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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Adrenalinstoß pulsierte durch seine Adern. Er ließ sich von dem flachen Hügel hinunterrutschen und ging hinüber zu dem Steg, der von einem etwa einen Meter vierzig hohen Tor versperrt wurde. Behutsam, um so wenig Lärm wie möglich zu verursachen, hielt er sich mit beiden Händen an einem der Torpfosten fest und schwang sich vom Kai aus hinüber auf den Steg. Geräuschlos passierte er das erste Boot und gelangte an das Heck des zweiten. 4Seasons - Naarden stand in zierlich geschwungenen Buchstaben auf dem Rumpf. 4Seasons, Programs4You ging es ihm durch den Kopf - das konnte kein Zufall sein. Er war an der richtigen Adresse.
    Er zog die HK aus dem Holster, holte den Schalldämpfer aus der Seitentasche seiner Jacke und schraubte diesen auf das Gewinde. Er setzte einen Fuß auf das Achterdeck des Bootes und ging auf die Glasschiebetür zu, durch die man in die Kajüte gelangte. Die Tür stand einen Spalt offen. Das war merkwürdig und ließ ihn einen Moment zögern. Vielleicht mochte Paul frische Luft und vertraute blind auf die Bewachung, die hier besser war als in manch anderem Hafen. Aber vielleicht schlief er auch noch gar nicht, sondern saß in der dunklen Kajüte und lauschte jedem seiner vorsichtigen Schritte auf dem Deck.
    Mucksmäuschenstill blieb er stehen. Er versuchte, irgendetwas in dem Raum hinter der Schiebetür zu erkennen, aber es gelang ihm nicht. Alles, was er sah, war ein rechteckiges schwarzes Loch.
    Dann konzentrierte er sich auf die Geräusche. Er hörte nichts als das beruhigende Plätschern des Wassers. Vorsichtig schob er die Glastür weiter auf und zwängte sich seitlich in die Kajüte hinein. Presste sich gegen die Wand und ging hinunter in die Hocke. Wartete. Lauschte. Nahm die neue Atmosphäre in sich auf und ließ seinen Augen Zeit, sich an die fast vollständige Dunkelheit zu gewöhnen. Nach und nach begannen sich graue Umrisse in der Kajüte abzuzeichnen. Vor ihm führte eine Treppe nach oben, vermutlich zum Ruderhaus. Zu beiden Seiten der Treppe führten weitere Stufen nach unten. Rechts von ihm befand sich eine Nische, in der ebenfalls eine kleine Treppe nach unten führte.
    Er hörte noch immer nichts. Er schaute auf die grün aufleuchtenden Zeiger seiner Uhr. Schon acht Minuten vergangen. Noch war es zu schaffen. Falls nichts Unvorhergesehenes geschah und Paul brav mitkam. Falls Paul überhaupt hier war. Er ging die Treppe hinunter und legte ein Ohr an die Tür. Nichts. Einige kostbare Sekunden lang blieb er stehen, dann öffnete er die Tür. Sie führte zu einem Badezimmer mit großer, runder Badewanne, einem Doppelwaschbecken, einer Toilette und einer Dusche. Es roch nach Aftershave. Irgendetwas lag auf dem Boden, es sah aus wie ein gebrauchtes Handtuch. Ein Handtuch. Wenn Paul in weiblicher Begleitung gewesen wäre, hätten mindestens zwei Handtücher dort gelegen. Vielleicht hatte er Glück.
    Leise schlich er durch die Kajüte bis zu der Tür ganz rechts, zu der die Stufen hinaufführten. Plötzlich blieb er stocksteif stehen. Horchte aufmerksam. Gedämpftes Schnarchen drang durch die Wurzelholztür.
    Wieder schoss ein Adrenalinstoß durch seinen Körper. Jetzt wurde es spannend.
    Er öffnete die Tür so leise wie möglich. Ging in die Hocke und kroch auf allen vieren in das Zimmer hinein. Pauls Schlafzimmer wurde matt erhellt durch das Licht, das von draußen durch die großen, ovalen Bullaugen hereinfiel. Der scharfe Geruch von Alkohol stieg ihm in die Nase. Von hochprozentigem Alkohol.
    Paul schnarchte ungestört weiter. Besonders vorsichtig brauchte er jetzt nicht mehr zu sein. Er hockte sich an das Fußende des Bettes, holte seine Maglite heraus und leuchtete am Bett entlang. Eine benutzte Unterhose, ein Buch, eine Fernbedienung. Behände wie eine Schwarze Witwe kroch er auf die Seite des Bettes, auf der Paul schlief. Sah eine leere Flasche Jack Daniel’s auf dem schwarzen Teppichboden liegen. Pauls Hand baumelte darüber, als habe er die Flasche festgehalten, bis er vom Schlaf übermannt wurde und die Flasche ihm aus den Fingern gerutscht war.
    Sil umklammerte unwillkürlich den Griff seiner HK. Er richtete sich auf. Gerade als er Paul aus seinem benebelten Schlaf reißen wollte, fiel sein Blick auf ein Nachtschränkchen. Er öffnete die Schublade. Ein kleiner Revolver. So ein ziseliertes Kitschding. Er klemmte das Ende der Taschenlampe zwischen die Zähne und überprüfte den Zylinder. Die Waffe war geladen. Er klopfte die Patronen eine nach der anderen heraus und

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