verrueckt nach dir
Eigentlich ist mir ständig danach«, lachte ich. Es war ja auch die Wahrheit.
Er schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Wir gehen besser weiter, bevor ich mir Gedanken über einen Umweg machen muss ...«
Vor meinem Haus angelangt schloss mich Sergio in die Arme und drückte mich fest gegen seine Brust. Wir verharrten für einige Sekunden in dieser innigen Position, die ich so liebte. Ich hatte das Gefühl, als würde er mich nicht loslassen wollen. Doch dann gab er mir einen Kuss auf die Stirn, die geschlossenen Augenlider und schließlich auf meine Lippen und sagte: »Bis morgen, Lexi, grüß deine Mutter von mir und träum schön.«
»Ich werd bestimmt nur von dir träumen«, flüsterte ich verliebt.
Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. »Das hoffe ich doch ...«
Mit diesen Worten und einem schiefen Lächeln verabschiedete er sich von mir.
Es war schon fast dunkel. Also sah ich zu, dass ich schnell ins Haus kam.
Meine Mutter war von ihrer Arbeit noch nicht zurück.
Ich machte mich bettfertig und holte mein Tagebuch hervor. Auf meinem Bett liegend und mit Kopfhörern auf den Ohren schrieb ich die Ereignisse des Tages auf. Als ich damit fertig war, konnte ich den Stift nicht aus der Hand legen.
Nach wenigen Minuten zierte ein einziger Satz mindestens hundertmal eine ganze Seite:
ICH LIEBE DICH!!! ICH LIEBE DICH!!! ICH LIEBE DICH!!! ...
Wenigstens konnte ich es schreiben, so oft ich wollte.
MILAN
Herr Friese hielt mir die korrigierte Deutscharbeit hin und sagte kein Wort. Auf der Suche nach der Gesamtnote ging ich hastig die einzelnen Blätter durch. Die vielen rot markierten Anmerkungen am Rand meines Textes trieben meinen Puls unangenehm in die Höhe. Stirnrunzelnd und nervös spähte ich zu Adriana. Ihr banger Gesichtsausdruck drückte exakt meinen momentanen Zustand aus.
Und endlich fand ich meine Zensur: eine Drei plus!
Nur?
Nach so viel Paukerei?
Die Enttäuschung ergoss sich über mich wie schwerer Schlamm. Offensichtlich hatte ich mich am Tag der Prüfung, der gleichzeitig auch mein Geburtstag gewesen war, doch nicht so gut konzentrieren können, wie ich gedacht hatte.
Adriana schaute ganz mitleidsvoll, aber auch ängstlich, denn jetzt kam Herr Friese auf sie zu und legte ihre Arbeit kommentarlos auf unseren Tisch.
Sie rührte sich nicht und sah mich hilflos an.
»Soll ich nachschauen?«, fragte ich sie unsicher.
Nach kurzem Zögern nickte sie.
Wenigstens konnte meine beste Freundin aufatmen, sie hatte nämlich eine glatte Zwei. »Toll, Janna. Zwei ist super«, sagte ich lächelnd und stupste sie freudig an, denn offenbar wollte sie sich aus Rücksicht auf mich nicht so richtig freuen.
»Drei Plus ist doch auch nicht so schlecht, Lexi, oder? Bist du jetzt gefrustet?«
»Nur ein bisschen«, gab ich zurück, um sie zu beruhigen.
Schneller als erwartet fing ich mich wieder. Es war ja kein Weltuntergang. Hauptsache die Noten rutschten nicht in den Viererbereich ab.
Ich nahm mir vor, in nächster Zeit mehr für die Schule zu tun.
Doch das war leichter gesagt, als getan ...
Mission »Joshua Meyer« verzeichne kleinere Fortschritte, erfuhr ich von Adriana. In den Stunden, in denen im Club debattiert wurde, bekam sie so einige interessante Fakten über ihren Schwarm mit, die sie anschließend mit mir detailliert besprechen musste. »Es liegt in der Natur der Sache, dass man durch seine Argumentationsweise viel über sich selbst verrät, Lexi!«
Wir standen Freitag nach Schulschluss vor dem Schulgebäude und warteten auf Sergio.
Es sprudelte nur so aus ihr heraus. »Er lebt bei seinen Großeltern, weil seine Eltern aus beruflichen Gründen in der Weltgeschichte herumreisen und er ansonsten ins Internat gesteckt werden würde. Er ist in der Gruppe ‚pro vegetarische Ernährung‘ und meinte, seine Großeltern seien noch nie krank gewesen und für ihr Alter megafit, was eben an ihrer fleischlosen Ernährung liege. Er selber glaube, dass nicht Fleisch an sich, aber zu viel davon das große Übel sei. Die Massentierhaltung halt ... Und deshalb sei es gerade in unserer Zeit sinnvoll, Vegetarier zu sein, sagt er.«
»Und du bist in der anderen Gruppe?«
»Ja, klar. Ich weiß nichts über vegetarische Ernährung, und ich kann dir sagen, ohne Cevapcici kann ich mir das Leben nicht so recht vorstellen, äh ... was ich natürlich nicht gesagt habe.«
Ich blickte ein wenig ungeduldig zum Schuleingang. Immer noch strömten jede Menge Schüler heraus.
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