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Verruchte Lady

Titel: Verruchte Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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Packpapier entfernt hatte, starrte er auf das vertraute Buch. Dies war das erste Geschenk, das Phoebe ihm gemacht hatte. Nein, dachte er, das stimmte nicht. Das erste Geschenk war sie selbst gewesen. Dies war bereits ihr zweites Geschenk.
    Und sie hatte von ihm bisher noch gar nichts erhalten.
    Um Mitternacht war Phoebe immer noch hellwach. Sie saß in Nachthemd und Morgenmantel im Sessel neben dem Fenster und starrte hinaus in die Dunkelheit. Das Fenster hatte sie geöffnet, um die kühle Nachtluft hereinzulassen. Das half ihr beim Nachdenken.
    Sie dachte bereits seit Stunden nach.
    Sie war den ganzen Nachmittag und Abend in ihrem Zimmer geblieben, und allmählich wurde sie von einer gewissen Rastlosigkeit erfüllt. Sie kam zu dem Schluß, daß sie zum Schmollen nicht geschaffen war. Offenbar hatte sie einfach nicht die nötige Ruhe dazu.
    Gewiß, unmittelbar nach der Auseinandersetzung in der Bibliothek hatte sie erst einmal kräftig geheult, aber danach hatte sie rasch angefangen, sich zu langweilen. Als sie sich geweigert hatte, zum Abendessen zu erscheinen, hatte sie halbwegs erwartet, daß Gabriel an ihre Tür hämmern und ihr befehlen würde, herunterzukommen. Statt dessen hatte er ihr Tee und Toast aufs Zimmer geschickt. Und jetzt war Phoebe extrem hungrig.
    Sie wußte, daß Gabriel in seinem Club gegessen hatte. Er war eine ganze Weile fort gewesen und erst vor wenigen Minuten zurückgekommen. Sie wußte, daß er jetzt in seinem Schlafzimmer war. Sie hatte gehört, wie er seinen Kammerdiener hinausgeschickt hatte. Wehmütig blickte sie auf die geschlossene Verbindungstür zu Gabriels Zimmer. Ihr Gefühl sagte ihr, daß er heute nacht nicht herüberkommen würde. Sein Stolz würde es nicht zulassen.
    Phoebe dachte über ihren eigenen Stolz nach. Noch vor einigen Stunden war er ihr wie ein unüberwindliches Hindernis erschienen, aber inzwischen war er ihr nicht mehr so wichtig.
    Gabriel war wirklich ein unerträglicher Ehemann, aber es gab durchaus mildernde Umstände. Er hatte eben auf seine Weise versucht, sie zu beschützen. Und es hatte ihn ganz offensichtlich überrascht, daß sie das nicht zu schätzen wußte.
    Sie mußten eben noch eine Menge übereinander lernen.
    Phoebe stand langsam auf und ging hinüber zur Verbindungstür. Sie legte ihr Ohr an das Holz und lauschte angestrengt. Aus dem anderen Zimmer drang kein Laut herüber. Gabriel lag wohl schon im Bett. Wahrscheinlich käme ihm niemals der Gedanke, daß er derjenige war, der sich entschuldigen sollte. Der Mann konnte manchmal unglaublich begriffsstutzig sein.
    Phoebe atmete tief ein, nahm all ihren Mut zusammen und öffnete vorsichtig die Tür. Sie spähte um die Ecke und sah, daß Gabriel in einem Sessel saß. Er trug seinen schwarzen Hausmantel, und in seinem Schoß lag ein aufgeschlagenes Buch. Er las im Schein der Kerze, die auf dem kleinen Tischchen neben ihm stand.
    Als Phoebe zögernd den Raum betrat, blickte er auf. Sein Gesicht war eine dunkle, grüblerische Maske. Phoebe erschauderte, aber sie kreuzte die Arme vor der Brust und schob ihre Hände in die Ärmel ihres Morgenmantels. Kurz vor ihm blieb sie stehen und räusperte sich leise.
    »Guten Abend, Mylord«, sagte sie höflich.
    »Guten Abend, Madam. Ich dachte, daß Sie bereits schlafen.«
    »Ja, nun, ich konnte nicht einschlafen.«
    »Ich verstehe.« In seinen Augen blitzte Zufriedenheit auf. »Bist du gekommen, um dich für deinen Wutanfall und für dein Schmollen zu entschuldigen?«
    »Natürlich nicht. Ich hatte schließlich allen Grund, wütend zu sein und anschließend so lange zu schmollen, wie ich wollte.« Sie trat einen Schritt näher und warf einen Blick auf das Buch, das er in den Händen hielt. Ihr Herz machte einen Sprung, als sie sah, was es war. »Wie ich sehe, liest du Malorys Morte D’Arthur.«
    »Ja. Ich bin wirklich froh, daß ich es wiederhabe.« Gabriel lächelte leicht. »Ich glaube, ich habe mich noch gar nicht ordentlich dafür bedankt.«
    »Schon gut.« Es reichte ihr zu wissen, daß ihm das Geschenk gefiel. »Ich freue mich, daß es mir gelungen ist, das Buch aufzutreiben.«
    Gabriel wandte den Blick nicht von ihrem Gesicht. »Ich versichere dir, daß ich mich eines Tages dafür revanchieren werde.«
    »Oh, wir sind bereits quitt«, sagte sie. »Schließlich habe ich ja indirekt durch dich Die Lady im Turm zurückbekommen, nicht wahr?«
    »So kann man es auch sehen.« Gabriel blickte sie weiter unverwandt an. »Warum konntest du nicht

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