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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Immer wieder blickte er über die Schulter. Noch immer war von seinem Versteck aus kein Mensch zu sehen, aber das konnte sich jeden Moment ändern.
    Zum zweiten Mal an diesem Tag legte er sich auf den kalten Boden und versuchte, eine bequeme Haltung zu finden. Es könnte ein äußerst langweiliger Abend werden. Besser, er bereitete sich schon einmal darauf vor.

16
     
    Sie betraten die Kantine. Abgesehen von den Postern verschiedener Waffenfirmen an den Wänden und Fotos von Männern, die in der Hocke sitzend stolz in die Zielfernrohre ihrer angelegten Gewehre schauten, gab es keinen Unterschied zum Vereinsheim eines Fußballclubs. Susan fiel auf, dass nicht nur Männer anwesend waren, sondern auch Frauen, von denen einige die fünfzig schon hinter sich gelassen hatten. Sie trugen kleine Koffer mit Waffenlogos bei sich und glichen im Übrigen jenen älteren Damen, die sie manchmal in den Angebotskörben von Bekleidungsgeschäften wühlen sah oder die sich mit schweren Einkaufstaschen vom Markt abschleppten. Nicht gerade der Typ Frau, den sie hier erwartet hätte. Vielleicht musste sie wirklich ihre Vorurteile über Schützenvereine revidieren.
    Sven trat an einen Schalter, wo sie ein Formular mit ihrer Adresse ausfüllen und unterschreiben musste.
    Rechts von dem Schalter befand sich eine Tür, neben der etliche bunte Schallschützer hingen. Sven nahm zwei von einem Haken und reichte ihr ein Paar.
    »Gegen den Lärm«, erklärte er. »Die brauchst du, sonst hörst du zwei Tage lang nicht mehr viel.«
    Susan setzte die Schallschützer auf und plötzlich wurde es still. Sie fragte sich, wie man sich mit einem solchen Ding auf den Ohren verständigen konnte. Doch es ging besser, als sie dachte.
    Sven öffnete die Tür und ging ihr voraus durch einen Windfang. In der Kantine war es ziemlich ruhig gewesen, es lief Hintergrundmusik, und Leute unterhielten sich. Jenseits der Tür dagegen kam man sich vor wie im Krieg. Susan hörte lautes Knallen, von einem leichten Peng bis zu einem dröhnenden Donnern, das sie an Kanonenschüsse erinnerte. Es gab an die zehn Schießstände mit einer niedrigen Decke darüber. Geschossen wurde auf Pappscheiben, die von Schienen herunterhingen. Die Wände waren mit schalldämpfendem Material verkleidet. Das laute Knallen drang durch die Schallschützer hindurch. Natürlich hatte Susan gewusst, dass Schießen Lärm verursacht, aber dass es so laut krachte, hatte sie nicht erwartet. Manchmal hörte es sich an, als sei eine Granate explodiert.
    Susan rieb sich die Hände. Es war kalt.
    Sven sah, wie sie zitterte.
    »Das liegt an der Entlüftungsanlage«, erklärte er. »Die Pulverdämpfe müssen abgesaugt werden.«
    Sie nickte.
    »Du hast Glück«, sagte er. »Normalerweise wirst du bei der Einführung vom Schießstandleiter begleitet, aber weil ich auch hin und wieder diese Aufgabe übernehme, ist es kein Problem, dass ich dich heute anleite.«
    Ein älterer Mann mit Filzhut und Jagdgewehr packte an Stand acht seine Siebensachen zusammen und Sven ging hinüber. Susan folgte ihm. Auf die Ablage vor ihnen legte er eine Waffe mit Holzgriff.
    »Das ist eine Pistole mit dem Kaliber.22«, erklärte er. »Hiermit fängst du an, zur Eingewöhnung. Sie hat kaum Rückschlag, deshalb ist sie ideal für Anfänger. Nimm sie ruhig mal in die Hand, sie ist nicht geladen.«
    Susan griff nach der Waffe, die relativ leicht war. Sie schaute von unten in den Griff hinein, aber er war leer. Sie legte die Pistole wieder hin. Hatte keine Ahnung, was sie damit anfangen sollte.
    Sven lächelte. »Okay«, sagte er. »Regel Nummer eins: Behandle jede Waffe, als sei sie geladen. Du darfst damit nie, ich wiederhole: niemals, auf jemanden zielen. Auch nicht aus Versehen.«
    Susan nickte.
    »Den Abzug«, fuhr er fort, »betätigst du mit dem Zeigefinger, und das tust du nur, während du zielst. Wenn du also eine Pistole in die Hand nimmst, legst du deinen Zeigefinger, nennen wir ihn mal Abzugsfinger, seitlich neben den Abzug. So kannst du nie versehentlich einen Schuss abgeben.«
    Er nahm die Waffe in die Hand und demonstrierte es ihr. Es sah ganz leicht aus. Bis dahin schien es nicht weiter kompliziert zu sein.
    »Und jetzt tu mal so, als würdest du schießen«, sagte er.
    Sie nahm die Haltung an, die sie aus dem Fernsehen kannte: die Beine leicht gespreizt, die Knie etwas gebeugt und die Pistole mit beiden Händen umklammernd. Sie fand, dass es ziemlich professionell aussah, zugleich aber auch lächerlich. Es war

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