Verruchte Lady
will?«
»Ich weiß kein anderes Mittel, um dich zur Ruhe zu bringen und deine Exzentrik ein wenig zu zügeln, als dich endlich zu verheiraten«, erwiderte Clarington. »Es ist wirklich an der Zeit, daß du unter die Haube kommst, junge Dame. Himmel, du bist beinahe fünfundzwanzig. Und die Tatsache, daß du eine reiche Erbin bist, bringt dich eindeutig in Gefahr. Denk nur an das, w gestern passiert ist.«
»Papa, das, was gestern passiert ist, war nicht meine Schuld.
»Und ob es das war«, fuhr Clarington sie an. »Wer weiß, wie viele Kilbournes hier noch herumlungern. Wylde hat vollkommen recht, wenn er sagt, daß deine Spontaneität dich früher oder später in ernsthafte Schwierigkeiten bringen wird. Ich will, da du sicher unter der Führung und dem Schutz eines Ehemannes stehst.«
Verzweiflung wallte in Phoebe auf. »Papa, bitte. Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken. Wylde und ich müssen erst miteinander sprechen.«
Gabriel warf ihr über den Rand seines Brandyglases einen kühlen Blick zu. »Was mich betrifft, so gibt es im Augenblick nichts zu besprechen. Geh hinauf in dein Schlafzimmer. Wir werden dich rufen lassen.«
Phoebe war sprachlos. In ihr Schlafzimmer verbannt zu werden von dem Mann, den sie für einen edlen Ritter gehalten hatte, den sie insgeheim als Seelenverwandten eingestuft hatte, den sie liebte. Das war zuviel.
»Mylord«, flüsterte sie, »Sie sind nicht besser als Kilbourne.«
Schweigen.
»Phoebe«, donnerte ihr Vater. »Du wirst dich auf der Stelle entschuldigen. Wylde hat es nicht auf dein Vermögen abgesehen.«
Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Das wollte ich damit nicht sagen. Aber auf jeden Fall ist er ein ebenso aufgeblasener, tyrannischer Tugendbold wie Kilbourne.« Sie warf Gabriel einen letzten schmerzerfüllten Blick zu. »Ich dachte, Sie wären mein Freund. Ich dachte, Sie würden verstehen, was ich über Liebe und Ehe denke.«
Ehe einer der Männer etwas erwidern konnte, machte sie auf dem Absatz kehrt und floh aus dem Zimmer.
Draußen im Flur stürzte sie an ihrer Mutter und ihrer Schwester vorbei, die ihr mit besorgten Mienen nachblickten. Sie raffte ihre Röcke und rannte die Treppe hinauf. Als sie endlich ihr Schlafzimmer erreicht hatte, warf sie sich auf ihr Bett und begann heftig zu schluchzen.
Fünfzehn Minuten später hatte sich der Sturm in ihrem Innern gelegt und war einer unnatürlichen Ruhe gewichen. Sie trocknete ihre Tränen, wusch sich das Gesicht und setzte sich in ihren Sessel.
Als sie zwanzig Minuten später endlich in die Bibliothek gerufen wurde, war sie ernst und gefaßt. Sie stieg gelassen die Treppe hinunter, wartete höflich, bis der Butler ihr die Tür geöffnet hatte, und trat ein.
Ihr Vater saß immer noch in seinem Sessel. Er schien sich ein zweites Glas Brandy eingeschenkt zu haben. Gabriel stand neben dem Kamin und hatte einen Arm auf den Sims gelegt. Er sah sie aufmerksam an, als sie mit ernster Miene das Zimmer betrat.
»Du hast mich rufen lassen, Papa?« fragte Phoebe mit eisiger Höflichkeit.
Clarington warf ihr einen argwöhnischen Blick zu. »Die Sache ist besiegelt, meine Liebe. Du und Wylde werdet Ende der Saison heiraten.«
Phoebes Magen zog sich zusammen, aber es gelang ihr, sich nichts anmerken zu lassen. »Ich verstehe. Ja, nun, wenn das alles ist, gehe ich jetzt in mein Zimmer zurück. Ich fühle mich nicht besonders gut.«
Gabriels Brauen zogen sich zu einer strengen Linie zusammen. »Phoebe, ist alles in Ordnung?«
»Ich glaube, ich habe leichtes Kopfweh, Mylord.« Sie drehte sich um und ging hinaus.
Kurz vor Anbruch der Dämmerung am nächsten Morgen zog Phoebe ihr bestes Reisekleid an und beförderte zwei große Taschen aus ihrem Schlafzimmerfenster. Dann warf sie ein Seil aus zusammengeknoteten Bettlaken hinterher.
Sie ließ sich an diesem selbstgemachten Tau in den Garte hinab, sammelte ihre Taschen ein und ging um das große Haus herum.
Auf der Straße mischte sie sich unter die Zeitungsverkäufer und Milchträger. Um diese Zeit waren die Straßen voller Bauern, die ihre Waren zum Markt fuhren. Niemand schenkte ihr Beachtung.
Um sieben Uhr hatte Phoebe die Kutsche nach Sussex bestiegen. Sie saß eingezwängt zwischen einer dicken Frau mit einegrauen Turban und einem übermäßig parfümierten Landedel mann, der sofort eine Flasche Gin an seinen Hals setzte, und hatte genug Zeit, um über ihr Schicksal nachzudenken.
Kapitel 11
Gabriel brauchte seine ganze Selbstbeherrschung, um
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