Verrückt nach einer Vampirin
Ophelias Pick-up und wartete.
Dieses Mal wehrte sich Willy nicht gegen Donnie, der ihn zu seinem Haus führen wollte. Lisa schob sich vorsichtig nach vorne und packte Joanna am Arm. »Schätzchen, komm, wir gehen nach Hause«, zischte sie und zerrte ihre Tochter weg. »Sobald du in Sicherheit bist, rufen wir die Polizei, damit du ihnen sagen kannst, was diese böse Frau dir alles angetan hat.«
»Sie hat gar nichts gemacht!«, brüllte Joanna. »Ich werde Ophelia nicht mehr die Schuld an etwas geben, das sie nicht getan hat! Ihr könnt mich ja vor die Tür setzen, wenn euch das nicht passt!«
»Die Polizei ist bereits hier«, verkündete Jabez. »Ein guter Freund von mir, um genau zu sein. Er wird sich bestimmt freuen, die Dinge zu klären.« Damit winkte er dem Wagen zu, der gerade aus der gegenüberliegenden Einfahrt herausfuhr.
Mit einem funkelnden Blick zog Lisa Joanna fort. Donnie bugsierte Willy wieder zurück zu seinem Haus.
Ophelia beobachtete, wie Gideon den Wagen in ihre Auffahrt lenkte. »Was hat dieser verdammte Bulle eigentlich bei Plato zu suchen?«, fragte sie.
Jabez zuckte mit den Schultern. »Am besten fragst du ihn das selbst.«
»Vergiss es«, antwortete Ophelia. »Sag du ihm, dass er hier nicht erwünscht ist.«
Jabez, der am Fuße der Auffahrt stand, grinste. »Sie ist stocksauer auf dich, Mann.«
»Aber nicht annähernd so sauer wie ich auf sie«, antwortete Gideon. »Soll das heißen, dass ich nicht mehr gebraucht werde?«, fragte er und deutete auf die kleine Kolonne, die beinahe den protzigen Neubau erreicht hatte.
»Ich kümmere mich um alles.« In Jabez’ Stimme schwang ein streitlustiger Unterton mit. »Ich würde Ophelias bescheuerten Nachbarn nur zu gerne eine Lektion erteilen, aber so wie ich sie kenne, würde sie das niemals zulassen. Das Mädchen war kurz davor, ihr zu sagen, wer die Fotos gemacht hat, doch dann sind die Eltern aufgekreuzt.«
Nachdem Gideon mit quietschenden Reifen aus Ophelias Auffahrt gefahren war, raste er zurück in die Stadt, so als könnte er dadurch die Erinnerung daran abschütteln, wie abweisend sie auf ihrer hellerleuchteten Auffahrt gestanden hatte. Der Bericht der Spurensicherung und das Verhör des Mannes, den er im Laden aufgegriffen hatte, der aber ein wasserdichtes Alibi vorweisen konnte, halfen ihm, die Nacht zu überstehen, ohne einen weiteren Gedanken an Ophelia zu verschwenden. Als er kurz vor Sonnenaufgang viel zu schnell an ihrem Trailer vorbeifuhr, um zu Hause zu duschen und sich noch eine Stunde aufs Ohr zu hauen, gestattete er sich einen flüchtigen Blick auf das in Stille und Dunkelheit daliegende Haus – doch es war der routinierte Blick eines Polizisten im Dienst, nicht der eines ehemaligen Beinaheliebhabers.
Was für ein Trottel er doch gewesen war. Und dennoch hatte sie es verdient. Ihre fadenscheinige Entschuldigung wegen der Fotos von Art und Andrea brachte ihn noch immer zum Kochen. So dumm war Ophelia nicht. Sie würde es wohl kaum riskieren, verhaftet zu werden, oder gar ihr Leben aufs Spiel setzen, wenn sie zu 99 Prozent davon ausgehen konnte, dass der Erpresser tot war. Aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund hatte er erwartet, dass sie ihm die Wahrheit sagen würde. Er war ein Idiot, zu glauben, er wüsste auch nur das Geringste über Ophelia Beliveau. Geschweige denn über seine Schwester oder sonst wen.
Als er die langgezogene und überwucherte Auffahrt zu seinem Haus entlangfuhr und sein Blick auf den alten Toyota fiel, der hier eigentlich nichts zu suchen hatte, fluchte er. Im Wohnzimmer stieß er auf seine kleine Schwester, die in T-Shirt und Slip zwischen Belle und der schnarchenden Daisy auf seinem Futonsofa zusammengerollt lag und schlief.
Scheiße,
dachte er,
dafür habe ich jetzt echt keine Zeit.
Er schlüpfte aus den Schuhen und wollte gerade auf Zehenspitzen zur Treppe schleichen, als Artemisia, die schon immer einen leichten Schlaf hatte, aufwachte.
»Gideon, wir müssen reden.«
Statt auf die erste Stufe stellte Gideon seinen rechten Fuß wieder auf dem Boden ab.
Geduld. Du bist ein geduldiger Mensch, schon vergessen? Zumindest warst du das einmal.
Mit diesem Gedanken wandte er sich seiner Schwester zu. »Art, Baby, ich arbeite an einem Mordfall und habe jetzt keine Zeit für Plaudereien. Kann das nicht warten?«
Arts dunkle, weit aufgerissene Augen funkelten trotz des gedämmten Lichts zu ihm herüber. Sie schwang die Beine über Daisy und setzte sich auf. »Von wegen Plauderei, Gideon.
Weitere Kostenlose Bücher