Verrueckt nach Liebe
er mich gesehen hat, ist er abgehauen.« Er trank einen Schluck Kaffee. »Ich hab ihn etwa achthundert Meter verfolgt, bevor ich ihn erwischte, als er hinter Ricks Fischköder & Angelausrüstung in einen Müllcontainer klettern wollte.«
Lily rümpfte die Nase. »Musstest du hinterher?«
»Ich hab ihn am Gürtel gepackt, als er reinhechten wollte, und ihn wieder rausgezogen. Der Müllcontainer hat ganz schön gestunken. Als hätte Rick gerade verdorbene Fischköder darin entsorgt. Wenn ich hinter ihm her in Fischeier und tote Grillen hätte springen müssen, wäre ich angeschissen gewesen.«
Sie konnte sich nicht vorstellen, in Arbeitsstiefeln und Ausrüstung zu rennen. Sie war zwar gut in Form, wäre aber schon nach dreißig Metern umgefallen. »War er hier aus der Gegend?«
»Aus Odessa.« Tucker betrachtete die Schrammen auf seinem Handrücken. »Für ein so schmächtiges Kerlchen war er echt rauflustig.«
Lily trat zu ihm und nahm seine Hand in ihre. »Wie ist das passiert?«
»Er war nicht so angetan davon, dass ich ihm Handschellen anlegen wollte, und meine Hand ist über den Asphalt geschrammt, als ich versuchte, seinen Arm unter seinem Körper rauszuziehen.«
Sie hob seine Hand an den Mund und küsste sie sanft. »Besser?«
»Ja.« Er sah ihr wieder in die Augen und nickte. »Er hat auch versucht, mir in die Eier zu treten.«
»Deine haarigen Eier küsse ich nicht, Tucker.«
Er lachte, als hielte er sich für saukomisch. »Einen Versuch war es wert.«
Sie ließ seine Hand wieder los und dachte kurz nach. »Na ja, vielleicht wenn du sie mit Wachs enthaaren lässt.«
Er zog Luft durch die Zähne ein. »Machen Männer das?«
»Manche ja.« Er sah so entsetzt aus, dass jetzt sie lachte. »Sie lassen sich am ganzen Körper mit Wachs enthaaren. Das nennt sich Bodygrooming.«
Er stellte seinen Becher auf die Theke. »Im Umkreis meiner Eier trägt niemand heißes Wachs auf.« Er streichelte über ihre Arme und zog sie an sich.
»Sei nicht so eine Memme.« Sie stellte ihren Becher neben seinen auf die Theke. »Ich lasse mich auch mit Wachs behandeln.«
»Ist mir schon aufgefallen.« Er grinste. »Das gefällt mir. Das macht es so sauber und hygienisch, wenn ich dich lecke. Und ich kann sehen, was ich tue.«
Ihre Augen wurden groß, und sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. »Du hast dir meine … Genitalien angesehen?«
»Na klar. Schließlich war ich mit dem Gesicht da unten. Ich weiß nicht, warum dir das peinlich ist. Du hast echt hübsche …« Er hielt inne, als suchte er vergeblich nach dem richtigen Wort. »Mir gefällt der Begriff Genitalien nicht. Ich hab Genitalien. Du bist ganz hoch und eng und hübsch da unten. Wie ein saftiger Pfirsich.« Er zog die Augenbrauen zusammen. »Oder gehört das zu den Dingen, die ich nicht sagen sollte?«
Sie hatte keine Ahnung. Vermutlich war es ein Kompliment, aber es war schon ein Weilchen her, seit sie ein Verhältnis mit einem Mann gehabt hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, ob sie schon am Anfang so ungeniert und zwanglos miteinander gesprochen hatten, oder ob sie sich das, was sie wirklich dachten, für die ungezwungene Phase später aufgehoben hatten. Oder lag es nur an Tucker? »Sprichst du mit Frauen immer so?« Oder vielleicht waren Typen in Tuckers Alter einfach direkter.
Er fixierte die Zimmerdecke und dachte kurz nach. »Nein.« Er sah ihr wieder in die Augen. »Ich hatte schon immer ein lautes Mundwerk. Als ich in der Army war, war es noch viel schlimmer. Ich musste hart daran arbeiten, das Wort mit dem Sch davor aus jedem Satz rauszukriegen. Ich konnte nicht mal um den Ketchup bitten, ohne es mindestens zweimal einzubauen. Beim Militär ist Fluchen nicht nur eine Lebenshaltung, es ist eine Kunstform.« Er ließ die Hände über ihre Schultern zu ihrem Nacken gleiten, und seine Daumen streichelten über ihr Kinn und ihren Kiefer. »Monatelang mit einem Haufen Kerle in einem Bunker auf einem afghanischen Außenposten eingesperrt zu sein macht jeden zum Tier. Man ist jeden Tag unter Beschuss, lebt im Dreck, und das Essen ist beschissen. Da ist einfallsreiches Fluchen einfach etwas, womit man sich die Zeit vertreiben und die anderen beeindrucken kann.«
»Aber es muss dir doch gefallen haben. Du hast es immerhin zehn Jahre lang gemacht.«
»Ich hab’s bis zu der Sekunde geliebt, als ich beschloss, es nicht mehr zu lieben.«
»Und was hat dich zu der Entscheidung bewogen, es nicht mehr zu lieben?« Sie legte die Hände auf
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