Pauls Boot sein! Jetzt, da sich die Umrisse allmählich deutlicher abzeichneten, sah er auch, dass in der Kajüte ein schwaches Licht brannte.
    Hab ich dich, du Mistkerl!
    Er beschloss zu warten, bis das Licht in der Kajüte ausging.
    Erst gegen ein Uhr nachts wurde es ruhiger im Yachthafen. Davor waren hin und wieder Autotüren zugeschlagen worden, und Leute hatten sich voneinander verabschiedet, weit weg, in der südwestlichen Ecke des Geländes nahe dem Restaurant. Hier dagegen war es sehr still, und man hörte nichts als das leise Klatschen der Wellen gegen die Stegpfosten und die Schiffsrümpfe und dann und wann das Schnattern einer Ente. Sonst war alles ruhig. Das Licht auf der schwarzen Yacht brannte jetzt seit einer guten Stunde nicht mehr. Er hatte inzwischen herausgefunden, dass der Wachtposten etwa alle dreißig Minuten seine Kontrollrunde fuhr. Gerade erst war der Mann in Richtung des Restaurants verschwunden. Es wurde Zeit, aktiv zu werden.
    Er holte ein Paar dünne Handschuhe aus seinem Rucksack und streifte sie über.
    »Showtime«, flüsterte er leise, hauptsächlich, um sich selbst anzustacheln. Der vertraute

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