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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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steckte sie in seine Jackentasche. Legte den Revolver zurück und schloss die Schublade.
    Dann richtete er den Lauf seiner HK auf den Kopf des schlafenden Mannes und den Lichtstrahl der Taschenlampe auf dessen Gesicht.
    »Aufwachen, Scheißkerl!«
    Er sagte es nicht wirklich laut, aber nach so vielen Stunden der Stille klang es wie Donnerhall. Paul schreckte sofort aus dem Schlaf. Die Augen weit aufgerissen, die Haare wild abstehend.
    »Wa…s?«
    »Hinsetzen!«
    Nach außen hin blieb er eiskalt, aber unter der Oberfläche rauschte das Blut in seinen Adern, und sein Herz pochte wie wild. Noch nie im Leben hatte er einen Menschen so sehr gehasst. Doch er wusste auch, dass er seine Gefühle unter Kontrolle behalten musste. Ruhig bleiben. Er musste seine Gedanken beisammenhalten, bei jedem Schritt, bei jeder Bewegung.
    »Wer bist du? Was willst du von mir? Was ist hier los?«
    »Wer ich bin spielt keine Rolle. Nur, wer du bist. Ein Scheißkerl, der es nicht verdient hat, am Leben zu sein.«
    Paul schwieg. Sil vermutete, dass er nachdachte und dass dieser Prozess einige Zeit in Anspruch nehmen konnte, weil sein Gehirn vom Alkohol umnebelt war. Plötzlich hechtete Paul zu der Nachttischschublade hin, griff nach dem Revolver und zielte auf Sil.
    Ein metallisches Klicken ertönte. Der Schuss blieb aus.
    »Du schläfst zu tief«, sagte Sil nicht ohne Schadenfreude. Er wusste jetzt, dass er Paul genau im Auge behalten musste.
    »Was willst du? Ich habe kein Geld hier!«
    »Dein Geld interessiert mich nicht.«
    »Was soll das eigentlich? Wer bist du? Wovon redest du überhaupt?«
    Plötzlich weiteten sich seine Augen. »O … o … Scheiße! Maier? Sil Maier?«
    Paul hatte ihn an der Stimme erkannt. Egal. Das war kein Grund, seine Sturmhaube auszuziehen. Sie würden den Teppichboden mit dem Staubkamm abziehen. Jede Faser, jedes Härchen, das gefunden wurde, würde bis in die kleinsten Details analysiert. Er wollte keine DNA-Spuren hinterlassen. Nicht eingesperrt werden. Nicht wegen eines solchen Dreckskerls wie Paul. Er war es nicht wert.
    »Zieh dich an. Wir hauen hier ab.«
    Mit unkontrollierten Bewegungen kroch Paul aus dem Bett. Er trug nichts als ein weißes Unterhemd, unter dem sein Pimmel hervorbaumelte. Für Paul, der es gewöhnt war, als Respektsperson behandelt zu werden, musste die Situation erniedrigend sein. Sil war zufrieden. Paul konnte gar nicht genug erniedrigt werden für das, was er mit Alice getan hatte. Sil steckte die Taschenlampe ein und trat einen Schritt zurück. Schob eine Schranktür auf und zog auf gut Glück einen Stapel Kleidungsstücke heraus. Warf den Stapel auf das Bett. Seine Waffe hielt er die ganze Zeit über auf Paul gerichtet.
    »Schau nach, ob was dabei ist. Draußen ist es kalt.«
    Steif zog sich Paul an. »Wohin gehen wir?«
    »Das wirst du gleich sehen.«
    Im schummrigen Laternenlicht, das durch die Bullaugen hereinfiel, sah er, dass Paul am ganzen Leib zitterte. Es lag nicht am Alkohol. Auch nicht an der Kälte. Er zitterte vor Angst. Vor Todesangst.
    Irgendwie befriedigte ihn diese Vorstellung.
    Rasch schaute er auf die Uhr. Noch zwölf Minuten. Die Zeit wurde knapp.
    »Wo hast du deinen Autoschlüssel?«
    »In meiner Manteltasche. In der Kajüte, auf dem Sofa.«
    »Nimm ihn mit.«
    Die HK auf Pauls Rücken gerichtet, ging er hinter ihm her in die Kajüte, nahm im Vorbeigehen den kleinen Revolver vom Bett und steckte ihn in seine Jackentasche.
    »Zieh deinen Mantel an.«
    Paul tat, wozu er aufgefordert wurde, und schaute Sil abwartend an.
    »Und jetzt tust du genau das, was ich sage.« Sil sprach mit ihm wie mit einem dummen Schuljungen. »Du gehst mir voraus den Steg entlang, durch das Eingangstor und dann den kleinen Hügel hinauf, in einer geraden Linie bis an den Zaun. Du schlüpfst durch die Koniferen, wendest dich nach rechts und gehst zwischen Hecke und Zaun entlang in Richtung der Wachhäuschen. Ich bleibe dabei die ganze Zeit hinter dir.«
    Paul nickte.
    »Und noch etwas. Du gibst keinen Ton von dir. Du stolperst nicht. Du versuchst nicht abzuhauen. Ein Mucks und ich schieß dir den Kopf weg, verstanden?«
    Paul nickte wieder.
    »Was … Was hast du vor?«
    »Wir fahren ein Stückchen.«
    Im Wald war es still und dunkel. Der Motor des BMW brummte leise und war durch die Doppelfenster kaum hörbar. Sil saß auf der Rückbank, im weichen, schwarzen Leder, hinter Paul, die HK auf dessen Hinterkopf gerichtet.
    »Was machen wir hier?«
    »Schalte den Motor aus und lass den

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