Verrückt nach einer Vampirin
geworfen hat«, sagte Gideon, »warum läuft sie dann vor mir weg?« Er leerte die Tasse, stellte sie weg und verschränkte die Arme vor der Brust, als hätte er alle Zeit der Welt. »Da muss mehr dahinterstecken als ein paar Ex-Freunde, die nicht wissen, wann Schluss ist, und ein Vater, der sich umgebracht hat, weil er davon überzeugt war, dass seine Frau an jedem Finger einen Liebhaber hatte.«
Leopard spreizte die Hände. »Der Typ war vollkommen durchgeknallt.«
»Ophelia kann doch nicht ernsthaft denken, dass alle Männer gleich sind. Ihre Mutter hat auch noch mal geheiratet.«
»Einen religiösen Fanatiker«, rief Leopard ihm in Erinnerung. »Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Plus- oder ein Minuspunkt ist.«
»Ich bin kein Schläger«, sagte Gideon und fing an, es an den Fingern abzuzählen. »Und auch kein Moralapostel. Ich bin nicht verrückt und auch nicht fanatisch. Was darf ich sonst noch
nicht
sein? Ein Dreckskerl? Ein Lügner? Kein Problem. Aber in der kurzen Zeit, die ich Ophelia jetzt kenne, wurde sie schon als schwierig, als Zicke, als Lesbe, als Kinderschänderin und als richtig heiße Nummer bezeichnet.« Gideon tat einen tiefen Atemzug. »Und trotzdem scheinen alle dieses Mädchen zu lieben, meine Schwester, sogar meine alte Grundschullehrerin und der Typ, der im
Chamber
das
Spielzeug
verkauft.«
»Kinderschänderin?« Constantines Ton war eisig. »Wer sagt das?«
»Ein Idiot, der dumm genug war, es zu glauben«, antwortete Gideon. »Es spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, wer ihm das eingeredet hat.«
Leopard erhob sich. »Ihr müsst alleine weitermachen«, sagte er. »Ich muss mich draußen um ein paar Dinge kümmern.« Damit verschwand er im Lärm und dem Licht des Clubs.
»Du kannst von mir aus mit ihm machen, was du willst«, meinte Gideon zu Constantine, »aber lass mich das Schwein erst einmal finden.«
»Ich kann dir nur raten, dich anzustrengen«, antwortete Constantine. Als das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte, hob er ab. »Hallo, Violet«, sagte er und fing wenige Sekunden später an zu lachen. »Das klingt ziemlich ernst«, gluckste er. »Willy Wyler, sagst du?« Ein anstößiges Grinsen legte sich um seine Mundwinkel. »Dann ist es wohl das Beste, wenn ich bei dir vorbeikomme und dich rette.« Er konnte sich kaum noch halten vor lauter Lachen. »Mach’s gut, Ophelia«, sagte er und legte auf. »Du hast recht«, richtete er das Wort an Gideon. »Willy hat weder den Mumm noch den Grips, sich so etwas auszudenken. Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
»Weil das eine verdammte Erpressung ist. Ich wollte nicht, dass die Sache in einen Mord ausartet.«
Constantine grinste. »Aber irgendwie muss ich meinen Durst nach Blut stillen, Kumpel. Entweder mach ich den Typen platt, der so einen Schwachsinn über Ophelia verbreitet, oder ich warte so lange, bis du Ophelia weh tust, um mich dann an dir abzureagieren.«
»Warum sollte ich ihr weh tun wollen?«
Constantine zuckte mit den Achseln. »Weil Menschen nun mal so sind. Vor allem die Männer, die sich in sie verknallen. Hoffentlich kommt es erst gar nicht so weit, dass ich dich umlegen lassen muss.«
Gideon lachte und rief: »Du bist echt ein Trottel, Dufray.«
»Los, sehen wir zu, dass wir aus dieser Kaschemme rauskommen.«
[home]
8
G ideon und Constantine verließen Tonys griechisch-italienisches Restaurant durch die Hintertür. Sie hatten in einem privaten Innenhof gegessen, wo Gretchen mit so vielen Resten gefüttert worden war, dass sie fast platzte. Der Besitzer des Restaurants, ein Freund von Constantine, hatte ihnen keine Gesellschaft leisten können.
»Du wirst ihn ein andermal kennenlernen«, sagte der Rocker, dem man seine indianischen Wurzeln deutlich ansah. Nachdem er sich sein langes schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, zog er eine Baseballkappe auf. Gemeinsam durchquerten sie eine menschenleere Gasse und den Garten eines unbewohnten Hauses, bis sie auf die Parallelstraße kamen, in der Gideon seinen Mercedes geparkt hatte.
»Ophelia wird aus der Haut fahren, wenn du Plato Lavoie dumm anmachst«, sagte Constantine, als sie durch die klare Frühlingsnacht zum
Blood and Velvet
fuhren. »Sie weiß von dem Hochsitz in seinem Baum.«
»Ich werde ihm schon nicht zu nahe treten«, antwortete Gideon. »Ich will ihm nur ein paar Fragen stellen. Wenn er nicht hinter der Sache mit der toten Katze steckt, dann hat er vielleicht gesehen, wer es getan hat.«
»Das ist sehr unwahrscheinlich.«
Weitere Kostenlose Bücher