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Verruchte Lady

Titel: Verruchte Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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und fragte nach einem Platz in der Kutsche nach London.
    »Es gibt keine Plätze mehr, Ma’am«, sagte die Frau des Gastwirts ohne eine Spur von Mitgefühl. »Ich hab’ schon gestern alle Fahrkarten verkauft. Aber ich kann Ihnen einen Platz in der Kutsche geben, die morgen früh um zehn fährt.«
    »Aber ich muß heute abend wieder in London sein«, sagte Phoebe.
    »Sie werden schon bis morgen warten müssen.« Die Frau blickte sie an. »Ich kann Ihnen für heute nacht ’n Zimmer
    geben.«
    »Nein, danke. Ich werde bestimmt nicht die Nacht hier verbringen.« Allmählich begriff Phoebe das ganze Ausmaß der Katastrophe. Ihr Ruf wäre ruiniert, wenn irgend jemand dahin-
    ter käme, daß sie gezwungen war, eine Nacht allein in diesem Gasthaus zu verbringen.
    Sie zog ihren Schleier tiefer und hinkte in den Speiseraum des Gasthauses, um etwas zu essen. Sie mußte nachdenken, und da konnte sie nicht, wenn sie am Verhungern war.
    Sie war sich durchaus bewußt, daß mehrere Anwesende sie neugierig anstarrten, als sie sich an einen der Tische setzte Alleinreisende Damen waren derartigen Blicken häufig ausgesetzt. Und wenn es erst einmal dunkel wurde, würde es noch schlimmer werden.
    Sie fragte sich, ob Gabriel wohl inzwischen wußte, daß sie davongelaufen war. Der Gedanke tat nichts, um ihre Stimmung zu heben. Wenn er dahinterkam, daß sie die Stadt verlassen hatte, würde er den Gedanken an eine Hochzeit vielleicht ganz aufgeben.
    Sie mußte zurück, ehe er bemerkte, daß sie fort war. Was für eine idiotische Idee diese Flucht doch gewesen war. Vielleich fände sie ja eine Familie, die in ihrer Kutsche nach London unterwegs war. Wenn eine solche Familie überhaupt hier hielt Aber das würde bedeuten, daß sie ihre Identität preisgeben müßte. Und das wagte sie nicht.
    Phoebes Verzweiflung wuchs. Sie mußte einen Weg finden, um unbemerkt zurückzukommen. Verstohlen musterte sie die anderen Anwesenden, um zu sehen, ob einer von ihnen ihr vielleicht helfen konnte. Einige von ihnen waren bestimmt auf dem Weg nach London. Vielleicht konnte sie ja irgendwem eine Fahrkarte abkaufen, wenn sie das Doppelte oder Dreifache des Preises bot
    In diesem Augenblick spürte sie, wie ihr ein Schauer den Rücken hinablief. Sie sah sich eilig um und stellte verblüfft fest, daß Gabriel durch die Tür des Speiseraums kam.
    Er war hier.
    Freudige Erleichterung wallte in ihr auf. Er war ihr nachgekommen. Doch er hatte noch nie so gefährlich ausgesehen. Sein Gesicht war drohend wie das eines Falken, und seine Augen waren schmale Schlitze aus grünem Eis. Einen Augenblick stand er reglos in der Tür und sah sich um.
    Phoebes Magen zog sich zusammen. Dies war kein edler Ritter, der seiner Liebsten nachgeeilt war, um sie zu überreden, mit ihm zurückzukommen. Gabriel sah nicht aus, als sei er in der Stimmung, ihr seine unsterbliche Liebe und Ergebenheit zu schwören.
    Einen Augenblick saß Phoebe wie erstarrt auf ihrem Stuhl, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, sich ihm in die Arme zu werfen, und dem ebenso starken Bedürfnis, davonzulaufen. In dieser Sekunde der Unentschlossenheit fiel Gabriels Blick auf ihr verschleiertes Gesicht.
    Er schien sie sofort zu erkennen. Vielleicht lag es an ihrem leuchtenden, violetten Reisekleid. Er kam direkt auf sie zu, wobei seine schlammbespritzten Stiefel laut auf dem Holzboden dröhnten. Mehrere Köpfe wandten sich neugierig zu ihm um, doch er sah weder nach links noch nach rechts. Er wandte den Blick nicht ein einziges Mal von Phoebe.
    Als er ihren Tisch erreichte, wagte sie kaum zu atmen.
    »Ich bin enttäuscht von dir, Phoebe«, sagte Gabriel mit regloser Stimme. »Es paßt nicht zu dir, einfach vor einem Problem davonzulaufen. Im allgemeinen stellst du dich einer Sache und kämpfst.«
    Das war zuviel. Phoebe sprang auf. Zorn wallte in ihr auf. »Ich bin nicht davongelaufen. Tatsächlich warte ich auf die nächste Kutsche zurück nach London.«
    Gabriel zog die Brauen hoch. »Ach ja?«
    »Ja. Sie können ja die Frau des Gastwirts fragen, wenn Sie mir nicht glauben. Sie wird Ihnen sagen, daß ich versucht habe, eine Fahrkarte zu kaufen.«
    »Versucht?«
    »Es war nicht meine Schuld, daß es keine freien Plätze mehr gab«, schnauzte Phoebe ihn an. »Ich hatte vor, jemand anderem seine Fahrkarte abzukaufen.«
    »Ich verstehe.« Gabriels Stimme wurde etwas sanfter, und seine Augen verloren ihren harten Glanz. »Nun, es ist egal, ob es noch einen freien Platz gibt. Du wirst keinen brauchen.«
    Sie

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