verrueckt nach dir
Sonne schien nun grell vom hellblauen Himmel und ließ die Temperaturen Stunde um Stunde höher steigen. Seit Wochen ging das schon so. Dieser Sommer war in jeglicher Hinsicht besonders heiß!
Ich fühlte mich aufgedreht und so unendlich lebendig!
Als wäre mein siebzehnter Geburtstag wirklich ein Wendepunkt gewesen, spürte ich ganz deutlich - aber auch ein klitzekleinwenig wehmütig - dass mit seiner Ankunft der letzte Rest meiner Kindheit endgültig vorbei war, und dass ich nunmehr Dinge wollte, die ich mir bis vor kurzem nicht zugestanden hätte.
Ich wollte ein eigenes Leben, mit Problemen und Schwierigkeiten, die nur mir allein gehörten, und für die nur ich persönlich verantwortlich war. Ich wollte, dass meine Mutter endlich aufhörte, meinem Vater nachzutrauern, und nach vorn blickte. Und ich wollte, dass mein Vater es unterließ, uns immer wieder Hoffnungsbröckchen vor die Füße zu werfen, nur um uns hinterher zu verhöhnen!
Endlich Wurzeln zu schlagen und Freunde zu haben, die ich nicht gleich wieder verlassen musste, war ein tiefliegender Wunsch in mir drin, den ich nicht mehr aufgeben wollte.
Und dann war da noch meine Jungfräulichkeit, die mich auf einmal so sehr störte, als wäre sie eine an mein Fußgelenk gekettete Eisenkugel. Ich hoffte, dass meine Unerfahrenheit, was Sex anbelangte, Sergio nicht von mir wegtreiben würde, und dass er auch mit mir diese Art von Spaß haben konnte.
Was er wohl gerade machte?
Um es im Falle des Falles schnell griffbereit zu haben, legte ich mein Handy auf dem Tisch ab.
Das Frühstück schmeckte äußerst lecker und tat mir richtig gut. Ich kaute gerade auf einem mit Butter und Honig bestrichenen Stück Simit, als die Eingangstür aufgeschwungen wurde und unsere Nachbarin Seyda in Begleitung einer mir unbekannten Frau hereintrat. Sie sahen mich nicht und setzten sich an einen freien Dreier-Tisch im hinteren Bereich. Ich überlegte, ob ich zu ihnen hingehen und sie begrüßen sollte, ließ die Idee aber fallen. Ich wollte lieber nicht stören.
Wenige Minuten später hielt ich mein Verhalten allerdings für unnötig reserviert und entschied mich, Seyda und ihre Freundin, die im Gegensatz zu ihr ohne Kopftuch und sehr aufgedonnert gekleidet war, doch noch zu begrüßen.
»Sieh an, Alexa, du bist auch hier? Was für ein schöner Zufall! Hallo!« Seyda sprang erfreut von ihrem Platz auf, drückte mich herzlich und stellte mir anschließend ihre Begleitung vor.
»Meine Schwester Leyla«, sagte sie.
Ich war ziemlich überrascht, dass diese so freizügig gekleidete Frau ihre Schwester sein sollte. »Hallo! Freut mich«, sagte ich und gab Leyla die Hand.
»Mich auch«, sagte sie freundlich. »Möchtest du dich zu uns setzen?«
Ich schüttelte dankend den Kopf. »Ich wollte gerade gehen, will noch ein wenig shoppen«, sagte ich wahrheitsgemäß ... na ja, fast, denn mich dazusetzen wollte ich dann doch wieder nicht. Zu sehr war ich mit mir und meinen tausend Gedanken beschäftigt und somit nicht gerade in der idealen Stimmung, einen oberflächlichen Smalltalk zu führen. Aber zum Glück nahmen sie es mir kein Stück übel.
»Na, dann, viel Erfolg beim Shoppen und grüße deine Mutter«, sagte Seyda lächelnd.
Ich bedankte mich ein weiteres Mal und ging zurück zu meinem Tisch.
Da ich schon satt war, ließ ich mein Ei stehen, trank den Tee aus und aß die letzte Olive auf, bevor ich der Bedienung ein Zeichen gab, dass ich bezahlen wollte.
Wenige Minuten später stand ich draußen auf der Straße und überlegte, welche Richtung ich zuerst nehmen sollte, als sich mein Handy meldete. Mein Herz klopfte laut, weil ich sofort an Sergio dachte. Es war aber nur meine Mutter. Leider.
Sie teilte mir mit, dass sie viel später als erwartet heimkommen werde, da aufgrund eines Verkehrsunfalls unerwartet viel Arbeit reingekommen sei und noch dazu zwei Kolleginnen fehlen würden. Sie fragte mich, wie es mir ginge, und ob Sergio gerade bei mir war. Sie klang angespannt, als sie mir diese Frage stellte. Ich zögerte kurz, weil ich nicht so recht wusste, was ich antworten sollte. Dann erzählte ich, dass er zwar gekommen, aber ziemlich bald wieder gegangen sei.
Meine Mutter meinte nur: »Oh, ach so.«
Mehr nicht!
Im Anschluss fiel ihr der Verkehrslärm im Hintergrund auf, und sie fragte, wo ich mich denn gerade befände. Ich berichtete von meinem leckeren Frühstück im türkischen Café, von der Begegnung mit Seyda im selbigen, und dass ich außerdem vorhätte, mit
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