verrueckt nach dir
meinem Geburtstagsgeld ein wenig zu shoppen.
»Wirklich?«, rief sie plötzlich ganz begeistert, »das ist toll, Lexi. Kauf dir was Schönes!«, und fügte hastig hinzu: »Okay, ich muss auflegen, Süße. Bis später dann!«
Daraufhin stand ich ein wenig verdutzt da und überlegte besorgt, ob meine Mutter mich neuerdings kontrollieren wollte. Es war eigentlich nicht ihre Art, aber sie schien im Hinblick auf Sergio nervös zu sein ... oder ... vielleicht eher im Hinblick auf das, was er und ich - hoffentlich bald! - miteinander tun würden ...
Eigentlich durfte ich ihr Verhalten nicht verurteilen, denn schließlich war sie meine Mutter und wollte mich nur beschützen. Dennoch merkte ich - mit zugegeben schlechtem Gewissen - dass ich mich über sie ärgerte. Sie hatte behauptet, dass sie mir vertrauen wolle und loslassen müsse und all das, aber auf einmal schien sie ihre eigenen Vorsätze vergessen zu haben.
Ich ließ mein Handy in meine Handtasche gleiten und lief los. Von weitem schon erkannte ich ein riesiges Einkaufszentrum anhand seiner Glasfassade. Ich steuerte entschlossen darauf zu.
Etwa eine Stunde lang durchstreifte ich die Klamottenläden, bis ich wie gebannt vor einem schwarzen Trägerkleidchen stand, das schlicht und sexy zugleich aussah.
Ich war unschlüssig.
Sollte ich es kaufen? War es nicht zu kurz und zu eng? Ich beschloss, es anzuprobieren, und nachdem ich überrascht feststellen durfte, dass es wie maßgeschneidert für mich war, kaufte ich es einfach. Mein Geld reichte sogar noch für ein paar schwarze Sandalen und etwas Schminkzeug.
Zufrieden kehrte ich nach Hause zurück.
Kaum hatte ich meine neuen Sachen auf dem Bett ausgebreitet, um sie ausgiebig zu begutachten und mich zu vergewissern, dass ich sie immer noch gut fand, klingelte es an der Haustür.
Ich wunderte mich. Meine Mutter konnte das nicht sein, denn die würde nicht klingeln und hatte außerdem ihre Verspätung angekündigt.
Vielleicht war es Sergio, der mich wieder überraschen wollte und gleich vor mir stehen würde? Bei diesem Gedanken stolperte ich aufgeregt zur Freisprechanlage.
»Paketdienst«, plärrte eine metallische Stimme in mein Ohr und ich seufzte daraufhin enttäuscht. Ich ließ den Boten ins Haus und wartete an der Wohnungstür, bis er oben angekommen war.
Er überreichte mir ein mittelgroßes Paket und ließ mich auf seinem komischen elektronischen Gerät mit einem Plastikstift unterschreiben.
Es war das Geburtstagsgeschenk von meinem Vater, dass ich eigentlich nicht haben wollte, aber über das ich mich insgeheim dennoch freute. Wie jedes Mal.
Ich nahm das Paket mit auf den Balkon und stellte es dort auf den kleinen Bistrotisch. Eine Weile beäugte ich es schwermütig, schlich ein wenig drum herum, ohne es zu öffnen und dann riss ich es in aller Ungeduld endlich auf.
Es war ein E-Reader, zusammen mit einer silbernen Glückwunschkarte. Ich nahm die Karte heraus, las auf der Vorderseite in Glitzerschrift: »Alles Gute zum Geburtstag«, und als ich sie aufklappte, begann sie in schrillem Ton die Melodie von »Happy Birthday to you ...« abzuspielen.
Mit einem grünen Kugelschreiber hatte mein Vater die Worte ‚Ich liebe dich, Töchterchen! Wir sehen uns hoffentlich bald!‘ auf eine Seite gekritzelt und seine Unterschrift daruntergesetzt. Ich starrte auf die Zeilen und spürte, wie sie mir die Kehle zuschnürten. Einerseits, weil er wohl dachte, mit einfachen Beteuerungen sei alles getan und andererseits, weil er schon wieder etwas versprach, was er nicht halten würde.
Ich spürte Wut und die unsagbare Enttäuschung, die sein Geschenk bloßgelegt hatte. Wie jedes Mal!
Tränen schossen in meine Augen und ich presste die Lippen fest aufeinander. In all den Jahren war seine angebliche Liebe nur bloße Behauptung geblieben und daran schien sich einfach nichts ändern zu wollen. Dabei vermisste ich ihn so sehr, dass ich es manchmal am liebsten herausschreien wollte. Die meiste Zeit jedoch versuchte ich mit aller Macht, diese Gefühle tief in mir drin zu vergraben und sie bloß nicht an die Oberfläche zu lassen. Allein schon wegen meiner Mutter. Eigentlich hauptsächlich wegen meiner Mutter.
Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken und starrte auf das Geschenk. Schließlich nahm ich es in die Hand, drückte es gegen meine Brust und schloss die Augen. Die Traurigkeit, die ich empfand, war mir vertraut, nicht jedoch die Intensität, mit der sie mich heute in die Mangel nahm! Warum war ich auf einmal
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