Verruchte Lady
»Du vertraust mir also nicht genug, um zu wissen, daß ich deine Version dessen, was in der Südsee passiert ist, glaube.«
»Ich will kein Risiko eingehen.« Gabriel erhob sich und stapfte hinüber zu dem kleinen Tisch, auf dem der Brandy stand. »Ich kenne Baxter einfach zu gut. Der Mann ist ein gewissenloser Lügner.«
»Aber das heißt noch lange nicht, daß ich seine Lügen auch glauben würde.« »Warum nicht?« Gabriel nahm einen kräftigen Schluck und knallte sein Glas auf den Tisch. »Du hast ihm schließlich schon einmal geglaubt.«
Phoebe sprang auf und preßte das Paket an ihre Brust. »Das ist nicht fair. Damals war ich noch viel jünger als heute. Ich hatte nicht dieselbe Erfahrung wie jetzt.«
Er fuhr zu ihr herum. »Erfahrung? Du meinst, du hast genug Erfahrung, um mit einem Mann wie Neil Baxter fertig zu werden? Du bist eine leichtsinnige, naive, impulsive kleine Närrin. Glaub mir, wenn ich dir sage, daß du keine Gegnerin bist für die Baxters dieser Welt.«
»Spricht nicht in einem solchen Ton mit mir, Gabriel.«
»Ich spreche mit dir, wie es mir paßt.«
»Nein, das wirst du nicht. Außerdem will ich nicht, daß du irgendwelche verhutzelten Männchen anheuerst, die mir ohne mein Wissen nachspionieren. Das ist sehr unangenehm, und ich werde es nicht zulassen. Wenn du möchtest, daß jemand auf mich aufpaßt, dann mußt du das vorher mit mir besprechen.«
»Ach ja?«
Phoebe reckte zornig das Kinn. »Allerdings. Ich entscheide selbst, ob es mir paßt, daß mir jemand hinterherschnüffelt. Und ich muß sagen, da deine einzige Sorge darin besteht, daß Neil mit mir sprechen könnte, sehe ich keinerlei Grund dafür, daß Stinton mir wie ein Schoßhund folgt.«
»Dann bist du noch naiver, als ich dachte.«
»Verdammt, Gabriel. Ich bin durchaus in der Lage, mit Neil fertig zu werden.«
Gabriel machte einen Schritt auf sie zu und umfaßte ihr Kinn mit einer Hand. »Du weißt nicht, was du da sagst. Du kennst deinen goldhaarigen Lancelot nicht so gut, wie ich ihn kenne.«
Sie errötete. »Er ist nicht mein Lancelot.«
»Aber er war es einmal.«
»Das ist drei Jahre her«, tobte Phoebe. »Jetzt ist alles anders. Gabriel, du mußt mir glauben, wenn ich dir sage, daß nicht die geringste Gefahr besteht, daß ich mich von Neil Baxter verführen lasse. Du mußt mir vertrauen.«
Gabriel sah die Verzweiflung in ihrem Blick und merkte, daß er schwankte. »Es ist keine Frage des Vertrauens. Es ist eine Frage der Vorsicht.«
»Das ist nicht wahr. Es ist eine Frage des Vertrauens. Gabriel, du hast mir deutlich zu verstehen gegeben, daß du mich nicht liebst. Wenn du mir noch dazu nicht einmal vertraust, dann haben wir nichts mehr, was uns verbindet.«
Nichts mehr, was uns verbindet. Schmerz und Zorn wallten in seinem Inneren auf und zerrten an seiner Seele. Gabriel kämpfte um seine Selbstbeherrschung. »Ganz im Gegenteil. Wir haben durchaus etwas, das uns verbindet.«
»Was denn, bitte schön?« schrie sie herausfordernd.
»Wir sind zum Beispiel miteinander verheiratet«, sagte er mit kalter Stimme. »Du bist meine Frau. Du wirst tun, was ich dir sage, und du wirst dich den Vorsichtsmaßnahmen beugen, die ich für angemessen halte. So sieht es aus. Und genau aus diesem Grund wirst du nicht noch einmal versuchen, Stinton abzuhängen.«
Sie kochte vor Wut. »Und wenn ich es doch tue?«
»Wenn du das tust, werde ich dir verbieten, überhaupt noch wegzugehen. Du wirst im Haus bleiben.«
Phoebe starrte ihn entgeistert an. Ihr Blick verriet Zorn und noch etwas anderes. Schmerz. Einen Augenblick stand sie reglos da und umklammerte das Paket, das sie mitgebracht hatte.
»Also stimmt es«, sagte sie schließlich mit dumpfer, trauriger Stimme. »Zwischen uns gibt es nicht einmal Vertrauen und gegenseitigen Respekt. Wir haben wirklich nichts, was uns verbindet.«
»Verdammt, Phoebe.«
»Hier. Das ist für dich.« Sie drückte ihm das Päckchen in die Hand. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und marschierte in Richtung der Tür.
»Phoebe, komm zurück.«
Sie drehte sich noch nicht einmal um. Wortlos verließ sie die Bibliothek.
Lange Zeit starrte Gabriel auf die geschlossene Tür. Dann ging er zu seinem Schreibtisch zurück, wo er sich erschöpft auf seinen Stuhl sinken ließ.
Er verspürte ein seltsames Gefühl von Taubheit. Ein paar Minuten lang sah er das Päckchen an, das vor ihm lag, und dann machte er sich langsam und mechanisch daran, es zu öffnen.
Als er schließlich das braune
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